Fortbildungsverträge mit Rückzahlungsklausel – Zulässigkeit und Grenzen

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Arbeitsrechtliche Fortbildungsverträge sind Vereinbarungen zwischen Arbeitnehmer*Innen und Arbeitgeber*Innen, in denen die Rahmenbedingungen einer Fortbildung geregelt werden. Typischerweise übernehmen die Arbeitgeber*Innen die Kosten für die Fortbildung und stellen die Arbeitnehmer*Innen für die Dauer der Fortbildung von der Arbeitspflicht frei. Hierbei sind jedoch auch Abstufungen und individuelle Absprachen möglich. Vereinbarungen über eine Fortbildung können unmittelbar im Arbeitsvertrag, oder auch nachträglich vereinbart werden.

Arbeitnehmer*Innen erlangen einen Vorteil in Form der jeweiligen Fortbildung. Sie erlangen neue Fähigkeiten oder Zusatzqualifikationen, die sie gegebenenfalls auch in anderen Tätigkeiten einsetzen können. Arbeitgeber*Innen auf der anderen Seite erlangen den Vorteil besser qualifizierter Arbeitnehmer*Innen.

Widerstreitende Interessen

Arbeitgeber*Innen treten bei der Fortbildung regelmäßig in Vorkasse und möchten Arbeitnehmer*Innen nach Abschluss der Fortbildung möglichst lange an ihr Unternehmen binden. Dies ist grundsätzlich ein berechtigtes Interesse der Arbeitgeber*Innen, denn diese möchten die besser qualifizierten Arbeitnehmer*Innen einsetzen und die Vorzüge der Fortbildung für ihr Unternehmen in Anspruch nehmen. Eine Investition in Arbeitnehmer*Innen soll sich lohnen. Ein Verlust kurz nach Abschluss der Fortbildung wäre nachteilig. Arbeitnehmer*Innen auf der anderen Seite sollen aufgrund einer Fortbildung nicht auf Dauer an einen bestimmten Arbeitgeber oder eine bestimmte Arbeitgeberin gebunden sein. Dies könnte zu einer Einschränkung der freien Wahl des Arbeitsplatzes aus Art. 12 Abs. 1 GG führen. Diese widerstreitenden Interessen sind in einen angemessenen Ausgleich zu bringen. Regelmäßig werden dafür sog. Rückzahlungsklauseln in den Fortbildungsverträgen verwendet.

Rückzahlungsklausel – Inhalt und Grenzen

In einer solchen Rückzahlungsklausel kann vereinbart werden, dass Arbeitnehmer*Innen einen Teil der Fortbildungskosten bei einem frühzeitigen Ausscheiden nach der Fortbildung zurückzahlen müssen. So verringert sich das Risiko für Arbeitgeber*Innen Geld in Arbeitnehmer*Innen zu investieren, die kurz danach das Unternehmen verlassen. Mit der bei vorzeitigem Ausscheiden entstehenden Rückzahlungsverpflichtung wird ein „Bleibedruck“ erzeugt, um die Arbeitnehmer*Innen für gewisse Dauer zu binden. Vertragliche Rückzahlungsklauseln, sofern von Arbeitgeber*Innen gestellt, sind regelmäßig allgemeine Geschäftsbedingungen und unterliegen der Inhaltskontrolle gemäß § 307ff. BGB. Die Rückzahlungsklausel darf Arbeitnehmer*Innen nicht unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung wird unter anderem angenommen, wenn die Rückzahlungspflicht nur durch eine zu lange Bindung an das Unternehmen vermieden werden kann.


Faustformel für Bindungsdauer

In der Rechtsprechung hat sich eine gewisse Faustformel herauskristallisiert. Diese gibt einen groben Überblick über eine zulässige Bindungsdauer im Verhältnis zur Fortbildungsdauer. Es sind jedoch immer die Begleitumstände und der konkrete Einzelfall zu berücksichtigen. Die maximale Bindungsdauer beträgt fünf Jahre, vgl. Rechtsgedanke des § 624 BGB.


Fortbildungsdauer

Bindungsdauer

bis zu einem Monat

bis zu sechs Monate

bis zu zwei Monate

bis zu 12 Monate

bis zu vier Monate

bis zu 24 Monate

Bis zu einem Jahr

Bis zu drei Jahren



Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 01.03.2022 (Az.: 9 AZR 260/21)

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte in seiner Entscheidung über die Rückzahlungsverpflichtung einer Altenpflegerin zu entscheiden. Die Altenpflegerin und Ihr Arbeitgeber - eine Reha-Klinik - hatten einen Fortbildungsvertrag geschlossen, indem sich die Altenpflegerin zur (anteiligen) Rückzahlung der Fortbildungskosten verpflichtete, wenn sie vor Ablauf von sechs Monaten nach der Fortbildung aus nicht vom Arbeitgeber zu vertretenen Gründen kündigt.

Die Altenpflegerin kündigte ihr Arbeitsverhältnis aus personenbedingten Gründen zu einem Termin drei Monate nach dem Abschluss der Fortbildung. Die Reha-Klinik fordert sie daraufhin zur anteiligen Rückzahlung der Fortbildungskosten auf. Die Altenpflegerin verweigerte eine Rückzahlung. Die Klage der Reha-Klinik auf Rückzahlung wurde in den Vorinstanzen abgewiesen.

Diese Entscheidungen hat das BAG nun bestätigt. Die Rückzahlungspflicht stellt vorliegend eine unangemessene Benachteiligung dar. Es ist zwar grundsätzlich zulässig, eine Rückzahlungspflicht auf das Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis aufgrund einer Eigenkündigung von Arbeitnehmer*Innen zu stützen, es muss jedoch nach dem Grund des Ausscheidens differenziert werden. Liegt dieser in einer unverschuldeten dauerhaften Leistungsfähigkeit der Arbeitnehmer*Innen, wie im zu entscheidenden Verfahren, benachteilige eine Rückzahlungspflicht die Arbeitnehmer*Innen unangemessen.

Im Rahmen einer wirksamen Rückzahlungsklausel ist daher dringend nach dem Grund des Ausscheidens zu differenzieren.

Sie haben Fragen zur rechtssicheren Gestaltung von Fortbildungsverträgen und Rückzahlungsklauseln oder zu anderen arbeitsrechtlichen Themen? Sprechen Sie uns gerne an! 



Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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