Erwerb von landwirtschaftlichen Grundstücken in Polen und die Bebauungsmöglichkeiten

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In meiner anwaltlichen Praxis biete ich meinen deutschsprachigen Mandanten häufig Rechtsberatung und rechtliche Unterstützung beim Erwerb landwirtschaftlicher Grundstücke in Polen an. Solche Immobilien sind in der Regel viel billiger als Baugrundstücke und dazu noch liegen sie oft an einem attraktiven Standort. Viele Kaufinteressenten erwägen den Kauf eines Grundstücks mit einem Wohngebäude für Erholungszwecke, das sich an einem ruhigen und friedlichen Ort befindet.

Es gibt auch Personen, die eine Immobilie zu Investitionszwecken kaufen wollen., z. B. für den Bau einer Ferienanlage. Es kommt häufig vor, dass solche Grundstücke als Agrarflächen bezeichnet werden. Daher stellt sich die Frage nach der Möglichkeit, ein solches Grundstück zu erwerben und dann auch nach der Möglichkeit dessen späterer Bebauung oder Durchführung der geplanten Investition.

Nach Ablauf einer Übergangsfrist bis zum Mai 2016 darf jetzt jeder EU-Bürger und damit auch jeder Deutsche problemlos ein Grundstück, ein Wohn- oder Ferienhaus, eine Zweitwohnung oder eine andere Wohnimmobilie in Polen erwerben. Besondere Vorschriften gibt es nur für den Erwerb landwirtschaftlicher Flächen und diese betreffen sowohl EU-Bürger als auch polnische Staatsangehörige. Diese rechtlichen Beschränkungen ergeben sich vor allem aus dem polnischen Gesetz über die Gestaltung des landwirtschaftlichen Systems.

Vor einem Kaufvertrag muss an der ersten Stelle festgestellt werden, wann man mit einem landwirtschaftlichen Grundstück im Sinne des o. g. Gesetzes zu tun hat. Nach polnischem Recht sind landwirtschaftliche Grundstücke (landwirtschaftliche Flächen) diejenigen, die für landwirtschaftliche Produktionsaktivitäten im Bereich der Pflanzen- und Tierproduktion genutzt werden oder genutzt werden können, wobei Gartenbau, Obst- und Fischproduktion nicht ausgeschlossen sind. 

In der Praxis ist die Bezeichnung im amtlichen Grundstücksregister entscheidend dafür, ob ein bestimmtes Grundstück als landwirtschaftlich genutzte Fläche im Sinne des Gesetzes gilt. Es ist auch wichtig zu ermitteln, ob die zuständige Gemeinde einen Raumordnungsplan für das Gebiet, in dem sich die landwirtschaftlichen Flächen befinden, aufgestellt hat. Nach dem Gesetz über die Gestaltung des landwirtschaftlichen Systems gilt ein Grundstück, das zwar als landwirtschaftlich gekennzeichnet ist, aber im örtlichen Raumordnungsplan für nichtlandwirtschaftliche Zwecke, z. B. für Bauzwecke, bestimmt wurde, nicht als landwirtschaftliche Fläche und unterliegt somit, unabhängig von der Größe der Fläche, den gesetzlichen Einschränkungen nicht. Leider gibt es in Polen für Gebiete, die besonders außerhalb der Stadt liegen, oft keine Raumordnungspläne.

Am Anfang muss betont werden, dass landwirtschaftliche Grundstücke mit einer Fläche von weniger als 0,3 ha ohne Einschränkungen von jedem EU-Bürger erworben werden dürfen. Dasselbe gilt für den Kauf eines größeren landwirtschaftlichen Grundstücks, wenn dieses mit einem vor dem 30. April 2016 errichteten Wohngebäude bebaut wird. In dem Fall kann die Fläche des gekauften Grundstücks größer sein und bis zu 0,5 ha betragen.

In anderen Fällen gelten für den Erwerb von landwirtschaftlichen Grundstücken die Bestimmungen des Gesetzes über die Gestaltung des landwirtschaftlichen Systems, die bestimmte Bedingungen und Einschränkungen für den Erwerb solcher Grundstücke vorsehen. Nach den neusten gesetzlichen Änderungen ist es zurzeit viel einfacher, landwirtschaftliche Grundstücke mit einer Fläche von nicht mehr als 1 ha zu erwerben. Zuvor war der Erwerb solcher Immobilien – mit einigen Ausnahmen – nur durch einen Landwirt im Sinne des betreffenden Gesetzes möglich. 

Gegenwärtig muss diese Bedingung nicht erfüllt werden, und eine Person, die kein Landwirt ist, kann ein landwirtschaftliches Flurstück bis zu 0,99 ha kaufen. In einem solchen Fall steht jedoch dem polnischen Nationalen Zentrum zur Unterstützung der Landwirtschaft (poln. KOWR – die Behörde, die den Verkauf von landwirtschaftlichen Flächen in Polen überwacht) das Vorkaufsrecht für solche Grundstücke zu. Deshalb schließen Verkäufer und Käufer zunächst vor einem Notar einen sogenannten bedingten Kaufvertrag ab. 

Danach wird der Vertrag an die zuständige örtliche Zweigstelle von KOWR geschickt. Wenn sich KOWR innerhalb von 30 Tagen nicht erklärt, dass es von ihrem Vorkaufsrecht auf den Kauf der Immobilie Gebrauch macht, können die Parteien nach dem Ablauf der gesetzlichen Frist einen endgültigen Kaufvertrag abschließen (auch in Form einer notariellen Beurkundung). Dabei muss man betonen, dass man dieses im Fall des Erwerbs eines landwirtschaftlichen Grundstücks 5 Jahre lang nicht verkaufen. Diese Einschränkung gilt jedoch nicht für landwirtschaftliche Immobilien mit einer Fläche von weniger als 1 ha, die sich innerhalb der Verwaltungsgrenzen von Städten befinden.

