Förderstopp E-Auto Prämie - Streichung Umweltbonus: Bestehen Ansprüche auf Schadensersatz und macht eine Klage Sinn?

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Völlig überraschend: Förderstopp für E-Autos in Deutschland

Der Förderstopp für die E-Auto-Prämie in Deutschland, bekannt als Umweltbonus, trat am 18. Dezember 2023 - völlig überraschend und unerwartet - in Kraft. 

Dieser Schritt wurde von der Bundesregierung aufgrund eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts beschlossen, das zu einer Finanzierungslücke im Klima- und Transformationsfonds führte. Durch dieses Urteil fehlten im Fonds 60 Milliarden Euro, was die Regierung zu kurzfristigen Einsparungen im Bundeshaushalt 2024 zwang.

Losgelöst von den auferlegten "Zwangen" der Regierung durch das Bundesverfassungsgericht hat das Streichen des Förderprogramms erhebliche finanzielle Nachteile für den einzelnen Bürger und Verbraucher.

Denn trotz möglicherweise unterschriebenem Kaufvertrag über ein E-Auto, im Vertrauen auf die zugesagte Förderung des Staates, fällt der kalkulierte Zuschuss damit weg. 

Und nicht nur das: Die eingeschränkten finanziellen Mittel der Bundesregierung können in diesem Zusammenhang auch noch Auswirkungen auf die geplante "Offensive" in dem Aufbau der Ladeinfrastruktur für E-Autos bedeuten, was weitere mittelbare Nachteile für E-Autobesitzer sind.


Hintergrund des Förderstopps

Das Bundesverfassungsgericht hatte in einem Urteil festgestellt, dass im Klima- und Transformationsfonds eine Finanzierungslücke von 60 Milliarden Euro besteht. Diese Lücke resultierte aus der Notwendigkeit, den Fonds im Einklang mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben zu gestalten. Als Konsequenz musste die Bundesregierung im Bundeshaushalt 2024 kurzfristig Einsparungen vornehmen, um die finanzielle Stabilität zu gewährleisten. In diesem Kontext standen weniger Fördermittel für verschiedene Programme zur Verfügung, einschließlich des Umweltbonus für Elektroautos.

Der Umweltbonus war ein zentrales Instrument der deutschen Regierung, um den Absatz von Elektrofahrzeugen zu fördern und damit einen Beitrag zum Klimaschutz und zur Reduzierung von CO2-Emissionen zu leisten. Die plötzliche Beendigung dieser Förderung kam für viele überraschend und führte zu Diskussionen und Kritik sowohl von Seiten der Verbraucher als auch der Automobilindustrie. Die Förderung hatte eine wichtige Rolle bei der Entscheidung vieler Menschen für den Kauf eines Elektroautos gespielt, und ihr Wegfall bedeutete für viele eine finanzielle Unsicherheit.


Bedingungen für die Förderung von E-Autos und den Erhalt des Umweltbonus

Die Bedingungen für die Gewährung der E-Auto-Prämie in Deutschland waren bis zu ihrem plötzlichen Förderstopp im Dezember 2023 klar definiert und zielten darauf ab, den Kauf von Elektrofahrzeugen attraktiver zu machen. Diese staatliche Förderung war ein wesentlicher Anreiz für viele Bürgerinnen und Bürger, sich für ein umweltfreundlicheres Fahrzeug zu entscheiden.

Bis zum 17. Dezember 2023 konnten Anträge für den Umweltbonus beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) eingereicht werden. Diese Anträge werden auch nach dem Förderstopp noch bearbeitet und bewilligt, vorausgesetzt, dass sie die festgelegten Fördervoraussetzungen erfüllen. Es ist wichtig zu betonen, dass nur Anträge, die bis zu diesem Stichtag eingegangen sind, berücksichtigt werden. Ab dem 18. Dezember 2023 ist es nicht mehr möglich, neue Anträge für den Umweltbonus zu stellen.

Die Förderung selbst bestand aus zwei Teilen: einem Anteil, der vom Hersteller des Fahrzeugs getragen wurde, und einem staatlichen Anteil. Diese Kombination sollte den finanziellen Aufwand für die Anschaffung eines Elektroautos deutlich reduzieren und somit einen Anreiz für den Kauf bieten. Die Höhe der Förderung variierte je nach Preis des Fahrzeugs und war auf bestimmte Fahrzeugtypen beschränkt.

Eine weitere wichtige Bedingung für die Förderung war, dass das Fahrzeug in Deutschland zugelassen sein musste. Dies galt sowohl für Neuwagen als auch für junge Gebrauchtwagen, die bestimmte Kriterien erfüllten. Die Förderung war zudem an eine Mindesthaltedauer des Fahrzeugs gebunden, um eine kurzfristige Weiterveräußerung zu verhindern und somit die langfristige Nutzung von Elektrofahrzeugen zu fördern.


