Der Fahrtenschreiber – Sicherheit und Bürokratie sind mit an Bord
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Experten-Autor dieses Themas
Die Geschichte des Fahrtenschreibers geht bis ins Jahr 1835 zurück. Damals wurden die ersten Fahrtenschreiber (auch Tachografen genannt) erstmals in der Eisenbahn eingesetzt, um den Bahnbetrieb sicherer zu gestalten. Bis heute begleitet uns diese damalige Innovation, in modernerer Form natürlich.
Doch was genau ist ein Fahrtenschreiber eigentlich? Ein Fahrtenschreiber – oder auch Tachograf – ist ein Gerät, das vor allem die Lenk- und Ruhezeiten eines Fahrzeuges dokumentiert. Man könnte ihn als eine Art modernes Fahrtenbuch ansehen, das auch die Geschwindigkeit und die zurückgelegten Kilometer erfasst.
Wer benötigt zwingend einen Fahrtenschreiber?
Bei allen gewerblichen Fahrten im Personenverkehr und im Güterverkehr sind Fahrtenschreiber grundsätzlich entweder analog oder digital verpflichtend, wenn das Fahrzeug ein zulässiges Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen hat oder es sich bei dem Fahrzeug um einen Bus handelt, der für den Transport von mehr als acht Personen ausgelegt ist. Das bedeutet auch: Nutzen Sie Ihren Pkw mit Anhänger für gewerbliche Zwecke und das Gesamtgewicht von Pkw mit Anhänger liegt über 3,5 Tonnen, ist der Fahrtenschreiber verpflichtend für Sie. Beträgt das Gesamtgewicht 2,8 bis 3,5 Tonnen, sind Sie dennoch nicht gänzlich von der Aufzeichnungspflicht befreit.
Selbstverständlich gibt es auch dazu eine Verordnung, die Fahrpersonalverordnung (FPersV). In dieser heißt es in § 1 Abs. 6, dass diese Fahrzeuge dazu angehalten sind, die Lenk- und Ruhezeiten zu dokumentieren und aufzuzeichnen. Nur muss dies nicht zwingend digital erfolgen – hier sind beispielsweise Tageblätter ausreichend. Die Pflicht der digitalen Aufzeichnung besteht erst ab einem Gesamtgewicht von 3,5 Tonnen.
Gibt es eine Pflicht für den digitalen Fahrtenschreiber (auch EG-Kontrollgerät genannt)?
Ja, die gibt es. Seit 2006 besteht diese Pflicht für alle Neufahrzeuge. Und seit dem 15. Juni 2019 werden nur noch sogenannte „smarte Fahrtenschreiber“ installiert, deren Systeme noch einfacher einsetzbar sind. Ähnlich wie bei einem USB-Stick wird ein Stick an das Kontrollgerät angeschlossen. Damit werden in sehr kurzer Zeit die Fahrerdaten übertragen und können anschließend detailliert ausgewertet werden.
Die Fahrerkarte zum digitalen Fahrtenschreiber
Sobald Berufskraftfahrer mit einem gewerblichen Kraftfahrzeug ab 3,5 Tonnen unterwegs sind bzw. wenn die gewerblichen Kraftfahrzeuge über einen digitalen Fahrtenschreiber verfügen (müssen), ist das Benutzen der sogenannten „Fahrerkarte“ unbedingte Pflicht (gemäß FPersV und der europäischen Verordnung 561/2006). Diese Karte ähnelt optisch dem Führerschein im Scheckkartenformat. Sie muss vor jeder Fahrt in das Lesegerät eingesteckt werden.
Die Fahrerkarte ist personengebunden. Auf ihr sind auf einem Chip unter anderem der Name des Fahrers, das Geburtsdatum, die Gültigkeit der Fahrerkarte, die ausstellende Behörde, ein Lichtbild und die Unterschrift des Fahrers gespeichert. Die Fahrerkarte dient auch dem Nachweis der Fahrzeiten. Bei einer Polizeikontrolle zum Beispiel kann die Karte von den Beamten ausgelesen und so auch die Geschwindigkeit der letzten 24 Stunden festgestellt werden. Um eine Fahrerkarte zu beantragen, sind folgende Nachweise vorzulegen:
Personalausweis
Führerschein
aktuelles biometrisches Lichtbild
gegebenenfalls alte Fahrerkarte
Wenn sich der Wohnsitz außerhalb der EU befindet, müssen zusätzlich noch die Arbeitserlaubnis und der Arbeitsvertrag vorgelegt werden. Um das Beantragen der Fahrerkarte mit den damit anfallenden Kosten muss sich der Fahrer selbst kümmern, der Arbeitgeber ist nicht in der Pflicht. Die Gültigkeit der Fahrerkarte beträgt fünf Jahre. Danach kann diese auf Antrag verlängert werden.
Achtung, Kontrolle
Wenn Sie kontrolliert werden und Sie Ihre Fahrerkarte bei Fahrtantritt nicht in das Lesegerät eingesteckt haben oder die Karte nicht mit sich führen, können Sie mit einem Bußgeld in Höhe von 250 € rechnen. Natürlich wissen Sie: keine Regel ohne Ausnahmen!
