Fahrverbot ok? Rotlichtphase mit Einschränkungen per Handy-Stoppuhr messbar

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Eine kuriose Entscheidung aus dem Verkehrsrecht kommt von einer Kammer des BayObLG, welche in ihrem Beschluss vom August 2019 konkretisiert, ob ein Polizeibeamter einen Rotlichtverstoß mit einer Smartphone-Stoppuhr feststellen darf.

Dem Beschluss liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Beschuldigte soll wegen fahrlässiger Missachtung des Rotlichts einer Lichtzeichenanlage zu einer Geldbuße von 200 € verurteilt werden. Bei diesem Verstoß soll er die Rotlichtphase der Anlage bereits über eine Sekunde überschritten haben (qualifizierter Rotlichtverstoß). Bei der Beweisaufnahme seitens des Amtsgerichtes wurde bekannt, dass der zuständige Beamte den Rotlichtverstoß von seinem Fahrzeugführersitz aus mit einer nicht-geeichten Stoppuhr seines Smartphones festgestellt haben soll. Der Beamte analysierte die Intervalle der Gelblichtphase, welche genau 3 Sekunden betrug. Nach dieser Zeit startete er die Stoppuhr seines Smartphones und stoppte diese, sobald er bemerkte, dass die Vorderreifen des Beklagten die Haltelinie überquerten.

Dieses Beweismittel rügt der Betroffene mit einer Rechtsbeschwerde zum BayObLG mit der Begründung, dass eine händische Messung durch einen Beamten mit einer nicht-geeichten Stoppuhr nicht die gleiche Beweislast wie eine maschinelle Messung erlangen kann.

Die Richter des BayObLG sahen an dem Umstand, dass die Messung durch ein Smartphone erfolgte, jedoch kein zu großes Problem. Auch eine ungeeichte Stoppuhr können in einem solchen Falle zur Aufnahme eines qualifizierten Rotlichtverstoßes genutzt werden und sei deshalb nicht augenblicklich unverwertbar. Diese Aussage lasse sich jedoch nicht derartig pauschalisieren und müsse im konkreten Einzelfall bei beispielsweise fehlerbehafteten Geräten durch genauere Tests belegt werden.

Da die Polizei im Normalfall jedoch stets mit geeichten Geräten arbeitet, mussten die Richter der Kammer bezüglich dieser Eigenschaft einen Ausgleich finden. Demnach wurde in diesem Fall ein Toleranzwert unterbreitet, welcher den Ausgleich der Messungenauigkeit sowie sonstiger Fehlerquellen in Abzug bringen soll. Dieser Wert hängt von der tatrichterlichen Abwägung und möglichen geräteeigenen Fehlern ab. Sollte das Gerät jedoch keinerlei offensichtliche Auffälligkeiten zeigen, ist ein Toleranzabzug von 0,3 Sekunden im Sinne eines qualifizierten Rotlichtverstoßes anzunehmen.

Dies sei einerseits durch die menschliche Reaktion der Betätigung der Uhr abzuleiten, andererseits von eventuell nicht offensichtlich erkennbaren Fehlerquellen des benutzten Gerätes (BayObLG, Beschl. v. August 2019).

Auf diese Art wurde zumindest das 1-monatige Fahrverbot aufgehoben. Es blieb bei einem „einfachen“ Rotlichtverstoß und einer Geldbuße.

Hinweis:

Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gerne im Voraus zu allen anfallenden Kosten.

Sven Skana

Fachanwalt für Verkehrsrecht

Strafrecht


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