Entstandene Situation für Bürgerinnen und Bürger, die auf die Förderung vertraut haben

Die Situation für Bürgerinnen und Bürger in Deutschland, die auf die Förderung für Elektroautos, den sogenannten Umweltbonus, vertraut und basierend darauf Entscheidungen getroffen haben, ist besonders nach dem unerwarteten Förderstopp im Dezember 2023 komplex und teilweise problematisch geworden. Dieser abrupte Stopp der Förderung hat für viele, die bereits in den Kauf eines Elektroautos investiert oder zumindest feste Pläne dafür hatten, Unsicherheit und finanzielle Bedenken mit sich gebracht.

In der Konsequenz besteht jetzt ein Kaufvertrag, bei dem die zugesagte und entscheidungserhebliche Förderprämie fehlt und man erhält ein E-Fahrzeug, dessen Widerverkaufswert in der Sekunde des Erhalts drastisch nach unten abfällt.

Insgesamt führte der unerwartete Förderstopp zu einer Reihe von Herausforderungen für Bürgerinnen und Bürger, die auf die Unterstützung durch den Umweltbonus vertraut hatten. 

Zumal die angedachten Kompensationsmaßnahmen des Staates nicht umgesetzt wurden.


Rechtliche Beurteilung der Rechtslage des Förderstopps und Möglichkeiten für die Betroffenen

Die Rechtslage zugunsten der Betroffenen ist komplex und hängt vom Einzelfall ab. So kann je nach Vertragsschluss und Ablauf des Vertragsschlusses eine (oder mehrere) der nachfolgenden Varianten greifen.

a. Rücktritt und Stornierung des Kaufvertrages

In der Regel ist ein Autokaufvertrag, sobald er unterschrieben ist, rechtlich bindend. Das bedeutet, dass ein Rücktritt vom Vertrag nicht ohne Weiteres möglich ist.

Einige Händler können bereit sein, den Vertrag zu stornieren, allerdings oft gegen eine Stornogebühr. Diese Gebühr kann einen bestimmten Prozentsatz des Kaufpreises betragen und soll den Händler für bereits entstandene Kosten oder entgangene Gewinne entschädigen.

Dies bedeutet auf jeden Fall einen finanziellen Schaden des Käufers.

b. Widerruf des Kaufvertrags über das E-Auto

Wenn ein Fahrzeug online gekauft wurde, fallen die Vertragsbedingungen unter das Fernabsatzrecht. Dieses Recht gewährt Verbrauchern ein Widerrufsrecht von mindestens 14 Tagen ab Lieferung des Fahrzeugs.

Für einen erfolgreichen Widerruf muss der gesamte Kaufprozess (von der Beratung bis zum Vertragsabschluss) online oder über andere Fernkommunikationsmittel (z.B. Telefon, E-Mail) erfolgt sein.

Diese Variante dürfte aber nur für wenige Kunden und nur für Käufer im Dezember 2023 relevant sein (außer über das Widerrufsrecht wurde nicht bzw. fehlerhaft belehrt).

c. Widerruf bei Finanzierung und Leasing eines E-Fahrzeugs

Käufer, die ihr Fahrzeug finanziert haben, können unter Umständen von ihrem Widerrufsrecht Gebrauch machen. Dieses Recht erlaubt es, den Finanzierungsvertrag innerhalb einer Frist von in der Regel 14 Tagen ohne Angabe von Gründen zu widerrufen. Der Widerruf des Finanzierungsvertrags schlägt dann auch auf den Kaufvertrag bzgl. des Kfz durch (sog. verbundenes Geschäft nach § 358 BGB).

Ähnlich wie bei Finanzierungen gilt für Leasingverträge. Die genauen Bedingungen hängen vom jeweiligen Vertrag ab.

d. Wegfall der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB

Der Wegfall bzw. die Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB beruht auf dem Prinzip, dass ein Vertrag unter der stillschweigenden Voraussetzung geschlossen wird, dass die bei Vertragsschluss bestehenden Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich nicht  nachträglich grundlegend bzw. wesentlich ändern.

Wenn sich diese Umstände nachträglich so wesentlich verändern, dass einer der Vertragspartner den Vertrag nicht oder nur unter unzumutbaren Bedingungen erfüllen kann, kann eine Anpassung des Vertrags gefordert werden.

Es muss dargelegt werden, dass die Fortführung des Vertrags unter den ursprünglich vereinbarten Bedingungen für eine Partei unzumutbar geworden ist.

Im Kontext des Förderstopps für E-Autos könnte argumentiert werden, dass die staatliche Förderung eine wesentliche Grundlage für den Kaufentschluss war. Fällt diese Förderung unerwartet weg, könnte dies als eine wesentliche Veränderung der Umstände angesehen werden.

Der Käufer müsste nachweisen, dass die Förderung eine entscheidende Rolle bei der Entscheidung zum Kauf gespielt hat und dass der Wegfall der Förderung zu einer erheblichen finanziellen Belastung führt.

Auf Basis von § 313 BGB könnte der Käufer eine Anpassung des Kaufvertrags verlangen. Dies könnte eine Preissenkung oder andere Kompensationsleistungen, bestenfalls sogar die Aufhebung des Vertrages umfassen.