Wie sieht dann die Möglichkeit aus, ein gekauftes landwirtschaftliches Grundstück zu bebauen? In Bezug auf landwirtschaftliche Grundstücke gibt es viel größere Einschränkungen hinsichtlich der Bebauungsmöglichkeiten als in Bezug auf Baugrundstücke. Manchmal ist die Bebauung eines landwirtschaftlichen Grundstücks durch Personen, die keine Landwirte sind, völlig ausgeschlossen.

Um die Frage zu beantworten, ob es möglich ist, ein landwirtschaftliches Grundstück zu bebauen und was darauf gebaut werden darf, sollte in jedem Fall zunächst festgestellt werden, ob die Gemeinde einen lokalen Raumordnungsplan aufgestellt hat, und wenn ja – sich damit vertraut machen. Der Raumordnungsplan legt die Art der baulichen Nutzung und die Bauweise sowie Baubestimmungen genau fest. Wenn der Raumordnungsplan eine Bebauung des landwirtschaftlichen Grundstücks zulässt, legt er auch fest, welche kontere Gebäude auf dem Grundstück errichtet werden dürfen.

Wie sieht aber die Situation aus, wenn der Raumordnungsplan nicht aufgestellt wurde?

In diesem Fall ist die Grundlage für die Möglichkeit des Baus eines Gebäudes (bzw. mehreren Gebäuden) auf dem landwirtschaftlichen Grundstück und der Landnutzungsänderung der von der Gemeinde erlassene Beschluss über die Bebauungsbedingungen (das entspricht deutscher Bauvoranfrage). Dies ist ein Verwaltungsakt, der die Bedingungen für die Änderung der Landnutzung durch den Bau eines Bauobjekts oder die Durchführung anderer Bauarbeiten festlegt. 

Wichtig ist, dass Sie nicht der Eigentümer des Grundstücks sein müssen, um bei der Gemeinde einen entsprechenden Antrag zu stellen und den Beschluss über die Bebauungsbedingungen zu erhalten. Daher empfehle ich meinen Mandanten oft, vor dem Kauf des Grundstücks die Baubedingungen von der Gemeinde einzuholen. In einem solchen Fall ist der Käufer zum Zeitpunkt des Kaufs sicher, dass es möglich ist, das betreffende Grundstück in der beabsichtigten Weise zu bebauen. Es ist jedoch zu betonen, dass die Erteilung von Baubedingungen nicht automatisch erfolgt. 

Die positive Entscheidung hängt davon ab, ob eine vorherige Genehmigung zur Änderung der Landnutzung für nicht landwirtschaftliche Zwecke und zum Ausschluss des Grundstücks aus der landwirtschaftlichen Produktion eingeholt wird. In dieser Hinsicht sind Bodenklassen dafür entscheidend, um zu bestimmen, ob die Genehmigung zur Änderung der Landnutzung erforderlich ist, sowie um die Kosten für den Ausschluss von Agrarflächen aus der landwirtschaftlichen Produktion zu bestimmen.

Die Bezeichnung der Bodenklassen von landwirtschaftlichen Flächen ist im amtlichen Grundstücksregister eingetragen. Beispielsweise ist die Genehmigung vom Minister für Landwirtschaft für die Änderung der Landnutzung der höchsten Bodenklassen von I bis III. Die landwirtschaftlichen Bodenklassen IV-VI erfordern dagegen keine Genehmigung zur Änderung der Landnutzung. Bei solchen Flächen, die organischer Bodenart sind, ist jedoch die Genehmigung von Starosta erforderlich, um diese aus der landwirtschaftlichen Produktion zu nehmen. 

Die Herausnahme eines bestimmten Grundstücks aus der landwirtschaftlichen Produktion ist grundsätzlich gebührenpflichtig. Die Höhe einer einmaligen Gebühr sowie jährlichen Gebühren dafür hängen auch von der Bodenklasse ab. Im Allgemeinen gilt: Je höher die Bodenklasse ist, desto höher sind die amtlichen Gebühren dafür, das konkrete Grundstück aus der landwirtschaftlichen Produktion zu nehmen. Die Möglichkeit, mit der Bebauung eines landwirtschaftlichen Grundstücks zu beginnen, besteht erst dann, wenn alle nötigen Genehmigungen über die Bebauungsbedingungen, Änderung der Landnutzung und Herausnahme aus der landwirtschaftlichen Produktion vorliegen.

Warum sind die oben genannten Informationen von großer Bedeutung? Ich treffe oft Mandanten, die glauben, dass sie auf einem landwirtschaftlichen Grundstück leicht ein Haus bauen oder ein größeres Bauprojekt durchführen können. Sie erhalten oft Zusicherungen von Verkäufern oder anderen Personen, die behaupten, dass auf einem bestimmten Grundstück alles gebaut werden darf. 

In Wirklichkeit ist die Frage der Bebauung eines landwirtschaftlichen Grundstücks jedoch nicht so offensichtlich. Wenn Sie ein Grundstück kaufen und es bebauen oder ein konkretes Bauvorhaben durchführen wollen, lohnt es sich, vor dem Kauf eines Grundstücks dessen Rechtslage genau zu prüfen und in der Gemeinde und anderen zuständigen Ämtern Bebauungsmöglichkeit zu ermitteln. Darüber hinaus ist es auch wichtig festzustellen, welche Maßnahmen erforderlich sind, um entsprechende Genehmigungen und Beschlüsse für die Bebauung des Grundstücks zu erhalten.

Wenn Sie weitere Fragen zu diesem Thema haben, steht unsere Rechtsanwaltskanzlei Ihnen gerne zur Verfügung.



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