Gilt die tarifliche Ausschlussfrist im öffentlichen Dienst auch für Ansprüche des Arbeitgebers?

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Mit der Beantwortung dieser Frage hatte sich (im Unterschied zu einer Erklärung zum Verzicht auf die Erhebung der Einrede der Verjährung) das Landesarbeitsgericht Köln im Urteil vom 9.1.2020 zu beschäftigen.

Streitgegenständlich ging es um den von der Bundesstadt Bonn gegen einen früheren leitenden Angestellten einer unselbstständigen städtischen Immobiliengesellschaft eingeklagten Schadensersatzanspruch (Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 09. Januar 2020 – 8 Sa 787/18 –, juris; s. a. Fischer, jurisPR-ArbR 21/2020 Anm. 4).

Dem früheren Angestellten wurde vorgeworfen, seine Verpflichtungen i. R. d. Überwachung der Projektabwicklung zur Errichtung des „World Conference Center Bonn (WCCB)“ grob fahrlässig verletzt zu haben (a. a. O.). Die Klägerin forderte von einem angeblichen Schaden i. H. v. 70.000.000 Euro von ihrem (vormals) privatrechtlich Bediensteten den „symbolischen Betrag“ von 500.000 Euro (a. a. O.).

Im Arbeitsvertrag war u.a. die Anwendung des BAT und der diesen ersetzenden Tarifverträge und damit auch § 37 TVöD-V, der eine 6-monatige einstufige Ausschlussfrist für Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis vorsieht, vereinbart worden (a. a. O.).

Im Nachgang an eine Arbeitgeberkündigung durch die Klägerin einigten sich die Parteien vergleichsweise auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses (a. a. O.). Dabei verzichtete der Beklagte erstmals auf die Erhebung der Einrede der Verjährung bezüglich etwaiger Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit dem o. g. Projekt (a. a. O.).

Anderthalb Jahre nachdem sich die Klägerin mit der in die Projektentwicklung zum „WCCB“ einbezogenen Sparkasse geeinigt hatte, an diese Schadensersatz i. H. v. 70 Mio. Euro zu zahlen, machte sie gegenüber dem Beklagten diesen Betrag als Schadensersatz geltend, von dem sie vor dem Arbeitsgericht einen Teilbetrag in Höhe von 500.000 Euro einklagte (a. a. O.).

Das LArbG Köln hat die Klageabweisung durch das Arbeitsgericht bestätigt und hat auch die Revision zum Bundesarbeitsgericht nicht zugelassen (a. a. O.).

Nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts hat die Klägerin keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Schadensersatz in Höhe von 500.000 Euro, weil der geltend gemachte Anspruch bereits nach § 37 TVöD-V verfallen sei (a. a. O.). Darüber hinaus fehle es an einer (für die Arbeitnehmerhaftung erforderlichen) grob fahrlässigen Pflichtverletzung des Beklagten (a. a. O.). Ebenso bestünden schon Zweifel, ob der Klägerin überhaupt ein Schaden entstanden sei (a. a. O.). Darüber hinaus blieb unklar, ob die behauptete Pflichtverletzung des Beklagten den geltend gemachten Schaden verursacht habe (a. a. O.).

Der Streitfall belegt die praktische Bedeutung derartiger Ausschlussfristen (u. a. im öffentlichen Dienst; s. dort insbesondere § 37 TVöD sowie § 37 TV-L). Häufig ist es der Arbeitgeber, der sich auf die „Vorzüge“ einer arbeitsvertraglich vereinbarten tariflichen Verfallfrist (z. B. bei Ansprüchen auf rückwirkend höhere Vergütung wegen nicht tarifgerechter Eingruppierung bzw. sonstigen Ansprüchen aus dem Arbeitsvertrag) beruft. Im vorliegenden Fall wird deutlich, dass derartige tarifliche (bzw. auch vertragliche) Verfallfristen natürlich ebenso für den Arbeitgeber gelten.

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