Gesprächsaufzeichnung: Wer heimlich ein Personalgespräch aufnimmt, riskiert Kündigung – aber nicht immer

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Das vertraulich gesprochene Wort ist ein hohes Gut im deutschen Recht – es ist Ausdruck des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Nicht umsonst ist es deswegen unter bestimmten Voraussetzungen strafbar, von einem Gespräch heimlich Tonaufnahmen anzufertigen. Das gilt auch und gerade am Arbeitsplatz.

Deswegen ist ein solches Verhalten am Arbeitsplatz nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) auch Grund genug für eine außerordentliche Kündigung. Und doch entschied aktuell das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz: im Einzelfall kann die heimliche Aufzeichnung eines vertraulichen Gesprächs am Arbeitsplatz gerechtfertigt sein (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 19.11.2021, Az.: 2 Sa 40/21) und eine Kündigung deswegen unwirksam.

Heimlicher Gesprächsmitschnitt – Grund für außerordentliche Kündigung  

Wer heimlich ein Gespräch am Arbeitsplatz aufzeichnet, muss damit rechnen, eine außerordentliche Kündigung (= verhaltensbedingte Kündigung aus wichtigem Grund) zu erhalten. Denn das Bundesarbeitsgericht sieht in einem solchen Verhalten eine so schwerwiegende Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten, dass dem Arbeitgeber unter solchen Voraussetzungen nicht zuzumuten sei, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen. Immerhin ginge es in einem solchen Fall auch darum, dass der Arbeitgeber auch seine Mitarbeitenden vor derartigen Übergriffen auf deren Persönlichkeitsrechte schützen müsse, z.B. das Recht auf Vertraulichkeit des nicht öffentlich gesprochenen Wortes.

Rechtmäßig und damit wirksam ist eine solche außerordentliche Kündigung allerdings nur, wenn es keinen Rechtfertigungsgrund für das Fehlverhalten gibt und das Interesse des Arbeitgebers an der Kündigung gegenüber dem Interesse der betroffenen Person an der Fortsetzung des Arbeitsvertrages überwiegt. Relevant bei dieser Interessenabwägung ist dabei u.a. der bisherige Verlauf des Arbeitsverhältnisses und die Dauer der Betriebszugehörigkeit des Mitarbeiters bzw. der Mitarbeiterin.

Mitschnitt eines vertraulichen Gesprächs mit Vorgesetztem ohne Zustimmung

Worüber urteilte das LAG nun konkret? Der Mitarbeiter eines Unternehmens – seit 17 Jahren im Unternehmen und bisher ohne jede Beanstandung – hatte seinen Vorgesetzten um ein Vier-Augen-Gespräch wegen eines Streits mit einer Kollegin gebeten. Nachdem es im Gespräch mit dem Vorgesetzen zu Streit und verbalen Übergriffen in Richtung des Mitarbeiters gekommen war, zeichnete der Mitarbeiter das weitere Gespräch mit dem Smartphone auf.  

Das erfuhr der Arbeitgeber kurz darauf und kündigte dem Mann fristlos. Immerhin sei der heimliche Gesprächsmitschnitt nach § 201 Strafgesetzbuch (StGB) strafbar. Aus Sicht des Arbeitgebers Grund genug für eine fristlose Kündigung.  

Das sah der Mitarbeiter anders und wehrte sich gegen die Kündigung mit einer Kündigungsschutzklage. Er hielt die Kündigung für unwirksam: sein Vorgesetzter habe ihn beleidigt und diskriminiert und ihm im Gespräch zu verstehen gegeben, dass ihm diese Vorfälle aber ohnehin niemand glauben würde. Er habe sich deswegen nicht anders zu helfen gewusst, als das weitere Gespräch heimlich aufzunehmen. Dass das eine Straftat sein kann, habe er nicht gewusst.

Fristlose Kündigung: in diesem Fall unwirksam

Und mit eben dieser Rechtsauffassung bekam der Mitarbeiter Recht. Das LAG teilte die Auffassung, dass in diesem Fall die fristlose Kündigung unwirksam sei, weil sie unverhältnismäßig war.  

Die Gründe dafür:

  • Die Pflichtverletzung war in diesem Fall nicht so schwerwiegend. Der Mitarbeiter konnte glaubhaft machen, dass er sich nicht anders zu helfen wusste, um die verbalen Übergriffe seines Vorgesetzten „beweisbar“ zu machen. Außerdem habe er spontan gehandelt und nicht von langer Hand geplant. Das würde seine Pflichtverletzung deutlich weniger schwerwiegend erscheinen lassen. Der Arbeitgeber bzw. der Vorgesetzte habe hier selbst den Grund für das Fehlverhalten des Mitarbeiters gesetzt.
  • Der Mitarbeiter wusste nicht, dass sein Verhalten strafbar war. Aber auch wenn er sich in einem sog. vermeidbaren Verbotsirrtum befunden hat, sei die strafrechtliche Einordnung hier nicht relevant.
  • Der Mitarbeiter arbeitet seit 17 Jahren beanstandungslos für den Arbeitgeber. Das sei bei der Beurteilung des Falls ebenfalls maßgeblich zu berücksichtigen.

Fristlose Kündigung kann unwirksam sein  

Grundsätzlich ist der heimliche Mitschnitt eines vertraulichen Gesprächs am Arbeitsplatz ein Grund für eine fristlose Kündigung. Das haben verschiedene Gerichte bereits bestätigt. Das Urteil zeigt aber: im Einzelfall kann das auch anders aussehen. Es kommt dann aber sehr genau auf die konkreten Umstände an.   

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