Gibt es Tricks beim Versorgungsausgleich?

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Auch wenn der Ausgleich der Rentenanwartschaften im Regelfall von Amts wegen unter der Aufsicht des Familiengerichts durchgeführt wird, sollten Sie ein wachsames Auge darauf haben, dass Ihr Ehepartner die dafür notwendigen Auskünfte korrekt erteilt. Da es um die Absicherung im Alter geht, kommt schnell die Frage auf, ob und wie der Versorgungsausgleich umgangen werden kann. In diesem Beitrag erfahren Sie, was bei der Aufteilung der Anwartschaften anlässlich der Scheidung zu beachten ist.

Worum geht es beim Versorgungsausgleich?

Beim Versorgungsausgleich werden die während der Ehezeit erworbenen Altersversorgungsanrechte der Ehepartner im Fall der Scheidung jeweils zur Hälfte zwischen den Ehepartnern aufgeteilt. Haben sowohl Sie selbst als auch Ihr Partner in der Ehe Versorgungsanrechte erworben, wird ausgeglichen: Einerseits geben Sie die Hälfte Ihrer Versorgungsanrechte an Ihren Ehepartner ab, andererseits erhalten Sie auch die Hälfte der Versorgungsanrechte Ihres Ehepartners. Es kommt nicht darauf an, ob die Versorgungsleistung bereits bezogen wird oder der Versorgungsfall erst bei Erreichen eines bestimmten Lebensalters eintreten wird.

Der Versorgungsausgleich beruht auf der Erwägung, dass der Erwerb der Versorgungsanwartschaften auf der gemeinsamen Lebensleistung beider Ehepartner beruht. Er wurde insbesondere geschaffen, um in Fällen, in denen ein Ehepartner beispielsweise aufgrund der Kindererziehung und Haushaltsführung keinen bzw. einen Teilzeit- oder Minijob ausübt und nur geringe oder überhaupt keine Anrechte erzielt, einen Ausgleich herbeizuführen.

Ablauf des Versorgungsausgleichs

So läuft der Versorgungsausgleich in der Regel ab:

  • Beantragen Sie oder der Ehepartner die Scheidung, erhalten Sie vom Familiengericht einen Fragebogen zum Versorgungsausgleich.
  • Diesen Fragebogen müssen Sie mit Ihren persönlichen Daten versehen und sämtliche während Ihrer Ehe erworbenen Anrechte auf eine Altersversorgung korrekt bezeichnen.
  • Dann ist der Fragebogen an das Familiengericht zurückzugeben.
  • Das Amtsgericht kontaktiert die jeweiligen Versorgungsträger und teilt diesen die Ehezeit mit.
  • Der Versorgungsträger berechnet dann die in der Ehezeit erworbenen Anrechte und informiert das Familiengericht über das Ergebnis der Berechnung.
  • Der hälftige Wert des jeweils erworbenen Anrechts ist dann zugunsten des anderen Ehepartners auf dessen Rentenkonto zu übertragen.

Kann auf den Versorgungsausgleich verzichtet werden?

Sie können auf den Versorgungsausgleich insoweit verzichten, als Sie durch eine notarielle Vereinbarung oder eine Vereinbarung im Ehescheidungsverfahren eine abweichende individuelle Regelung treffen. Umgehen lässt sich der Versorgungsausgleich also nicht, er lässt sich aber in gewissem Rahmen an Ihre Bedürfnisse anpassen oder gar ausschließen:

Beispielsweise lässt sich ein vollständiger Ausschluss des Versorgungsausgleichs vereinbaren. Dies erscheint angebracht, wenn Sie beide gleichermaßen gut verdienen oder so spät heiraten, dass Sie bereits ausreichende Versorgungsanwartschaften erworben haben.

Sie können auch vereinbaren, dass nur bestimmte Anrechte auszugleichen sind. Sie können auch die anstehende Vermögensteilung (Zugewinnausgleich) durch eine Vereinbarung in den Versorgungsausgleich einbeziehen. Denkbar wäre beispielsweise die Überlassung einer Immobilie für die Altersvorsorge.

