FAQ: Wie beendet man eine Erbengemeinschaft?

  • 8 Minuten Lesezeit

Fragen und Antworten (FAQs) zu den rechtlichen und steuerrechtlichen Fragen der Erbauseinandersetzung

von Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht Dr. Christian Ruso 

Mit einem Todesfall gehen nicht nur persönliche oder organisatorische, sondern auch vermögensrechtliche Fragestellungen einher. Hinterlässt ein Vater etwa drei Söhne und sind diese Miterben, so wird sein Vermögen gemeinschaftliches Vermögen der Miterben. Sie bilden eine sogenannte Erbengemeinschaft, wobei jedem Sohn ein Erbanteil von 1/3 am Gesamtnachlass zukommt, vgl. § 2032 BGB. Bis zur Erbauseinandersetzung handelt es sich um sogenanntes ungeteiltes Vermögen. Hierüber können die Miterben nur gemeinschaftlich verfügen. Auch die Verwaltung kann nur gemeinschaftlich erfolgen. Mit einer solchen Erbengemeinschaft gehen jedoch nicht selten (familiäre) Streitigkeiten einher, sodass ein Bedürfnis nach einer Erbauseinandersetzung besteht. Es bestehen verschiedene Möglichkeiten, sich derartigen (teils vorprogrammierten) Streitigkeiten zu entziehen, welche im Folgenden erläutert werden sollen:

Welche Möglichkeiten gibt es, sich Streitigkeiten in einer Erbengemeinschaft zu entziehen? 

Will ein Miterbe die Erbengemeinschaft verlassen, hat er im wesentlichen drei Möglichkeiten, dies umzusetzen

Der Miterbe kann seinen Anteil am Nachlass an einen anderen Miterben oder Dritten veräußern und über seinen Erbteil verfügen (vgl. 2033 Abs. 1 S. 1 BGB sowie nachfolgend unter 1.).

Er hat kann gegenüber den übrigen Miterben seinen Austritt erklären (nachfolgend unter 2.).

Er beantragt die Erbauseinandersetzung (nachfolgend unter 3.).

Im Einzelnen:

1. Der Erbteilsverkauf

Der Miterbe hat die Möglichkeit über seinen Erbteil, d.h. seinen Anteil am gemeinschaftlichen Vermögen der Erbengemeinschaft, zu verfügen. Der Verkauf ist möglich ab dem Zeitpunkt des Todes des Erblassers bis zur vollständigen Auseinandersetzung.

Haben die Miterben beim Erbteilsverkauf ein Vorkaufsrecht?

Will ein Miterbe seinen Erbteil an einen Dritten – somit nicht an einen anderen Miterben – verkaufen, steht den übrigen Miterben grundsätzlich ein Vorkaufsrecht zu. Soll der Erbteil dagegen an einen der Miterben veräußert werden, besteht ein solches Vorkaufsrecht nicht. Vereinigen sich sämtliche Erbanteile in einer Person, so erlischt konsequenterweise die Miterbengemeinschaft. Der Erbteilsverkäufer hat weiterhin den Verkauf des Erbteils sowie den Namen des Erwerbers dem Nachlassgericht anzuzeigen.

Muss ich den Erbanteilsverkauf notariell beurkunden lassen?

Für den Verkauf des Erbteils ist ein entsprechender Vertrag nötig. Der Erbschaftskaufvertrag bedarf der notariellen Beurkundung (§ 2371 BGB). Dies gilt auch für eine unentgeltliche Übertragung des Erbteils (§ 2385 Abs. 1 BGB). Auch der Vertrag, durch den der Miterbe über seinen Erbanteil verfügt, bedarf der notariellen Beurkundung. Diese Formerfordernisse müssen eingehalten werden, da ansonsten die entsprechenden Verträge nichtig, d.h. unwirksam sind.

Welche Rechte und Pflichten hat der Erwerber?

