Haftung von Arbeitnehmern – wann darf der Arbeitgeber zur Kasse bitten?

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Kommt es im Rahmen der Tätigkeit des Arbeitnehmers zu Pflichtverletzungen aus denen Schäden resultieren, schließt sich die Frage der Haftung an. Bei Arbeiten, die durch den Betrieb veranlasst sind, ist zu klären, ob und in welchem Umfang der Arbeitnehmer haften muss.

Grundsatz

Wer einen Schaden verursacht, muss dafür aufkommen. Dieser Grundsatz gilt prinzipiell auch im Arbeitsverhältnis.

Der Arbeitgeber hat ein großes Interesse daran, dass der Arbeitnehmer im Falle eines Schadens in möglichst großem Umfang haftet, während der Arbeitnehmer oft finanziell nicht in der Lage sein wird, größere Schäden selbst zu begleichen. Häufig ist der entstandene Schaden bereits so groß, dass er in keinem Verhältnis zum Lohn steht. In der Gesamtschau wird offenbar, dass der Arbeitnehmer in seiner Position weisungsabhängig tätig ist und wenig Einfluss auf innerbetriebliche Arbeitsabläufe hat. Der Arbeitgeber hingegen kann das Schadensrisiko in seinem Betrieb besser einschätzen und Vorkehrungen treffen, um Schäden zu verhindern. Zugleich überträgt der Arbeitgeber häufig die mit der Arbeit verbundenen Risiken durch die Tätigkeitsausübung auf den Arbeitnehmer. Die Folge ist ein Ungleichgewicht der Risikoübernahme. Die Arbeitsgerichte reagieren darauf, indem sie der Haftung von Arbeitnehmern Grenzen setzen. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) stützt sich dabei auf eine analoge Anwendung des § 254 BGB.

Wonach richtet sich die Haftung?

Verursachen Arbeitnehmer bei ihrer betrieblichen Tätigkeit einen Schaden, richtet sich ihre Haftung nach dem Grad des Verschuldens. 

Hat ein Arbeitnehmer einen Schaden vorsätzlich verursacht, haftet er in vollem Umfang und muss den gesamten Schaden begleichen.

Dies gilt ebenso, wenn der Arbeitnehmer einen Schaden grob fahrlässig verursacht hat. Grobe Fahrlässigkeit ist u. a. definiert als die Außerachtlassung vollkommen selbstverständlicher Vorsichtsmaßnahmen oder Sorgfaltsregeln. Regelmäßig wird zum Beispiel von grober Fahrlässigkeit ausgegangen, wenn Schäden unter Alkoholeinfluss verursacht werden. Als weiteres Beispiel für grobe Fahrlässigkeit kann etwa die Benutzung eines Smartphones, während man eine Maschine bedient oder einen LKW steuert, dienen.

Es sind jedoch ausnahmsweise Haftungseinschränkungen möglich. Eine Haftungsbegrenzung durch Begrenzung der Schadenssumme kommt in Betracht, wenn der Verdienst des Arbeitnehmers in einem deutlichen Missverhältnis zum verwirklichten Schadensrisiko steht. Ein solches Missverhältnis besteht regelmäßig nicht, wenn der Schaden die Höhe eines Bruttomonatsverdienstes des Arbeitnehmers nicht erheblich übersteigt.

Der in der Praxis häufigste Fall ist die mittlere Fahrlässigkeit, die als Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt einzuordnen ist. Verursacht der Arbeitnehmer fahrlässig einen Schaden, haftet er nur anteilig. Ob und in welchem Umfang er zum Ersatz verpflichtet ist, richtet sich nach einer Abwägung der Gesamtumstände. Insbesondere Schadensanlass und Schadensfolgen werden von den Gerichten nach Billigkeits- und Zumutbarkeitsgesichtspunkten bewertet. Des Weiteren ist auf den Grad des dem Arbeitnehmer zur Last fallenden Verschuldens, die Gefahrgeneigtheit der Arbeit, die Höhe des Schadens, die Versicherbarkeit des Risikos, die Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb und die Höhe seines Arbeitsentgelts zu achten. Auch persönliche Umstände des Arbeitnehmers, wie etwa die Dauer der Betriebszugehörigkeit, sein Lebensalter, seine Familienverhältnisse sowie sein bisheriges Verhalten im Betrieb, sind zu gewichten.

Kommt der Schaden durch sehr leichte Fahrlässigkeit zustande, haftet der Arbeitnehmer gar nicht und der Arbeitgeber muss für den Schaden eintreten. Hiervon wäre wohl beispielsweise auszugehen, wenn einem überlasteten Arbeitnehmer in einer Stresssituation etwas herunterfällt. Sie gilt als Ausnahmefall und ist das Gegenstück zur groben Fahrlässigkeit.

Wann haftet der Arbeitnehmer für Schäden eines Kollegen?

Gem. § 105 Abs. 1 SGB VII haftet der Arbeitnehmer für Personenschäden eines Kollegen grundsätzlich nicht, da in diesem Fall die gesetzliche Unfallversicherung eintritt. Ausnahmen davon bilden vorsätzlich verursachte Schäden und Wegeunfälle.

Etwas anderes gilt, wenn einem Kollegen ein Sachschaden zugefügt wird. In diesen Fällen haftet der Verursacher, so er nicht vom Arbeitgeber verlangen kann, von der Haftung freigestellt zu werden. Ein derartiger Freistellungsanspruch besteht allerdings nur, wenn der Arbeitnehmer den Schaden bei einer betrieblich veranlassten Tätigkeit und weder grob fahrlässig noch vorsätzlich verursacht hat. Dabei sind die bereits erläuterten Abstufungen des Verschuldens maßgeblich. Der Arbeitgeber muss jedoch nur dann zahlen, wenn er dazu in der Lage ist. Falls der Schaden die finanziellen Möglichkeiten des Arbeitgebers übersteigt, muss er den Arbeitnehmer nicht freistellen.

Wenn Sie als Schadensverursacher mit Haftungsfragen konfrontiert sind, empfiehlt sich eine anwaltliche Beratung. Wie hoch der Anteil der Schadenssumme ist, den Sie tragen müssen, ist stets einzelfallabhängig und keineswegs immer eindeutig. Unter Umständen kann Ihre Haftung mit einer guten Argumentation gemindert werden.

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*Aus Gründen besserer Lesbarkeit wurde im Text die männliche Form gewählt, nichtsdestoweniger beziehen sich die Angaben auf Angehörige aller Geschlechter


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