Ohne Fahrerkarte darf trotzdem gefahren werden, wenn es sich unter anderem um Fahrzeuge der Polizei, des Katastrophenschutzes, der Feuerwehr o. Ä. handelt. Ebenfalls ausgenommen von der Verordnung sind Testfahrten, Fahrzeuge für humanitäre oder medizinische Hilfen und auch Fahrzeuge, die bauartbedingt nicht schneller als 40 km/h fahren können, um nur einige zu nennen.
Neueste Änderungen
Mit dem im Juli 2020 beschlossenen EU-Mobilitätspaket I traten ab Februar 2022 und Mai 2022 Änderungen in Kraft. Diese betreffen zum Beispiel die Punkte „Entsendung von FahrerInnen“, „Aufzeichnen von Grenzüberfahrten“ oder „Rückkehrpflicht des Fahrzeugs“. Im Einzelnen können Sie dies auch online auf der Seite des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) nachlesen.
Sie denken, das sei schon ganz schön kompliziert? Dann lassen Sie uns als Nächstes zu der sogenannten „Handwerkerregelung“ kommen. Zu bewerten, ob diese Regelung Fluch oder Segen ist, überlasse ich Ihnen. Fakt ist: Was auf den ersten Blick scheinbar für Lkws und Berufskraftfahrer gesetzlich verankert wurde, betrifft in einigen Teilen auch den kleinen Betrieb oder den Unternehmer um die Ecke. Ich werde versuchen, dieses Thema so kurz und unkompliziert wie möglich darzustellen.
Der Name „Handwerkerregelung“ könnte dabei ein wenig in die Irre führen. Denn es geht bei dieser Ausnahmeregelung nicht explizit um Handwerker im engsten Sinne, sondern um Unternehmer, die ihre Dienstleistungen mit Geräten und Werkzeugen verrichten und diese im Fahrzeug transportieren, beispielsweise um den mobilen Friseur oder Fotografen, der sein Equipment bei sich haben muss. So mancher hört dann von der Pflicht des Fahrtenschreibers (Tachografenpflicht) und ist verunsichert, ob bei ihm die Ausnahme „Handwerkerregelung” anwendbar wäre.
So eine Tachografenpflicht – wir erinnern uns: für gewerbliche Fahrzeuge zwischen 3,5 und 7,5 Tonnen – hat es durchaus in sich. Nicht nur muss der Unternehmer sogar dann digitale Fahrtenschreiber installieren, wenn er das Fahrzeug auch nur einmal im Jahr derart gewerblich nutzt (Beispiel Weihnachtsmarkt). Er benötigt zudem eine Unternehmerkarte, die spezielle Software, Lesegeräte, Fahrerkarten für die Werkstatt usw. Überdies sind Schulungen der Mitarbeiter gesetzlich vorgeschrieben. Ebenso muss der Fahrtenschreiber spätestens alle drei Monate ausgelesen und die Daten gespeichert werden. Die Wartung des Fahrtenschreibers muss alle zwei Jahre erfolgen. Im Berufskraftfahrerqualifikationsgesetz (BKrFQG) finden Sie weitere Vorschriften und Erklärungen dazu.
Zum Schluss ein – wie ich finde – interessantes Urteil von einem Verstoß und den Kontrollbefugnissen im europäischen Ausland: Es geht um ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (Fünfte Kammer) vom 9. September 2021 (Rechtssache C-906/19).
Im vorliegenden Fall kam ein Busfahrer eines deutschen Unternehmens, das sowohl Busfernreisen als auch innerdeutsche Linien im öffentlichen Personennahverkehr bis 50 Kilometer Linienlänge anbietet, in Frankreich in eine Verkehrskontrolle. Die kontrollierenden Organe dort stellten anhand der Fahrerkarte des Busfahrers fest, dass für die Fahrzeiten im Personennahverkehr in Deutschland keine Nachweise auf der Fahrerkarte erfasst und aufgezeichnet wurden (was für Deutschland völlig in Ordnung ist, da in Deutschland der 50 km-Radius eingehalten wurde). Das französische Gericht befand eine Geldstrafe in Höhe von 10.125 € für angemessen. Daraufhin ging der Fall in die nächste Instanz vor den französischen Kassationsgerichtshof (Regierungsgericht in Paris). Dieses setzte das Verfahren einstweilig aus, um für seine Entscheidungsfindung wichtige Fragen per Vorabentscheidung durch den Europäischen Gerichtshof absichern zu lassen.
Wie ging es aus? Der Europäische Gerichtshof hob das Urteil auf und erklärte sinngemäß, dass es nicht rechtmäßig sei, einen Verstoß zu ahnden, der innerhalb eines anderen EU-Staates begangen wurde als dem, in dem die Kontrolle stattfand. Dieses Fehlverhalten kann grundsätzlich also nur in dem Land geahndet werden, in dem das Fehlverhalten stattfindet. Den Verkehrsrowdys sei gesagt: So geht längst nicht jeder Fall aus. Denn seit 2013 ist es den EU-Mitgliedsstaaten aufgrund einer Richtlinie erlaubt, bei bestimmten Verstößen im Zusammenhang mit Tempo, Alkohol oder roter Ampel untereinander auf die entsprechenden Datenbanken zuzugreifen.
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