Die Vereinbarung muss so gestaltet sein, dass dem Ehepartner im Hinblick auf seine gesamte wirtschaftliche Situation keine ehebedingten unangemessenen Nachteile entstehen. Damit ein Ehepartner nicht übervorteilt und der andere benachteiligt wird, prüft das Familiengericht, ob die Vereinbarung dem Ziel des Versorgungsausgleichs entspricht und einen gerechten Ausgleich zwischen den Ehepartnern ermöglicht. Ist dies nicht der Fall, ist die Vereinbarung meist unwirksam, mit der Folge, dass der Versorgungsausgleich von Amts wegen durchgeführt wird.

Auch soweit Sie keine derartigen individuellen Absprachen treffen, wird der Versorgungsausgleich von Amts wegen durchgeführt. Da der Versorgungsträger dann auf Veranlassung des Familiengerichts die Anrechte berechnet, scheinen Tricks scheinen insoweit ausgeschlossen.

Kann ein Ehepartner den Versorgungsausgleich verhindern?

Ungeachtet einer individuellen abweichenden Vereinbarung wird der Versorgungsausgleich in bestimmten Fällen nicht durchgeführt.

Kurze Ehezeit

Hat Ihre Ehe nur kurz bis etwa drei Jahre gedauert, findet grundsätzlich kein Versorgungsausgleich statt. Es bleibt Ihnen jedoch unbenommen, die Durchführung zu beantragen. Dann ist das Familiengericht verpflichtet, den Versorgungsausgleich vorzunehmen.

Kleine Anrechte oder geringer Ausgleich

Das Familiengericht kann vom Versorgungsausgleich absehen, wenn die auszugleichenden Rechte nur einen geringen Wert haben oder sich bei den auszugleichenden Anrechten gleicher Art nur ein geringer Wertunterschied ergibt.

Härteregelungen

In bestimmten Härtefällen kann das Familiengericht den Versorgungsausgleich ganz oder teilweise ausschließen. In Betracht kommt ein persönliches Fehlverhalten eines Ehepartners oder wenn ein Ehepartner seine Pflicht, zum Familienunterhalt beizutragen, grob verletzt hat (so OLG Düsseldorf, Urteil v. 18.7.2018, Az. 8 UF 221/17).

Problematik einer Versorgungsehe

Eine Versorgungsehe ist eine Ehe, die nur aus dem Grund geschlossen wird, um den Angehörigen für den Fall des Ablebens eines Ehepartners eine Hinterbliebenenvorsorge zu sichern. Waren Sie noch nicht ein Jahr lang verheiratet, besteht die Vermutung, dass eine solche Versorgungsehe geschlossen haben. Diese Vermutung können Sie widerlegen.

Die Rechtsprechung stellt darauf ab, dass der Versorgungsausgleich nur durchgeführt werden kann, wenn die Ehe mindestens ein Jahr vor dem Tod des Ehepartners geschlossen wurde oder der Ehepartner aufgrund eines Unfalls, Verbrechens oder aufgrund einer bislang unbekannten tödlich verlaufenden Krankheit verstorben ist (so Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 15.12.2017, Az. L 5 R 51/17).

Tricks zur Bestimmung der Ehezeit

Ausgleichspflichtig sind alle während der Ehezeit erworbenen Anrechte auf Altersversorgung. Die Ehezeit ist im Versorgungsausgleichsgesetz definiert. Die Ehezeit beginnt mit dem Tag der Eheschließung und endet am letzten Tag des Monats vor der Zustellung des Scheidungsantrags an den Ehepartner durch das Familiengericht (§ 3 VersAusglG). Das heißt, dass auch die während der Trennungszeit erworbenen Rentenanwartschaften in den Versorgungsausgleich fallen.

Bezieht der Ehepartner ein hohes Einkommen, während Sie weniger verdienen, könnte Ihr „Trick“ darin bestehen, dass Sie Ihren Scheidungsantrag hinauszögern. Dann profitieren Sie davon, dass der Ehepartner weiterhin Beiträge zur Rentenversicherung oder sonstigen Altersversorgung leistet.

