Grauer Kapitalmarkt vs. Zahlungsausfälle Anleger – Entscheidung des BFH über anzuerkennende Verluste

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Worum geht es?

Immer wieder beschäftigt uns das Ungleichgewicht des grauen Kapitalmarktes zwischen Anlegern und Emittenten einerseits und, wenn Verluste eintreten, zwischen dem Anleger als Steuerpflichtigen und dem Fiskus andererseits. Dieses gilt durchgehend für eine Beteiligung als atypisch stiller Gesellschafter, Orderschuldverschreibungsgläubiger, Gläubiger von Genussrechten u. a.

In dem Fall, den der BFH zu entscheiden hatte, hat der Kläger/Steuerpflichtige ein Darlehen gewährt, welches mit 5 % zu verzinsen war. Der Darlehensnehmer leistete ein Jahr nach Gewährung des Darlehens nicht mehr die gewährten Rückzahlungen. Über das Vermögen des Darlehensnehmers wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Darlehensgeber/steuerpflichtige Kläger meldete die noch offene Darlehensforderung zur Insolvenztabelle an.

Im Rahmen der Einkommensteuererklärung machte der Kläger den Ausfall der Darlehensforderung als Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen geltend. Das Finanzamt setzte die Einkommensteuer fest, jedoch ohne Berücksichtigung des Verlustes. Der Kläger erhob Klage, in letzter Instanz entschied der Bundesfinanzhof zugunsten des Klägers/Anlegers.

Bei Besteuerung von Erträgen müssen auch Verluste festgestellt werden können

Mit der Einführung der Abgeltungssteuer sollte eine vollständige steuerrechtliche Erfassung aller Wertveränderungen im Zusammenhang mit Kapitalanlagen erfolgen. Der Gesetzgeber hat dafür die traditionelle Trennung von Vermögens- und Ertragsebene für die Einkünfte aus Kapitalvermögen aufgegeben. Ausdrücklich ist dieses in der Übergangsvorschrift des § 52 a Abs. 10 EStG niedergelegt.

Danach liegen Kapitalforderungen im Sinne des § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EStG, in der am 31.12.2008 anzuwendenden Fassung, künftig auch dann vor, wenn eine Trennung zwischen Ertrags- und Vermögensebene möglich erscheint.

Nach Auffassung des BFH ist Folge dieses Paradigmenwechsels, dass nach Einführung der Abgeltungssteuer der endgültige Ausfall einer Kapitalforderung im Sinne von § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG zu einem gemäß 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 7 S. 2 Abs. 4 EStG steuerlich zu berücksichtigenden Verlust führt. Insoweit ist eine Rückzahlung der Kapitalforderung, die ohne Berücksichtigung der gesondert erfassten Zinszahlungen unter dem Nennwert des hingegebenen Darlehens bleibt, dem Verlust bei der Veräußerung der Forderung gleichzustellen. Dieses setzt voraus, dass endgültig feststeht, dass keine weiteren Rückzahlungen mehr erfolgen werden.

Der BFH hat folglich die Rückzahlung von privaten Darlehensforderungen gleichgestellt mit der Veräußerung der Forderung. Aus der Gleichstellung der Rückzahlung mit dem Tatbestand der Veräußerung einer Kapitalforderung im Sinne des § 20 Abs. 2 S. 2 EStG EStG folgt jedoch, dass auch eine endgültig ausbleibende Rückzahlung zu einem Verlust im Sinne des § 20 Abs. 4 S. 1 EStG führen kann.

Dieses folgt auch im Umkehrschluss daraus, dass die Rückzahlung einer Kapitalforderung über dem Nennwert zu einem Gewinn führt, der versteuert werden muss. Folglich ist eine Rückzahlung unter dem Nennwert ein steuerlich zu berücksichtigender Verlust.

Was ist zu beachten?

Die Voraussetzung der Anerkennung als steuerbarer Verlust liegt erst dann vor, wenn endgültig feststeht, dass über bereits gezahlte Beträge hinaus, keine weiteren Rückzahlungen mehr erfolgen werden.

Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners soll nach dem BFH hierfür nicht ausreichen, da im Rahmen eines Insolvenzverfahrens mit einer Quote gerechnet werden kann. Etwas anderes soll jedoch dann gelten, wenn die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt worden ist oder aus anderen Gründen feststeht, dass keine Rückzahlung mehr zu erwarten ist. Dann ist der Tatbestand erfüllt und ein steuerbarer Verlust liegt vor.

Die Höhe des Rückzahlungsverlustes errechnet sich aus der Differenz zwischen den Einnahmen aus den Rückzahlungen nach Abzug der Aufwendungen, die im unmittelbaren sachlichen Zusammenhang mit dem Ausfall der Forderung stehen, und den Anschaffungskosten.

Es bleibt abzuwarten, welche Auswirkungen diese Rechtsprechung auf größere Schadensfälle, wie beispielsweise Infinus haben wird.

Weiterhin wird sicher im Einzelfall jeweils zu klären sein, bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens, inwieweit überhaupt mit einer Quote gerechnet werden kann und in welcher Höhe. So ist beispielsweise im Schadensfall Infinus durch den Insolvenzverwalter keine höhere Quotenzahlung als 30 % angezeigt, sodass bereits heute zu prüfen wäre, ob die Kapitalforderungen nicht bereits heute als zu berücksichtigender Verlust im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung zu berücksichtigen sind.

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Anwaltskanzlei BONTSCHEV

Fachanwältin für Steuerrecht / Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht


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