gemeindliche Bauplatzvergabe und Rechtsanspruch

  • 2 Minuten Lesezeit

Das Thema Einheimischenmodell und Vergabepraxis bei gemeindlichen Bauplätzen beschäftigt immer wieder die Verwaltunsgerichte. 

In seinem Urteil vom 19.07.2022 (1 S 1121/22) entschied der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, dass ein sog. Vergabeverfahrensanspruch den Bewerbern bei gemeindlichen Bauplatzvergaben einen Anspruch auf ermessens- und gleichheitsrechtsfehlerfreie Entscheidung garantieren soll.

Im zugrundeliegenden Fall wird über die Vergabe von Baugrundstücken gestritten.

Die Antragsgegnerin plant, sechs gemeindeeigene Grundstücke aus ihrem Eigentum zu veräußern.

Im Juli wurden die „Vergaberichtlinien für die Zuteilung von gemeindeeigenen Baugrundstücken nach Konzeptvergabe im Baugebiet Obere Halde“ beschlossen und bekannt gegeben. Im Sinne dieser Richtlinien sollten die Grundstücke an diejenigen Bewerber (Einzelperson oder Gemeinschaft) vergeben werden, die unter anderem den speziellen Eignungskriterien gerecht wurden. Hierfür sollten verschiedene Dokumente eingereicht werden – darunter beispielsweise die Berufsausübungsfähigkeit, eine Unternehmensbeschreibung und die Umsatzzahlen der letzten Jahre.

Die sieben Antragsteller, die auf einem der Grundstücke gemeinsam ein Bauvorhaben planen,  bewarben sich. Sie reichten ihre Bewerbungen als Privatpersonen, nicht als GmbH ein, traten aber als Bauherrengemeinschaft auf. Ihre Bewerbungen wurden jedoch nicht beachtet, da sie nicht vollständig seien und den Kriterien nicht entsprechen.

Gegen die darauffolgende Vergabeentscheidung legten die Antragsteller Widerspruch ein. Sie forderten die Untersagung der Vergabe der Bauplätze bis die Wirksamkeit der Vergaberichtlinien geklärt sei. Ihrer Ansicht nach seien die Richtlinien nicht klar genug verfasst und somit rechtswidrig. Ebenso sei nicht ersichtlich welche Dokumente von Privatpersonen einzureichen gewesen seien, da ein Privater weder eine Unternehmensbeschreibung noch Umsatzzahlen vorlegen könne.

Der VGH entschied, dass die Vergaberichtlinien rechtswidrig seien.

Ein sogenannter Vergabeverfahrensanspruch, der sich aus Art. 3 I GG ergebe, vermittle „den Bewerbern einen Anspruch auf eine ermessens-, insbesondere materiell gleichheitsrechtsfehlerfreie Vergabeentscheidung.“ Der Anspruch auf Gleichbehandlung fordere, dass jedem Bewerber im Verfahren die gleiche Chance auf Berücksichtigung geboten werden müsse.

Dies setzte vor allem transparente (hinreichend bestimmte) Vergaberichtlinien voraus. Damit für jeden Bewerber klar verständlich sei, welche Dokumente er einsenden müsse, um zugelassen zu werden und welche Chancen er erwarten könne, müssen Vergaberichtlinien mit dem äußersten Maß an Verständlichkeit formuliert sein. Fehle es an einer solchen Klarheit, könne keine Chancengleichheit garantiert werden, sodass es an einer verfahrensmäßigen Grundlage mangele.

Die Vergaberichtlinien der Antragsgegnerin erfüllen diese Voraussetzungen für eine gleichheitskonforme Auswahl allerdings nicht. So werde zwar erwähnt, dass sich auch Privatpersonen auf die Grundstücke bewerben können; jedoch gebe es einige Eignungskriterien, denen lediglich Gewerbe nachkommen können. Ebenso seien keine Hinweise darauf gegeben, ob oder in welcher Weise diese Eignungskriterien auch für Privatpersonen gelten.

Bewerbe sich somit eine Privatperson, sei es für sie schwer ersichtlich, ob sie überhaupt Chancen darauf habe, bei der Vergabe berücksichtigt zu werden. Auch das Einreichen von Unterlagen sei nicht klar für solche Fälle geregelt worden.

Somit war die Vergabeentscheidung der Antragsgegnerin an nicht zulässigen Vergaberichtlinien orientiert und insgesamt unwirksam. Denn sie schloss die Bewerber aus, da sie nicht alle erforderlichen Dokumente eingereicht haben sollen, obwohl die vorzulegenden Unterlagen nicht klar definiert waren.

Foto(s): Janus Galka


Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Dipl. Verwaltungswirt (FH), Janus Galka LL.M. Eur.

Beiträge zum Thema