Handel von Wertpapieren, Anleihen, Fonds und ETF über die Börse – was ist eigentlich „die Börse“?

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Exchange Traded Funds (ETF) gewinnen vor dem Hintergrund der aktuellen Zinsentwicklung als Vehikel der langfristigen Geldanlage und Altersvorsorge zu Recht immer mehr an Bedeutung. ETF sind börsengehandelte Indexfonds und damit eine Spielart von Investmentfonds.

1. Ausgangslage und aktueller Bezug der Thematik

Bei herkömmlichen, aktiv gemanagten Fonds entscheidet ein Fondsmanager, in welche Wertpapiere er investiert. Es wird versucht, eine dauerhafte sog. „Outperformance“ gegenüber einem Vergleichsindex (etwa dem DAX, S&P 500 oder dem MSCI World) zu erreichen.

Viele wissenschaftliche Studien zeigen aber, dass das bei der gebotenen langfristigen Betrachtung und Einbeziehung aller Kosten schlicht nicht funktioniert (vgl. sehr überzeugend: Kommer, Souverän investieren mit Indexfonds & ETF, 5. Auflage 2018, S. 116 ff. m. w. N.). Sie als Privatanleger schneiden also mit „aktiven Investmentstrategien“ langfristig (!) finanziell in aller Regel schlechter ab, als wenn Sie passiv mit einem ETF auf einen markbreit gestreuten Index auf die allgemeine Entwicklung des Marktes setzen (vgl. auch Stiftung Warentest, Anlegen mit ETF, 4. Nachdruck 2018, S. 35 ff).

Temporäre Abschwünge der Aktienmärkte - wie derzeit aufgrund des „Coronavirus“ - ändern M.E. an diesem Befund übrigens nichts, da es auf eine langfristige Perspektive (im Optimalfall mehrere Jahrzehnte) ankommt, die beim Investieren in Wertpapiere, insbesondere für die Altersvorsorge, neben einer breiten Diversifizierung das „A und O“ ist.

Hinzu kommt: Nicht jeder hat – wenn er ehrlich zu sich selbst ist – die Fähigkeiten eines Warren Buffet. Selbst Buffet soll übrigens in seinem Testament zu der Verwendung seines exorbitanten Vermögens gerichtet an seine Frau verfügt haben: „Lege 10 % in kurzfristige Staatsanleihen und 90 % in einen sehr kostengünstigen S&P-500-Indexfonds (Ich empfehle Vanguard.)“.

Wertpapiere wie ETF können über den außerbehördlichen Direkthandel, und – wie der Name sagt – über die „Börse“ gehandelt werden.

2. Doch was ist „die Börse“ eigentlich?

Zunächst: Es gibt nicht nur „die Börse“ in Deutschland, sondern mehrere. Neben der bekanntesten Börse in Frankfurt gibt es noch folgende deutsche Börsen (Börse Berlin; Börse Düsseldorf; Hamburger Börse bzw. Börsen Hamburg-Hannover; Börse München; Börse Stuttgart; Tradegate Exchange, Berlin; European Energy Exchange, Leipzig; Eurex Frankfurt).

Unter der „Börse“ kann man zum einen die „Marktveranstaltung“ verstehen, zum anderen das verantwortliche Rechtssubjekt für die Durchführung des Börsenhandels.

a) Die Börse ist eine Marktveranstaltung.

Die Marktveranstaltung als solche, in deren Rahmen sich der Wertpapierhandel zwischen den Handelsteilnehmern vollzieht, d. h., die Zusammenführung von Angebot und Nachfrage wird von den Börsen betrieben. Ein Beispiel ist „Xetra“ als ein börslicher Handelsplatz der Frankfurter Wertpapierbörse (vgl. Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, 10. Auflage 2019 Rn. 111).

b) Die Börse ist eine teilrechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts.

Bei genauer Betrachtung zeigt sich, dass man sich bei der Beantwortung der Frage systematisch (auch) auf dem Gebiet des öffentlichen Wirtschaftsrechts bzw. der Wirtschaftsregulierung bewegt.

Gemäß § 2 Abs. 1 Börsengesetz – BörsG sind Börsen teilrechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts, die Systeme regeln und überwachen, welche die Interessen einer Vielzahl von Personen am Kauf und Verkauf von dort zum Handel zugelassenen Wirtschaftsgütern zusammenbringen, die zu einem Vertrag über den Kauf dieser Handelsobjekte führt. 

Gemäß § 2 Abs. 2 BörsG wird weiter differenziert: Wertpapierbörsen sind Börsen, an denen Wertpapiere und sich hierauf beziehende Derivate im Sinne des § 2 Abs. 3 des Wertpapierhandelsgesetzes – WpHG gehandelt werden. An Wertpapierbörsen können auch andere Finanzinstrumente im Sinne des § 2 Abs. 4 des WpHG und Edelmetalle gehandelt werden.

Die Organe der Börse sind (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 2 BörsG):

  • Börsenrat,
  • Börsengeschäftsführung,
  • Sanktionsausschuss,
  • Handelsüberwachungsstelle

Praxisrelevant und von überragender Bedeutung ist vor allem die Handelsüberwachungsstelle (vgl. Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, 10. Auflage 2019 Rn. 113, 1248-1252).

3. Rechtliche Konsequenzen

Welche Vorteile kann der Handel von Wertpapieren über die Börse haben?

Der Börsenhandel unterliegt einer engmaschigen staatlichen Aufsicht bzw. Regulierung. Die zuständige oberste Landesbehörde („Börsenaufsichtsbehörde“: für die Börse Stuttgart etwa das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg) übt gemäß § 3 Abs. 1 BörsG die Börsenaufsicht aus. Ihrer Aufsicht unterliegen insbesondere die o. g. Börsenorgane sowie der Börsenträger, die Einrichtungen, die sich auf den Börsenverkehr einschließlich der nach § 5 Abs. 3 ausgelagerten Bereiche beziehen, und der Freiverkehr. 

Die Aufsicht erstreckt sich auf die Einhaltung der börsenrechtlichen Vorschriften und Anordnungen, die ordnungsmäßige Durchführung des Handels an der Börse sowie die ordnungsmäßige Erfüllung der Börsengeschäfte (Börsengeschäftsabwicklung).

Jede Börse hat unter Beachtung von Maßgaben der Börsenaufsichtsbehörde die o. g. „Handelsüberwachungsstelle“ als Börsenorgan einzurichten und zu betreiben, die den Handel an der Börse und die Börsengeschäftsabwicklung überwacht (§ 7 Abs. 1 BörsG). Die „Handelsüberwachungsstelle – kurz HÜSt – mit direktem Kontakt zum Markt überwacht die Preisfeststellungen und sorgt so für einen ordnungsgemäßen Handel.

4. Praxistipp

Haben Sie als Privatanleger Fragen zur Ausführung im Handel, insbesondere aber bei einem Verdacht auf Unregelmäßigkeiten bei der Preisfeststellung und beim Börsenhandel, können sie sich telefonisch oder per E-Mail an die Handelsüberwachungsstelle der jeweiligen Börse wenden. Die jeweiligen Kontaktdaten sind unter dem Stichwort „Handelsüberwachungsstelle“ auf der Homepage der jeweiligen Börse zu finden.



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