Allerdings kann es bei ungewöhnlich langer Trennungszeit gerechtfertigt sein, den Versorgungsausgleich auf den Zeitraum von der Eheschließung bis zur Trennung zu beschränken, eben weil der ausgleichspflichtige Ehepartner dadurch einen nicht unerheblichen Teil seiner Rentenanwartschaften verlieren würde (BGH, Beschluss vom 29.3.2006, Az. XII ZB 2/02).

Tricks beim Versicherungsverlauf

Die Höhe der Rentenanwartschaften und damit der späteren Altersversorgung hängt vom Versicherungsverlauf des rentenversicherungspflichtigen Ehepartners ab. Jede versicherungsrelevante Zeit sollte daher im Rentenversicherungskonto bei der Deutschen Rentenversicherung registriert sein.

Vielfach ist es so, dass beispielsweise Berufsausbildungszeiten oder Mutterschutzzeiten nicht erfasst sind. Dies führt dazu, dass diese Zeiten beim Versorgungsausgleich keinen Niederschlag finden und insoweit auch zum Nachteil des ausgleichsberechtigten Ehepartners führen.

Letztlich schneidet sich der ausgleichspflichtige Ehepartner aber ins eigene Fleisch, wenn er versicherungsrelevante Zeiten nicht meldet und die eigenen Rentenanwartschaften insoweit mindert. Im Eigeninteresse sollten die Ehepartner nicht zuletzt aus Anlass der Scheidung einen Antrag auf Kontenklärung stellen und abklären, dass alle versicherungsrelevanten Zeiten bei der Deutschen Rentenversicherung tatsächlich erfasst sind.

Was ist, wenn Ehepartner Anwartschaften vergessen oder verheimlichen?

Im Fragebogen, den Sie zur Durchführung des Versorgungsausgleichs ausfüllen, sind Sie verpflichtet, nach bestem Wissen und Gewissen wahrheitsgemäße Angaben zu machen. Was passiert aber, wenn falsche Angaben gemacht werden?

Das Versorgungsausgleichsgesetz regelt in § 51, dass Entscheidungen, die das Familiengericht aus Anlass der Scheidung über den Versorgungsausgleich getroffen hat, im Regelfall nachträglich nicht mehr abzuändern sind und zwar auch dann nicht,

  • wenn Anrechte nicht berücksichtigt wurden,
  • vergessen
  • oder verschwiegen worden sind.

Der Bundesgerichtshof hat die gesetzliche Regelung in mehreren Fällen angewendet. In einem Fall hatte das Familiengericht nur Anwartschaften der Ehepartner bei der Deutschen Rentenversicherung berücksichtigt. Nachträglich stellte sich heraus, dass der Ehemann auch Versorgungsanrechte bei der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes erworben hatte (BGH, Beschluss vom 24.7.2013, Az. XII ZB 340/11). Der BGH befürwortete einen weiten Umfang der Rechtskraft der Ausgangsentscheidung. Bei der Scheidung werde abschließend über alle dem Versorgungsausgleich unterliegenden Anrechte entschieden. Nur für ältere Fälle, die vor dem 1.9.2009 entschieden wurden, komme in Ausnahmefällen unter engen Voraussetzungen eine Korrektur in Betracht. Ansonsten bleiben Entscheidungen zur Durchführung des Versorgungsausgleichs bestehen. Grund dürfte mithin sein, dass es nachträglich immer schwierig ist, derartige Anrechte zu erfassen und neu zu berechnen. Aus Gründen der Rechtssicherheit sollen Entscheidung der Familiengerichte daher eine abschließende Regelung darstellen.

Eine schwierige Frage ergibt sich dann, wenn dem Ehepartner betrügerisches Verhalten zu unterstellen ist. Hat ein Ehepartner in Kenntnis seiner Anrechte bewusst und vorsätzlich fehlerhafte Angaben gemacht, könnte sich daraus der Vorwurf des Verdachts des Prozessbetruges begründen lassen. Voraussetzung ist, dass sich der Vorwurf nachhaltig beweisen lässt und der dem anderen Ehepartner entstehende Schaden so schwerwiegend ist, dass das verwerfliche Verhalten auch strafrechtlich relevant ist.

