Föderale und regionale Steuervergünstigungen für Investoren in Russland

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Der Investitionsrahmen in Russland hat sich in den vergangenen Jahren stetig und deutlich verbessert. Im „Doing Business Report“ der Weltbank belegt Russland aktuell Rang 35. Die Reformen gehen – ungeachtet der politischen Konflikte mit den USA und der EU – weiter. Erklärtes Ziel ist, Russland noch attraktiver für Investoren zu machen – und im Investitionsranking unter die TOP 20 zu kommen. 

Dazu sollen insbesondere auch steuerliche Vergünstigungen in den russischen Regionen dienen. In diesem Sinne konkurrieren die Regionen bei der Schaffung besonders günstiger Investitionsbedingungen, um vor allem auch ausländische Investoren ins Land zu holen, die Wertschöpfung zu erhöhen und Arbeitsplätze zu schaffen. 

Hierzu gibt es ein offizielles Ranking der besten Investitionsstandorte, das bei der Auswahl des richtigen Standortes eine wichtige Rolle spielen kann. Durch den relativ schwachen Rubel, bei gleichzeitig niedriger Inflation und der wieder wachsenden russischen Wirtschaft ist der Zeitpunkt für Investitionen daher momentan gut. Nachstehend stellen wir kurz den Investitionsrahmen vor und die bestehenden Vergünstigungen.

Investitionsschutz in Russland

Viele Unternehmen sind aufgrund der politischen Situation verunsichert und scheuen Investitionen in Russland. Dazu gilt es zunächst einmal festzuhalten, dass ausländischen Investitionen in Russland durch bilaterale Verträge und internationale Abkommen geschützt sind – also sicher. 

Zwischen Deutschland und Russland gilt ein Investitionsschutzabkommen. Dieses schützt deutsche Kapitalanlagen in Russland. Bisher gab es keinerlei Enteignungen ausländischer Unternehmen. Als Kapitalanlage gilt dabei jeder Vermögenswert, der von Investoren des einen Vertragsstaats im Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaates angelegt wird. Die wohl wichtigste Regelung betrifft den Schutz vor Enteignungen und enteignungsgleichen Eingriffen sowie Ausgleichsansprüche. Kapitalanlagen dürfen nur verstaatlicht werden, wenn die Enteignung im öffentlichen Interesse ist – dies ist auch in Deutschland nicht anders. Darüber hinaus hat die Entschädigung dem tatsächlichen Wert der Kapitalanlage zu entsprechen. Ähnliche Regelungen finden sich im russischen Auslandsinvestitionsgesetz von 1999. 

Investitionsförderungsmaßnahmen – föderale und regionale Regelungen – SPIK, RIP

Sowohl die föderalen als auch regionalen Investitionsförderungsgesetze sehen Steuervergünstigungen und weitere Maßnahmen zur Unterstützung von Investoren vor – unter anderem:

  • Reduzierung bei der Gewinn- und Vermögensbesteuerung sowie der Einkommensbesteuerung;
  • Befreiung von Pachtzahlungen für Grund und Boden in Staatseigentum;
  • Subventionen aus dem föderalen oder regionalen Haushalt;
  • Finanzielle Unterstützung durch Kredite oder Zuwendungen aus dem staatlichen „Fonds für Industrieentwicklung“;
  • Besondere Unterstützung innovationsintensiver Investitionsprojekte;
  • Beratung und Zurverfügungstellung von Informationen durch die Behörden.

In 2015 wurde in Russland die gesetzliche Grundlage zum Abschluss sogenannter „Sonderinvestitionsverträge“ („Spezinvestkontrakt“ – „SPIK“) geschaffen. Der SPIK schafft besondere Vergünstigungen und Anreize für Investoren – ob russische oder ausländische – in Russland zu investieren und ihre Produktion zu lokalisieren. Bis dato wurden 21 SPIK abgeschlossen, davon zwei in der Moskauer Region, zwei in St. Petersburg, zwei in der Region Kaluga und die restlichen in verschiedenen Regionen Russlands. Insbesondere die Befreiung von der Gewinn- und Vermögensteuer sind hierbei für die Investoren wirtschaftlich interessant. Durch den SPIK soll die Produktion von Waren gefördert werden, die bisher in Russland nicht hergestellt werden. Dies richtet sich in erster Linie nach der Verordnung der russischen Regierung vom 17. Juli 2015 Nr. 719 „Über die Kriterien zur Anerkennung von Industrieprodukten als solche, die keine Entsprechung in Russland haben“. Allerdings ist der Abschluss eines SPIK nicht auf die Produktion solcher Waren beschränkt, sondern steht nach Art. 3 des Gesetzes vom 31. Dezember 2014 Nr. 488-FZ „Über die Industriepolitik“ allen Lokalisierungsprojekten im Industriebereich offen.

