Falschbeschuldigung/Vorwurf sexueller Übergriff, sexueller Missbrauch – was tun?

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Die Falschanzeigenquote im Sexualstrafrecht ist hoch und immer wieder werden auch Unschuldige verurteilt. Gerade in Anbetracht der drohenden, langjährigen Freiheitsstrafen im Falle einer Verurteilung wegen einer Sexualstraftat, sollte jeder Beschuldigte umgehend professionellen Rat einholen.

Bei Erhalt einer Vorladung durch die Polizei wegen einer Sexualstraftat steht plötzlich die gesamte bürgerliche Existenz auf dem Spiel. Gerade Unschuldige haben dann den Drang bei der Polizei die Angelegenheit richtigzustellen. Ein fataler Fehler von dem jeder Fachanwalt für Strafrecht in dieser Situation nur abraten kann.

Keine Aussage bei der Polizei

Es ist ihr gutes Recht dort nicht zu erscheinen. Der Termin kann jederzeit durch einen Anwalt abgesagt werden; gleichzeitig wird Akteneinsicht beantragt. Das erste was der Polizist nämlich in einer Vernehmungssituation machen muss ist die Belehrung darüber, dass der Beschuldigte das Recht hat zu schweigen. Doch ist es sinnvoll zu schweigen, wenn man unschuldig ist? Klare Antwort: Ja, gerade im Sexualstrafrecht ist dies das einzig sinnvolle Verhalten vor Akteneinsicht. Warum?

  • Ein Schweigen wird und darf niemals zulasten des Beschuldigten gewertet werden
  • Jede Aussage, die der Beschuldigte bei der Polizei macht, kann interpretiert werden und ist gegen ihn verwendbar
  • Häufig werden die Aussagen anders aufgenommen als sich der Beschuldigte das wünscht
  • Der Vernehmungsbeamte kann einen negativen Eindrucksvermerk schreiben, auf den der Beschuldigte keinen Einfluss hat
  • Man kann nicht beweisen, dass etwas nicht passiert ist; genau das ist aber der Standpunkt eines Unschuldigen im Sexualstrafrecht
  • Der Beschuldigte wird mit Akteninhalten konfrontiert, die er nicht kennt
  • Das Gespräch dient regelmäßig allein der Überführung
  • Der Polizist entscheidet ohnehin nicht wie das Strafverfahren weitergeht

Akteneinsicht und Klares Bestreiten

Sinnvoll ist es daher über einen Fachanwalt für Strafrecht, der einen besonderen Schwerpunkt im Sexualstrafrecht hat, Akteneinsicht zu beantragen. Außerdem sollte der Anwalt von vornherein klarmachen, dass der Mandant die Tatvorwürfe bestreitet. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Fall darf aber erst nach Akteneinsicht erfolgen.

Aussagepsychologische Analyse

Nach Akteneinsicht kommt es darauf an, dass der Fachanwalt für Strafrecht eine gut begründete Schutzschrift mit seinem Mandanten entwirft. Dabei wird die in der Ermittlungsakte protokollierte Aussage aussagepsychologisch anhand der sog. Realkennzeichen-Lehre, die der Bundesgerichtshof zu Grunde legt, analysiert. Hier sollte man nur einen erfahrenen Profi beauftragen. Die Aussage ist Satz für Satz zu analysieren und anschließend sind mit entsprechender Rechtsprechung und Fachliteratur alle Angriffspunkte der Aussage aufzuzeigen.

So kann bei der Staatsanwaltschaft eine Druckschwelle erzeugt werden, die diese von der Anklageerhebung abhält. Das Ziel ist eine Einstellung mangels Tatverdacht („Freispruch im Ermittlungsverfahren“). Eine solche Schutzschrift kann auch mit einer Gegenanzeige wegen falscher Verdächtigung kombiniert werden. In manchen Fällen kann an dieser Stelle der Mandant auch wertvolle Informationen zum Hintergrund der Anzeigeerstatterin oder des Anzeigenerstatters liefern. Wichtig ist es bei der Auswahl des Fachanwalts für Strafrecht darauf zu achten, dass eine besondere aussagepsychologische und sexualstrafrechtliche Expertise besteht.

Oberstes Ziel muss sein, eine kostenintensive und öffentliche Hauptverhandlung vor Gericht zu verhindern. 


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