Mit der Übertragung des Erbteils wird der Erwerber nicht Miterbe. Nichtsdestotrotz tritt er in die vermögensrechtliche Stellung des Miterben ein. Er erhält eine gesamthänderische Berechtigung an den einzelnen Nachlassgegenständen. Damit einher geht auch, dass den Erwerber sämtliche Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit der Verwaltung und Auseinandersetzung des Nachlasses treffen.

Zu beachten ist aber, dass auch die Beschränkungen und Beschwerungen (etwa die Anordnung einer Nacherbfolge, eines Vermächtnisses oder Auflagen, Pflichtteilen sowie Teilungsanordnungen) den Erwerber treffen. Auch trifft den Erwerber gegenüber den Nachlassgläubigern eine gesamtschuldnerische Haftung für Nachlassverbindlichkeiten zusammen mit dem Erbteilsverkäufer (§ 2382 Abs. 1 BGB).

Welche Folgen hat die Auseinandersetzung für den Erwerber?

Verlangt der Erwerber die Auseinandersetzung nach § 2042 Abs. 1 BGB, steht ihm gemäß seinem erworbenen Erbanteil nach Berichtigung der bestehenden Nachlassverbindlichkeiten anteilig ein verbleibender Überschuss zu.

Was ist steuerrechtlich zu beachten?

Auswirkungen auf die Erbschaftsteuer hat der Erbteilsverkauf nicht. Überträgt der Miterbe jedoch seinen Anteil an einen der übrigen Miterben, so gehen auch die Vergünstigungen der §§ 13a, 13c sowie 19a ErbStG auf ihn über. Der aus der Erbengemeinschaft ausscheidende Miterbe kann diese Vergünstigungen sodann nicht mehr geltend machen.

Zählt zum Nachlass nur Privatvermögen (z.B. Eigenheim, privates Auto, Schmuck etc.), unterliegt der Gewinn bei Veräußerung des Erbteils nur der Steuerpflicht, wenn die Voraussetzungen der §§ 17, 23 EStG oder des § 21 UmwStG vorliegen.

Zählt zum Nachlass Betriebsvermögen stellt die entgeltliche Übertragung des Erbanteils die Veräußerung des Betriebsvermögens bzw. eines Mitunternehmeranteils im Sinne von § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG dar. Der Kaufpreis ist daher als außerordentlicher Veräußerungsgewinn zu versteuern, wobei ggf. gesetzliche Steuervergünstigungen in Anspruch genommen werden können. Die Versteuerungspflicht besteht auch für den Fall, dass der Erwerber selbst Miterbe ist. Gehört zum Nachlass ein Grundstück, so fällt beim Erbteilsverkauf an einen Dritten Grunderwerbsteuer gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG an. Bei einer Veräußerung an einen Miterben ist der Erwerb hingegen gem. § 3 Nr. 3 GrEStG grunderwerbsteuerfrei.

2. Die Abschichtungsvereinbarung

Mit der sog. Abschichtungsvereinbarung einigt sich der Miterbe mit den übrigen Miterben der Erbengemeinschaft darüber, dass er gegen die Zahlung einer Abfindung aus der Erbengemeinschaft einvernehmlich ausscheidet.

Welche Regelungen gehören in eine Abschichtungsvereinbarung?

Der Miterbe hat den übrigen Miterben der Erbengemeinschaft zu erklären, dass er aus der Gemeinschaft austritt. Anders als beim Erbteilsverkauf besteht beim einvernehmlichen Ausscheiden kein besonderes Formerfordernis. Weiterhin sind Regelungen zu folgenden Fragen aufzunehmen:

  • Zeitpunkt des Ausscheidens sowie der Übergabe von Besitz, Nutzen Lasen
  • Beteiligung des Ausscheidenden an schwebenden Geschäften
  • Abfindungshöhe
  • Haftung für Sach- und Rechtsmängel, einschließlich Haftungsfreistellung von Nachlassverbindlichkeiten
  • Ggf. erforderliche Mitwirkungshandlungen, u.a. Grundbucherklärungen

Welche Konsequenzen hat die Abschichtungsvereinbarung?