Tricks bei der internen Teilung

Die gerechte Teilung der Rentenanwartschaften soll dem ausgleichsberechtigten Ehepartner eine gleichwertige Teilhabe ermöglichen. Nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe liegt eine solche gleichwertige Teilhabe nicht vor, wenn bei einer internen Teilung einer fondsgebundenen Rentenversicherung lediglich ein Anrecht in Gestalt einer konventionellen Rentenversicherung begründet werden soll (OLG Karlsruhe, FamRZ 2022, 951).

Kündigung eines Rentenversicherungsvertrages

Kündigt ein Ehepartner einen Rentenversicherungsvertrag, damit die Anrechte beim Versorgungsausgleich nicht berücksichtigt werden, können die auszugleichenden Anrechte des anderen Ehepartners um die Höhe des Kapitalwerts der Versicherung gekürzt werden (Oberlandesgericht Nürnberg, Beschluss vom 20.4.2011, Az. 1o UF 36/11).

Bei der Scheidung eines Ehepaares wurde in dem Fall eine private Rentenversicherung der Ehefrau in den Versorgungsausgleich einbezogen. Die Frau kündigte die Rentenversicherung, mit der Absicht, die Versicherung dem Versorgungsausgleich zu entziehen. Das Gericht stellte fest, dass die Frau nach wie vor das Recht habe, die Versicherung zu kündigen, mit der Konsequenz, dass die Rentenversicherung Versorgungsausgleich keine Berücksichtigung findet, eben weil der Ehefrau keine auszugleichenden Anrechte mehr zustehen. Daran ändere auch nicht der Umstand, dass die Frau den Vertrag treuwidrig gekündigt habe.

Allerdings begründe das Verhalten der Frau wegen grober Unbilligkeit eine Beschränkung des Versorgungsausgleichs (§ 27 VersAusglG). Die vom Ausgleich auf Seiten des Ehemanns vorhandenen Anrechte aus der gesetzlichen Rentenversicherung seien in einem dem Kapitalwert der privaten Rentenversicherung entsprechenden Umfang zu kürzen.

Tricks bei der Ausübung des Kapitalwahlrechts beim Versorgungsausgleich

Bei Rentenversicherungen besteht oft ein Kapitalwahlrecht. Dies bedeutet, dass der Versicherungsnehmer wählen kann,

  • ob er die Versicherung bei Fälligkeit sich monatlichen Raten als Rente
  • oder ob er sich die Versicherungssumme in einer Summe auszahlen lässt.

Daher unterfällt eine Rentenversicherung mit Kapitalwahlrecht nur dann dem Versorgungsausgleich, wenn der Versicherungsnehmer bis zur gerichtlichen Entscheidung über den Versorgungsausgleich von der Wahlmöglichkeit keinen Gebrauch macht.

Entzieht nun ein Ehepartner ein solches Anrecht durch Ausübung des Kapitalwahlrecht dem Versorgungsausgleich, ist das erworbene Anrecht nicht mehr auf den Bezug einer Rente gerichtet und unterfalle deshalb nicht mehr dem Versorgungsausgleich. Daher könne in demselben Umfang der Ausgleich der von dem anderen Ehepartner erworbenen Anrechte beschränkt werden, wenn der Entzug nicht dadurch kompensiert werden kann, dass der andere Ehepartner über ein anderes Ausgleichssystem an dem Vermögenswert teilhat (BGH, Beschluss v. 1.4.2015, Az. XII ZB 701/13).

Fazit

Der Versorgungsausgleich ist ein komplexes System. Nicht zuletzt deshalb, weil der Gesetzgeber versucht, die Versorgungsanwartschaften beider Ehepartner als deren gemeinsame Lebensleistung während der Ehezeit angemessen und möglichst gerecht aufzuteilen. Es empfiehlt sich, dass Sie sich im Hinblick auf den anstehenden Versorgungsausgleich bei Ihrer Scheidung frühzeitig anwaltlich beraten lassen.

Foto(s): iurFRIEND

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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