Europa, Deutschland und die gleichgeschlechtliche Ehe (Homoehe) – ist Irland das neue Dänemark? Heiratstourismus für Schwule und Lesben

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Anmerkung und rechtliche Auswirkungen zum irischen Votum der gleichgeschlechtlichen Ehe

Für Erstaunen hat das klare Votum von Irland Mitte Mai 2015 gesorgt, die gleichgeschlechtliche Ehe (Homoehe) mit Verfassungsrang zuzulassen.

Auswirkungen auf Deutschland

Es stellt sich die Frage, welche Auswirkungen die Zulässigkeit einer solchen gleichgeschlechtlichen Ehe für die deutsche Gesetzgebung im Familienrecht hat.
Nicht Gegenstand der Kurzuntersuchung ist die 2014 erlaubte Sukzessivadoption oder das 2013 eingeführte Ehegattensplitting für Lebens-partnerschaften.

Ehe und Verfassungsrang

Die Ehe hat in der Bundesrepublik Deutschland Verfassungsrang und ist über Artikel 6 Grundgesetz [1] geschützt. Artikel 6 Grundgesetz bestimmt, dass Ehe und Familie unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung stehen.

Das Grundgesetz nimmt allerdings keine Begriffsbestimmung der Ehe vor. Nach dem allgemeinen Rechtsverständnis und nach Definition des Bundesverfassungsgerichts ist eine Ehe im Sinne des Grundgesetzes nur die Lebensgemeinschaft zwischen einer Frau und einem Mann (BVerfG, NJW 1993, 3058).

Von diesem allgemeinen und nur in Deutschland, Italien und einigen osteuropäischen Mitgliedstaaten der EU angenommenen Monopolbegriff der Ehe muss man sich wohl vor dem Hintergrund des Referendums von Irland verabschieden.

Ausgangslage

Anerkannt war insoweit allerdings schon vor dem Referendum von Irland, dass, soweit eine Rechtsordnung das sachrechtliche Institut der Ehe auch für gleichgeschlechtliche Partner eröffnet habe, wie bspw. Niederlande und Belgien und so jetzt auch Irland, diese Ehe auch im Rahmen der Qualifikation gemäß Artikel 13 EGBGB zu akzeptieren ist.

Artikel 13 EGBGB normiert die Voraussetzungen der Eheschließung für den deutschen Rechtsanwendungsbereich.

Auswirkungen auf den Ehenamen und das Eheregister beim Standesamt

Insoweit fragt sich, welche speziellen Auswirkungen eine Eheschließung in Irland unter gleichgeschlechtlichen Partnern für das Ehenamensrecht (§ 1355 BGB) und für die das Eheregister führende Behörde (§ 34 PStG) habe.

Zum Ehenamen, § 1355 BGB

§ 1355 Abs. 1 Satz 1 BGB enthält eine Legaldefinition des Ehenamens. Hiernach ist der Ehename der von den Ehegatten gemeinsam geführte Familienname. In § 1355 Abs. 2 BGB wird im Weiteren das sogenannte Namensquorum geregelt. Das Namensquorum regelt das Wahlrecht der Ehegatten und die Alternativen zur Bestimmung eines gemeinsamen Ehenamens.

Wenn daher zwei deutsche gleichgeschlechtliche Lebenspartner die Ehe in Irland miteinander schließen, so besteht entweder die Möglichkeit - sofern das Ortsrecht dies zulässt - einen Ehenamen in Irland zu wählen oder aber nach Rückkehr durch gesonderte Erklärung einen Ehenamen in Deutschland zu bestimmen.

Regelung zum Ehenamen in Irland

In Irland war bisher die Regelung zum Ehenamen dergestalt, dass traditionell die Ehefrau den Familiennamen des Ehemannes annahm. Dennoch besteht die abweichende Möglichkeit, dass der Ehemann den Geburtsnamen oder den zur Zeit der Eheschließung geführten Familiennamen seiner Frau annimmt. Ebenso nicht ungewöhnlich, aber machbar ist das Führen eines zusammengesetzten Familiennamens aus dem Nachnamen des Ehemannes und der Ehefrau.