Der Anspruch richtet sich gegen die andere Vertragspartei.

e. Schadensersatz gegen den Bund und das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle

Für politische Entscheidungen, zu denen auch die Bildung von Förderprogrammen und die zur Verfügungstellung von Fördergeldern gehört, gilt der Grundsatz der Umkehrbarkeit von politischen Entscheidungen. Hierdurch können erlassene Gesetze, Richtlinien, Erlasse etc. jederzeit auch wieder durch den Gesetzgeber geändert und zurückgenommen werden.

Es gibt in diesem Bereich prinzipiell keinen Rechtsanspruch des einzelnen Bürgers.

Allerdings findet dieser Grundsatz seine Grenzen, wenn dieser Grundsatz in das Spannungsfeld zu den Bedürfnissen der Bürger nach einer Verlässlichkeit des Rechts und der Gewährung von Planungs- und Investitionssicherheit tritt. Das Rechtsstaatsprinzip aus Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG) verbürgt insbesondere auch die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit.

Und genau dieses Grenzen können in vorliegender Konstellation überschritten sein.

(1) Eingriff in das Eigentumsrecht nach Art. 14 Abs. 1 GG

Denn nachteilige Gesetzänderungen, die Förderungsansprüche betreffen, die für einen in der Zukunft liegenden Zeitraum gesetzlich festgeschrieben wurden, könnten gegen das Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG verstoßen.

Art. 14 Abs. 1 GG schützt das Eigentum einer Person, welches aus der Summe aller vermögenswerten Rechtspositionen besteht, „die dem Berechtigten von der Rechtsordnung in der Weise zugeordnet sind, dass er die damit verbundenen Befugnisse nach eigenverantwortlicher Entscheidung zum privaten Nutzen ausüben darf." (so das BVerfGE 83, S. 201 ff.).

Zwar kommt staatlichen Subventionsleistungen kein "Eigentumsschutz" zu. Allerdings gibt es Ansichten, die einen solchen Schutz im Zusammenhang mit Subventionen und Fördergeldern vertreten, wenn der einzelne Bürger hier eine bereits "erworbene und gesicherte" Rechtsposition erlangt hat. Und genau hierauf könnten sich betroffene Käufer in vorliegendem Fall berufen.

(2) Verstoß gegen den verfassungsrechtlich garantierten Vertrauensschutz nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG

Eine Änderung von Förderansprüchen könnte gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes verstoßen, der das Vertrauen des Bürgers in die Kontinuität von Recht im Sinne individueller Erwartungssicherheit schützt.

Der Grundsatz des Vertrauensschutzes ist verfassungsrechtlich nicht konkret geregelt, wird aber aus dem Rechtsstaatsprinzip nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG allgemein anerkannt abgeleitet und Grundrechtspositionen gleichgestellt.

Auch hierüber könnte durch die plötzliche und ausnahmslose Streichung der Förderung mit einem Grundrechtseingriff argumentiert, und somit eine Rechtsverletzung geltend gemacht, werden.

f. Verhandlungsgeschick und Kulanz der Händler/Verkäufer

Es kann sinnvoll sein, das Gespräch mit dem Händler zu suchen und die Situation zu erläutern. Manchmal sind individuelle Lösungen möglich, die für beide Seiten akzeptabel sind.

Einige Händler oder Hersteller haben bereits aus Kulanz eine Stornierung oder Vertragsanpassung zugesagt. Dies ist besonders dann der Fall, wenn die Stornierung aufgrund von Umständen erfolgt, die außerhalb der Kontrolle des Käufers liegen, wie z.B. das unerwartete Ende der staatlichen Förderung (siehe hierzu oben unter d.).

Fazit

Der plötzliche Förderstopp hat sowohl bei Käufern als auch bei Autoherstellern für Unsicherheit und Kritik gesorgt und dürfte das Vertrauen in die Politik weiter nachhaltig schädigen. 

Während bereits zugesagte Förderungen ausgezahlt werden, stehen neue Käufer, die nach dem Stichtag bestellen, ohne staatliche Unterstützung da. Zusammengefasst bedeutet dies nichts anderes als dass Käufer in eine Kaufentscheidung "gedrängt" werden, deren Grundlage im Nachhinein rückwirkend entzogen wird.

Zwar versuchen einige Autohersteller die durch die Aufhebung der Förderung entstandene Finanzlücke durch eigene Förderprogramme zu schließen.

Dies dürfte jedoch nur für einen kleinen Teil der Betroffenen eine schadensfeie Kompensation darstellen.




Dieser Artikel stellt keine konkrete und individuelle Rechtsberatung dar, sondern gibt lediglich einen groben Erstüberblick über die geschilderte und sehr komplexe rechtliche Materie. Rechtliche Sicherheit für Ihre konkrete Fallkonstellation können Sie nur durch abgestimmte Prüfung und Beratung eines fachkundigen Rechtsanwalts erhalten. 


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Foto(s): Dr. Holger Traub generiert über ChatGPT

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