Neben dem Abschluss von SPIK auf föderaler Ebene ist auch der Abschluss von regionalen SPIK („rSPIK“) möglich. Wesentlicher Unterschied zwischen dem SPIK und dem rSPIK ist, dass die Mindestinvestitionssumme auf föderaler Ebene bei mindestens RUB 750 Mio., umgerechnet ca. EUR 9 Mio. liegt, beim rSPIK aber deutlich darunterliegen kann (in Tambov z. B. bei mindestens RUB 100 Mio., umgerechnet ca. EUR 1,3 Mio. oder in der Region Moskau RUB 50 Mio., also EUR 600.000) und somit insbesondere für mittelständische Unternehmen interessant ist. 

Werden mehr als RUB 3 Milliarden (umgerechnet ca. EUR 38 Mio.) investiert, besteht beim SPIK die Möglichkeit, dass der Investor einen bevorzugten Zugang bei der Vergabe öffentlicher Aufträge durch föderale und lokale Behörden erhält. Als erster ausländischer Investor erhielt der deutsche Landmaschinenhersteller Claas diesen Status – und hat dadurch Zugang zu staatlichen Finanzierungsprogrammen. 

Derzeit besteht in den meisten Regionen bereits die Möglichkeit durch „Investitionsverträge“ („InV“) Steuervergünstigungen zu erhalten und durch die regionalen Behörden mit Haushaltsgeldern und konkreten Maßnahmen (z. B. Erschließung eines Grundstücks) unterstützt zu werden. Dennoch kann auch zusätzlich – oder nur – der Abschluss eines rSPIK empfehlenswert sein, da die Steuervergünstigungen beim InV meist auf maximal acht Jahre beschränkt sind, während es beim rSPIK zehn Jahre sein können. 

Das Verfahren beginnt mit einem Antrag des Investors beim Ministerium für Industrie und Handel. Im Antrag sollen die Vergünstigungen aufgeführt werden, die sich der Investor vom Staat wünscht; gleichzeitig sind die Verpflichtungen des Investors aufzuführen und ausführliche Informationen zum geplanten Investitionsprojekt wie z. B. Umfang der Investitionen, geplante Umsätze, Anzahl der zu schaffenden Arbeitsplätze, genutzte Technologien, zu erwartende anfallende Steuern, importierte Materialien u. a. in Form eines Businessplanes vorzulegen. 

Ist der Abschluss eines SPIK oder rSPIK nicht möglich, kann der Investor in einigen Regionen ein Status eines „regionalen Investitionsprojektes“ („RIP“) oder eines Prioritätsinvestitionsprojektes erhalten. Dafür sind vom Investor gewisse Kriterien zu erfüllen und er hat u. a. einen Businessplan vorzulegen. 

Bei SPIK, RIP oder einem Prioritätsinvestitionsprojekt ist es in einigen Regionen möglich, dass der Gewinnsteuersatz auf 0 % herabgesetzt wird und eine vollständige Befreiung von der Vermögensteuer erfolgt sowie für einen gewissen Zeitraum keine Pachtzinsen für die Nutzung staatlicher Grundstücke zu zahlen ist. 

Über die erwähnten Vergünstigungen hinaus gibt es auch weitere Förderprogramme für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU). Bisher sind aber KMU mit ausländischer Beteiligung von staatlichen Förderprogrammen und Vergünstigungen praktisch ausgeschlossen. Dies soll nun anders werden. Ab 1. Dezember 2018 treten Gesetzesänderungen in Kraft, die zukünftig auch KMU mit mehr als 49 % ausländischer Beteiligung den Zugang zu staatlichen Vergünstigungen gewähren. Die Neuregelungen werden für ausländische mittelständische Unternehmen gelten, deren Jahresertrag bis zu RUB 2 Mrd. (EUR 25 Mio.) beträgt.

Regionalrankings – Beeinflussung des lokalen Gesetzgebungsverfahrens durch den Investor

Neben allen logistischen und anderen unternehmerischen Aspekten ist bei der Auswahl des richtigen Produktionsstandortes immer auch empfehlenswert, die Investitionsfreundlichkeit der jeweiligen Region zu klären. 

Hierbei können die Investitionsrankings zu den Regionen hilfreich sein, die größtenteils auch im Internet auf offiziellen Seiten einsehbar sind (z. B. unter https://www.investinregions.ru/de/ – sogar auf Deutsch). Auf der Internetseite https://asi.ru/investclimate/rating/ ist das Regionalranging zur Investitionsattraktivität abrufbar, das am 28. Mai 2018 durch die staatliche Agentur für strategischen Initiativen (ASI) veröffentlicht wurde. Die ersten zehn Plätze belegen die folgenden Regionen:

  1. Gebiet Tjumen
  2. Moskau
  3. Republik Tatarstan
  4. St. Petersburg
  5. Gebiet Tula
  6. Region Krasnodar
  7. Gebiet Woronesch
  8. Tschuwaschische Republik
  9. Moskauer Gebiet
  10. Gebiet Uljanowsk

In vielen Regionen bestehen noch keine lokalen Steuervergünstigungen. Dies kann ein Nachteil sein, aber auch ein Vorteil. Denn bei fehlender Investitionsgesetzgebung hat der Investor teils die Möglichkeit, auf das Gesetzgebungsverfahren einzuwirken und die maximalen Vergünstigungen zu einzufordern. Gerade in eher schwachen Regionen sind die lokalen Administrationen dafür häufig offen. 



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