Ausreichend für die Festlegung des Familiennamens ist insoweit ein Antrag auf Eintragung des Familiennamens in den Pass unter Vorlage der Heiratsurkunde, wobei diese Vorschrift wohl nur für die Ehegatten mit irischem Status in Frage käme. Bei Auflösung der Ehe durch Tod oder durch Scheidung kann der vor der Eheschließung geführte Familienname/ Geburtsname wieder angenommen werden (Quelle: Bundesministerium des Innern, Namensführung der Ehegatten nach ausländischem Recht vom 01.11.2011).

Regelung zum Ehenamen in Deutschland

Insoweit ist das Ehenamensrecht der Republik Irland vergleichbar mit dem Ehenamensrecht der Bundesrepublik Deutschland, normiert über § 1355 BGB. 

Überleitung auf Deutschland

Es fragt sich weiter, ob die nach irischem Recht verheirateten gleichgeschlechtlichen Lebenspartner/Ehepartner, ausgewiesen durch Eheurkunde, vom Recht auf Wahl eines gemeinsamen Ehenamens über § 1355 BGB Gebrauch machen können oder aber mangels Vorliegen einer statusrechtlichen Ehe nach deutschem Rechtsverständnis ein solches Recht für sich nicht in Anspruch nehmen können.

Bestehen einer Ehe

Zunächst setzt § 1355 Abs.1 i. V. m. Abs. 2 BGB eine Ehe im Rechtssinne voraus. Insoweit greifen hier die Prüfungsmaßstäbe, ob die Ehe in der rechten Ortsform [2] im Sinne von Artikel 11 EGBGB und bei der Eheschließung nach Artikel 13 EGBGB auch von einer hierfür ordnungsgemäß ermächtigten Person stattgefunden habe.

Vor dem Hintergrund der Ausgestaltung der Ehe als Verfassungsrang nach irischem Prinzip ist wohl davon auszugehen, dass auch gleichgeschlechtliche Ehepartner bei Vorliegen der allgemeinen Ehevoraussetzungen, wie Ehefähigkeit und dergleichen, wirksam eine Ehe im europäischen Mitgliedstaat Irland miteinander schließen können. Ausdruck dieser wirksamen Eheschließung ist auch das behördliche Vollzugsinteresse des EU-Mitgliedstaates Irland durch Ausstellen einer Ehe-/Heiratsurkunde. Damit liegen im Sinne von § 1355 BGB die Tatbestandsmerkmale Ehegatten und Ehe vor, so dass grundsätzlich die nach irischem Recht miteinander verheirateten gleichgeschlechtlichen Lebenspartner einen gemeinsamen Ehenamen wählen können [3].

Europarechtliches Anerkennungsprinzip

Diese Ehe muss in Deutschland anerkannt werden. Hintergrund dessen ist das europarechtliche Anerkennungsprinzip [4] zwischen den EU-Mitgliedstaaten. Das europarechtliche (primärrechtliche) Anerkennungsprinzip besagt, dass Verwaltungsentscheidungen der einzelnen Europamitgliedstaaten untereinander anzuerkennen sind, ohne dass dem Herkunftsmitgliedstaat ein gesondertes Überprüfungs- und Verwerfungsmonopol dieser ausländischen EU-Mitgliedstaatsentscheidung zustünde.

Ausnahme

Einziges Korrektiv ist entweder über eine sondergesetzliche Regelung (ordre public Vorbehalt) oder über Artikel 6 EGBGB (ordre public) [5].

Das Eheregister

Maßgebend hierfür ist § 34 des Personenstandsgesetzes. § 34 Personenstandsgesetz regelt die Eheschließung im Ausland oder vor ermächtigten Personen im Inland. Hiernach kann gemäß Abs. 1 die Eheschließung auf Antrag im Eheregister [6] beurkundet werden, wenn ein Deutscher im Ausland die Ehe geschlossen hat. Für den Besitz der deutschen Staatsangehörigkeit ist der Zeitpunkt der Antragstellung maßgebend.

