Hanfbars – alles Hanf, oder was?

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Für bundesweites Aufsehen sorgte Mitte des Jahres eine Razzia der Polizei auf Anordnung der Staatsanwaltschaft in einer „Hanfbar“ in Braunschweig.

Der Grund: Es hatte Hinweise gegeben, dass in dem am selben Tag eröffneten Laden unerlaubt Betäubungsmittel verkauft würden. Bei der Aktion wurden rund 200 sogenannter Verkaufseinheiten mit Hanfblütentee beschlagnahmt und zur Analyse an das Landeskriminalamt (LKA) übergeben – dazu wird gegen den Inhaber wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) ermittelt.

Seit langem gibt es große Kontroversen in Deutschland, wenn es um die Legalisierung von Cannabis geht.

Abseits von allen erdenklichen Pro- und Contra-Argumenten ist das Thema auch längst in der Politik angekommen. So fordern etwa FDP und die Grünen mittlerweile offen eine Legalisierung. Die Rechtslage ist weitestgehend eindeutig: In Deutschland gehören „Pflanzen und Pflanzenteile der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“ und „Haschisch, das abgesonderte Harz der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“ sowie verschiedene Tetrahydrocannabinole zu den nicht verkehrsfähigen Stoffen. Ohne Ausnahmegenehmigungen sind deshalb Anbau, Herstellung, Handel, Einfuhr, Ausfuhr, Abgabe, Veräußerung, sonstige Inverkehrbringung, Erwerb und Besitz nach dem BtMG strafbar. Der Konsum ist dagegen nicht strafbar, er gilt rechtlich als straffreie Selbstschädigung. Es kann aber zu Problemen mit der Fahrerlaubnis kommen, wenn unter dem Einfluss von Cannabis ein Kraftfahrzeug geführt wird.

Grundsätzlich erlaubt ist in Deutschland dagegen Nutzhanf.

Dieser umfasst alle Sorten des Hanfes, die zur kommerziellen Nutzung angebaut werden – abseits von seiner Verwendung als Rauschmittel oder Arzneimittel. Nutzhanf wird vor allem zur Gewinnung von Hanffasern angebaut. Weitere genutzte Produkte sind Hanfschäben, Hanfsamen (zur Gewinnung von Hanföl) und Hanfblüten und -blätter (zur Herstellung von ätherischem Hanföl). Aber: Privatpersonen dürfen in Deutschland keinen Nutzhanf anbauen – egal, wie niedrig der THC-Gehalt ist.

Die aktuelle Gesetzeslage weist jedoch auch Lücken auf und bietet Interpretationsspielraum.

Genau in diesem schwierigen Themenfeld bewegen sich auch die sogenannten „Hanfbars“. Vorweg: Wer sich unter diesen Geschäften einen deutschen Ableger der niederländischen „Coffeeshops“ vorstellt, der irrt. Vielmehr werden in den Bars Schokolade, Hanfcreme, Teemischungen, Hanftropfen und Hanfblütentee verkauft. Letzterer ist der Grund für die Razzia und Zankapfel zwischen den Betreibern und den Ermittlungsbehörden.

Während die Betreiber von Hanfbars argumentieren, dass ihr aus getrockneten Blüten und Blättern bestehender Hanftee einen THC-Gehalt unterhalb des gesetzlichen Limits aufweist und damit doch erlaubt sein müsste, entgegnen die Strafverfolgungsbehörden, dass es erst einmal unerheblich ist, ob der Tee einen Rausch auslösen kann oder nicht. Entscheidend sei, ob es sich um verarbeiteten Nutzhanf handelt – wie etwa bei Öl, Cremes, Getränken oder Kleidung.

Ausgangspunkt ist eine bereits zuvor erwähnte BtMG-Ausnahmeregelung, die den Verkehr von Nutzhanf regelt und voraussetzt, dass es einen gewerblichen oder wissenschaftlichen Zweck geben muss und ein Missbrauch zu Rauschzwecken ausgeschlossen werden kann. Weiter ist erforderlich, dass beide Seiten gewerblich handeln. Genau hier liegt jedoch ein Problem: Denn die Hanfbar-Betreiber verkaufen ihren Tee an private Endverbraucher. Unstrittig ist, dass der TCH-Gehalt der beschlagnahmten Pflanzenteile nicht im bedenklichen Bereich liegt – nach Angaben der Hanfbar-Betreiber liegt dieser unter 0,2 Prozent. Die Betreiber schließen daraus, anders als die Staatsanwaltschaft, dass Blüten, Stängel und Blätter an den Endkunden verkauft werden dürfen, wenn sie entweder aus zertifiziertem Anbau stammen oder einen THC-Gehalt von unter 0,2 Prozent haben. Zudem sei die Behauptung, dass unverarbeiteter Hanf automatisch illegal sei, nicht haltbar.

Festzuhalten bleibt in dieser Hinsicht zunächst einmal, dass die Rechtsprechung diese Ansicht nicht teilt.

So entschied etwa Oberlandesgericht Hamm mit Urteil vom 21.06.2016 – 4 RVs 51/16 – im Sinne der Staatsanwaltschaft Braunschweig und hob einen vorherigen Freispruch auf. In der Tat bleibt aber festzuhalten, dass die Rechtsprechung auf diesem Gebiet dünn ist – allerdings wurden Urteile zugunsten Hanfbar-Betreibern von den Oberlandesgerichten meines Wissens nach stets kassiert. Eine Tendenz ist also zweifelsohne zu erkennen.

Wie immer lohnt sich ein Blick ins Gesetz.

So regelt das BtMG eine Ausnahme vom Handels-, Besitz- und Erwerbsverbot in Bezug auf Cannabis. Und zwar dann, wenn das Cannabis aus dem Anbau in Ländern der Europäischen Union mit zertifiziertem Saatgut von bestimmten reglementierten Sorten stammt oder der Gehalt an Tetrahydrocannabinol 0,2 Prozent nicht übersteigt und der diesbezügliche Verkehr (ausgenommen der Anbau) ausschließlich gewerblichen oder wissenschaftlichen Zwecken dient, die einen Missbrauch zu Rauschzwecken ausschließen. Ein gewerblicher Zweck dürfte jedoch gerade – wie aufgezeigt – nicht vorliegen. Auch wird ein Missbrauch wohl nicht ausgeschlossen werden können. Denn es ist in der Theorie zumindest möglich, sich bei ausreichender Menge konsumierter Blüten zu „berauschen“ – vor allem dann, wenn die Kunden sich Konzentrate pressen.

Bei einer gerichtlichen Überprüfung der Razzia beziehungsweise der Beschlagnahme werden die Hanfbar-Betreiber daher wohl (leider) den Kürzeren ziehen. So lässt sich ihre Argumentation zwar durchaus hören, die Gesetzeslage beziehungsweise deren Auslegung durch die bisherige oberlandesgerichtliche Rechtsprechung erteilt dieser Ansicht jedoch eine klare Absage. Aktuell wird der Hanfblütentee noch verkauft, in absehbarer Zeit könnte es damit jedoch ein Ende haben. Es ist allerdings durchaus zu erwarten, dass die Betreiber alle rechtlichen Mittel ausschöpfen werden – notfalls wollen sie sogar bis vor das Bundesverfassungsgericht ziehen.

Es bleibt also abzuwarten, ob dieser Fall doch noch eine überraschende Wende bereithält. Zu hoffen wäre es für die sympathischen Jungunternehmer. Vielleicht geht der Gesetzgeber aber ohnehin den wünschenswerten Weg zu einer raschen Liberalisierung weicher Drogen, was eine Entscheidung „am Puls der Zeit“ wäre.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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