Wird der Austritt des Miterben wirksam, so scheidet er aus der Erbengemeinschaft aus. Sein Erbteil wächst den verbleibenden Miterben zu.

Sind steuerrechtliche Besonderheiten zu beachten?

Es besteht kein Unterschied zum Erbteilsverkauf. Allerdings können sich bei einem Ausscheiden gegen Sachwertabfindung zusätzlich zu dem vom ausscheidenden Miterben zu versteuernden Veräußerungsgewinn auch für die in der Erbengemeinschaft verbleibenden Miterben Veräußerungsgewinne ergeben.

3. Übertragung einzelner Vermögensgegenstände

Gem. § 2042 Abs. 1 BGB kann jeder Miterbe zu jeder Zeit die Auseinandersetzung des Nachlasses verlangen. Nach Berichtigung der Nachlassverbindlichkeiten wird der verbleibende Überschuss nach dem Verhältnis der Erbteile auf die Miterben verteilt.

Welche Besonderheiten sind bezüglich der Auseinandersetzung zu beachten?

Der Anspruch auf Auseinandersetzung steht jedem Miterben zu und ist gegenüber den übrigen Miterben geltend zu machen. Diese sind verpflichtet, an sämtlichen zur Auseinandersetzung notwendigen Maßnahmen mitzuwirken. Der Anspruch auf Auseinandersetzung verjährt nicht. Er scheidet jedoch aus, wenn der Erblasser die Auseinandersetzung durch eine Verfügung von Todes wegen ausgeschlossen hat.

Achtung Haftungsfalle: Tritt der Erwerber des Erbanteils wirklich in die bestehenden Mietverträge ein? Worauf Sie achten müssen!

In der Praxis herrscht häufig die Meinung vor, dass der Erwerber anstelle des Erbanteilsveräußerers in die sich während der Dauer seines Eigentums aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten eintritt. Es ist rechtlich aber umstritten, ob der Erwerber eines Erbanteils oder die verbleibenden Erben gegenüber dem bisherigen Mieter einer Immobilie das Kündigungsrecht alleine ausüben darf oder ob er noch die Zustimmung des bisherigen Miteigentümers benötigt. Weist der Mieter die Kündigung wegen fehlender Zustimmung des früheren Miteigentümers zurück, ist Streit vorprogrammiert.

  • Wir empfehlen vorsorglich die Aufnahme folgender Klausel:

„Der Veräußerer ermächtigt den Erwerber, ab dem wirtschaftlichen Übergang alle Erklärungen einschließlich der Kündigung im Zusammenhang mit dem Mietverhältnis abzugeben und entgegenzunehmen und die Miete zu vereinnahmen. Der Erwerber ist verpflichtet, den Veräußerer ab diesem Zeitpunkt von allen Pflichten aus dem Mietverhältnis freizustellen. Der Notar hat darüber belehrt, dass der Veräußerer bis zu einer anderslautenden Vereinbarung mit dem Mieter gleichwohl Vermieter mit allen Rechten und Pflichten bleibt.“

Welche Inhalte sind in einer Auseinandersetzungsvereinbarung zu regeln?

Schließlich kann der Miterbe mit allen übrigen Erben einen Erbauseinandersetzungsvertrag schließen.

Ein Erbauseinandersetzungsvertrag sollte folgende Regelungen enthalten:

  • Sämtliche Mitglieder der Erbengemeinschaft sind mit Namen und Anschrift zu bezeichnen.
  • Alle Nachlassgegenstände sind in einem Nachlassverzeichnis aufzuführen.
  • Die genaue Verteilung der Nachlassgegenstände muss dargestellt werden.
  • Ein sogenanntes „Übergabe-/Verrechnungsdatum“ sollte vermerkt werden.
  • Alle Erben sollten Verzichtserklärungen abgegeben.