Mit § 34 des Personenstandsgesetzes ist ein vereinfachtes Verfahren geschaffen worden, die Beurkundung im Eheregister vereinfacht nach außen darzustellen. Antragsberechtigt nach dem Wortlaut von § 34 Abs. 1 PStG ist lediglich nur ein Deutscher, der im Ausland die Ehe geschlossen hat.

Unschädlich ist nach der Gesetzesdiktion des § 34 PStG, dass beide Deutsche sind und auch gleichgeschlechtlich die Ehe vollzogen haben.

Insoweit kann das Standesamt als vollziehende Behörde für das Eheregister auch nicht die Nachbeurkundung im Eheregister ablehnen mit der Begründung, es läge keine Ehe im Rechtssinne nach deutschem Rechtsverständnis vor.

Insoweit hat die inländische Vollziehungsbehörde - hier das Standesamt - kein Verwerfungsmonopol gegenüber einer administrativen ausländischen EU-Mitgliedsstaatentscheidung, hier der Republik Irland.

Wenn daher das Standesamt eine solche Nachbeurkundung im Eheregister nicht vollziehen will, bleibt nur die Möglichkeit, die Ablehnung der Nachbeurkundung mittels Bescheid zu regeln oder den Fall dem zuständigen Amtsgericht zur Entscheidung (§ 49 Abs. 2 PStG) vorzulegen.

§ 49 Abs. 2 PStG räumt nämlich dem Standesamt die Möglichkeit ein, insbesondere in Zweifelsfällen von sich aus die Entscheidung des Gerichts herbeizuführen.

Auch das Gericht die Rechtssache bei Bedenken durch Vorabentscheidungsersuchen dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorlegen.

Resümee:

Ein etwaiger Heiratstourismus zur Eingehung der gleichgeschlechtlichen Ehe ist hinzunehmen [7]. Das Ausnutzen einer formalen Rechtsposition kann nicht verwerflich sein (vgl. EuGH, Urteil vom 17.07.2014, C 58/13 und C 59/13).

Eine von einem EU-Mitgliedsstaat ausgestellte Eheurkunde, auch und gerade zwischen gleichgeschlechtlichen Lebenspartnern, ist hinzunehmen. Den Standesämtern obliegt keine allgemeine Verwerfungskompetenz der ausländischen EU-Mitgliedsstaaten Entscheidung.
In Zweifelsfällen muss vom Standesamt das zuständige Amtsgericht um Entscheidung ersucht werden.

[1] vgl. BVerwG, Urteil v. 08.12.2014 – 6 C 16/14 (zit. nach juris)

[2] vgl. zum Ortsrecht der Namensführung von Ehegatten: AG Schönberg, Beschl.v.07.05.2001-70 III 95/01 (zit. nach juris)

[3] vgl. gegenteilige Entscheidung zu einer Ehe nach niederländischem Recht (huwelijk) von Personen gleichen Geschlechts: KG Berlin, Beschl.v. 14.10.2014 – 1 W 554/13; n.rk.  (zit. nach juris) die aber europarechtswidrig sein dürfte;

[4] vgl. VG Braunschweig, Urteil v. 04.03.2009 – 6 A 128/08 Rd. 25 (zit nach juris)

[5] zur engen Anwendungsauslegung vgl; BGH, Beschl.v. 10.12.2014 – XII ZB 463/13 (zit. nach juris)

[6] vgl. zur Schreibweise von Ehenamen im Eheregister: KG Berlin, Beschl.v. 24.01.2013 – 1 W 734/11 „Bindestrich-Entscheidung“ (zit. nach juris)

[7] ist Ausdruck des Verbots der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit (Art. 18 AEUV) und des europarechtlichen Grundrechts auf Freizügigkeit der Unionsbürger (Art. 21 AEUV);

Rechtsanwalt L. Petrowitz

Anwaltskanzlei Petrowitz von Seyfried

Erfurt / Leeds

29.05.2015


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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