Im Übrigen greifen die gesetzlichen Bestimmungen der §§ 2046ff. BGB.

Bedarf die Auseinandersetzungsvereinbarung einer bestimmten Form?

  • Achtung: Theoretisch kann eine Erbauseinandersetzungsvereinbarung auch mündlich abgeschlossen werden. Jedoch empfiehlt es sich immer aus Beweisgründen, derartige Vereinbarungen schriftlich mit fachmännischer Hilfe zu fixieren.

Für eine Übertragung von Immobilien, Grundstücken oder auch Unternehmensanteilen gelten strengere Regeln. In der Regel ist hier auch eine notarielle Beurkundung vorgeschrieben, d.h. eine Erbauseinandersetzung ohne Notar dann nicht möglich.

Welche Steuern kann ein Erbanteilsverkauf auslösen?

Der Erbfall und die Erbauseinandersetzung sind einkommensteuerrechtlich voneinander unabhängige Rechtsvorgänge, die selbständige steuerliche Folgen nach sich ziehen können.

Es können zwei Varianten der Auseinandersetzung unterschieden werden:

Nur ausnahmsweise ergeben sich einkommensteuerliche Konsequenzen bei der sog. Realteilung. Dabei werden Nachlassgegenstände den einzelnen Miterben zugewiesen, ohne dass innerhalb der Erbengemeinschaft Ausgleichs- oder Abfindungszahlungen stattfinden.

Wird jedoch ein bestehender Betrieb vom übernehmenden Erben eingestellt bzw. das Betriebsvermögen zerschlagen, indem wesentliche Betriebsgrundlagen einzelnen Erben zugewiesen werden, ist eine Betriebsaufgabe denkbar. Der sich dabei ergebende Gewinn ist sodann von den Mitgliedern der Erbengemeinschaft entsprechend ihrem Erbteil zu versteuern. Es empfiehlt sich daher die Aufnahme entsprechender Steuerklauseln.

Bei der Erbauseinandersetzung über Betriebsvermögen kann es - anders als bei Privatvermögen, von Ausnahmen abgesehen - leicht zur steuerpflichtigen Aufdeckung stiller Reserven kommen. Hier sollten die Beteiligten unbedingt vorher fachlichen Rat einholen.

Fazit

Es bestehen verschiedene Möglichkeiten, sich aus einer Erbengemeinschaft zu verabschieden, um möglichen Streitigkeiten vorzubeugen bzw. den Streit beizulegen. Dabei sind jeweils die Besonderheiten des konkreten Einzelfalls zu beachten und auf die individuellen Bedürfnisse einzugehen. Insbesondere sind hierbei auch mögliche, nachteilige steuerrechtliche Konsequenzen zu beachten. Diese können durch die Wahl der richtigen Form der Erbauseinandersetzung verhindert bzw. abgemildert werden. Es empfiehlt sich daher stets die Beratung durch einen Rechtsanwalt mit langjähriger Erfahrung auf den Gebieten des Erb- und Steuerrechts.

Über #LFR Wirtschaftsanwälte

LFR Wirtschaftsanwälte sind Ihr Partner bei Erb-, Unternehmens- und Vermögensnachfolge. Unsere Anwälte beraten seit über 20 Jahren über Unternehmer, Erblasser, Erben, Pflichtteilsberechtigte, Testamentsvollstrecker bei allen Fragen der Erbauseinandersetzung, Erbschaftskonflikten wie auch der einvernehmlichen Gestaltung von Testamenten Erbverträgen und anderen Formen der Vermögensübertragung.

Als qualifizierte Fachanwälte u.a. im Handels- und Gesellschafts- sowie im Steuerrecht, vertreten wir Sie in allen Fragen rund um Erb- und Unternehmensnachfolge.

Foto(s): https://unsplash.com/photos/KdeqA3aTnBY

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Dr. Christian Ruso

Beiträge zum Thema