Illegales Autorennen in München? Welche Strafen drohen? Anwalt bei Vorladung / Anklage / Strafbefehl

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Am Weihnachtswochenende 2022 wurden in München nachts zwei Autofahrer von der Polizei gestoppt, angezeigt und die Führerscheine der beiden durch die Polizei eingezogen. Die beiden fielen durch laute Motorgeräusche und durch stark beschleunigtes Anfahren an einer Ampel auf. Um nicht von der Fahrbahn abzukommen, sollen sie eine Kurve geschnitten haben. Nun steht der Vorwurf eines verbotenen Autorennens im Raum.

Wie hoch ist die Strafe für illegale Autorennen?

Aufgrund der steigenden Anzahl illegaler Autorennen ist der Gesetzgeber vor ein paar Jahren eingeschritten und hat sogar einen eigenen Straftatbestand geschaffen - § 315d StGB – wonach Verbotene Kraftfahrzeugrennen eine Straftat darstellen. Im gesetzlich vorgesehenen „Normalfall“ droht dann eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder eine Geldstrafe (§ 315d Abs.1 StGB).

Werden das Leben oder die körperliche Unversehrtheit anderer Menschen oder Sachen von bedeutendem Wert, die jemand anderem gehören, gefährdet, wird die Strafe höher (Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren, § 315d Abs.2 StGB).

Wird tatsächlich ein Mensch verletzt oder stirbt ein anderer Mensch so kann eine noch höhere Strafe drohen (Freiheitsstrafe zwischen einem und zehn Jahren, § 315d Abs.5 StGB).


Je nach Fallkonstellation könnte auch eine Strafe wegen Gefährdung des Straßenverkehrs nach § 315c StGB drohen. Voraussetzung hierfür ist stark vereinfacht ausgedrückt, dass der Autofahrer entweder eine der dort normierten sogenannten „sieben Todsünden im Straßenverkehr“ begangen hat oder das Fahrzeug im Zustand der Fahruntauglichkeit (z.B. aufgrund Alkoholkonsums) führte und dadurch das Leben oder die körperliche Unversehrtheit eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert konkret gefährdete (§ 315c Abs.1 StGB). Hierfür droht grundsätzlich eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren. In bestimmten Konstellationen droht eine höhere oder niedrigere Strafe.

Macht man sich bei verbotenen Kraftfahrzeugrennen auch strafbar, wenn man keine Gefahr verursachen wollte?

Eine höhere Strafe für die Teilnahme an einem verbotenen Kraftfahrzeugrennen wegen Gefährdung zum Beispiel des Lebens oder der körperlichen Unversehrtheit eines anderen Menschen kann auch dann drohen, wenn man dies gar nicht wollte. Es genügt nämlich, dass eine solche Gefahr fahrlässig herbeigeführt wurde. In diesem Fall droht eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren (§ 315d Abs.4 StGB).

Wann macht man sich wegen verbotenen Kraftfahrzeugrennen strafbar?

Damit stellt sich nun natürlich die Frage, was eigentlich ein verbotenes Kraftfahrzeugrennen ist.

Der Gesetzgeber stellt hierbei auf nicht erlaubte Kraftfahrzeugrennen ab. Ob das Kraftfahrzeugrennen erlaubt ist, hängt vom Vorliegen einer entsprechenden Genehmigung ab.


Ein Kraftfahrzeugrennen im Sinne der Nr.1 und Nr.2 des § 315d Abs.1 StGB findet zwischen mindestens zwei Personen statt. Miteinander im Wettbewerb stehen müssen die Teilnehmer am Rennen nicht. Das Ziel muss aber der Versuch des Erreichens einer Höchstgeschwindigkeit sein. Im Hinblick darauf, dass es sich um ein Rennen zwischen Personen handelt, muss es dabei nicht zwingend um das Erreichen der absolut höchstmöglichen Geschwindigkeit gehen. Es kommt darauf an, dass man eine höhere Geschwindigkeit erstrebt. Vgl. z.B. LG Aachen, Beschluss v. 11.02.2021 – 60 Qs 1/21 in openJur 2021, 5691.


Strafbar ist dann

  • das Ausrichten,
  • die Durchführung oder
  • das Teilnehmen

an einem solchen nicht erlaubten Kraftfahrzeugrennen.

Das Ausrichten und Durchführen von Kraftfahrzeugrennen bezieht sich vor allem auf die Organisationen eines solchen Rennens, wobei ein Unterschied zwischen Ausrichten und Durchführen insbesondere die Anwesenheit vor Ort ist (vgl. BT Drucksache 18/12964 S.5 v. 28.06.2017).

Ist man wegen eines verbotenen Autorennens nur strafbar, wenn man andere Verkehrsteilnehmer gefährdet?

Nein. Zu beachten ist, dass es nicht zu einer konkreten Gefährdung zum Beispiel des Lebens oder der körperlichen Unversehrtheit eines Menschen kommen muss, um sich strafbar zu machen. Allein die Vornahme der Veranstaltung oder Teilnahme an einem nicht erlaubten Kraftfahrzeugrennen ist strafbar. Eine solche damit recht weit gefasste Sanktionierung dieses Vorhabens zeigt die besonders hohe (abstrakte) Gefährlichkeit, die der Gesetzgeber hierin sieht. Es muss also nicht zu einem Unfall oder fast zu einem Unfall kommen, um sich nach § 315d StGB strafbar zu machen.


Kommt es allerdings zu einer konkreten Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer, so droht eine höhere Strafe.

Medienberichten zufolge waren bei dem Rennen in München Beifahrer anwesend.

Genügt die Anwesenheit und Gefährdung von Beifahrern, um eine höhere Strafe zu rechtfertigen?

Das kommt darauf an. Selbst wenn es fast zu einem Unfall gekommen wäre (Medienberichten zufolge musste zum Beispiel bei der in Frage stehenden Fahrt in München die Kurve geschnitten werden, um auf der Fahrbahn zu bleiben), so kann die ausschließliche Gefährdung eines Beifahrers regelmäßig jedenfalls dann nicht genügen, wenn er Teilnehmer an der Straftat des Verbotenen Kraftfahrzeugrennens war, beispielsweise in Gestalt einer Anstiftung (z.B. Überreden, ein illegales Autorennen durchzuführen) oder einer Beihilfe (z.B. Anfeuern, psychische Bestärkung in der Durchführung eines illegalen Autorennens). (Stark) vereinfacht ausgedrückt sind solche Beifahrer nämlich nicht wirklich „andere“ Menschen, denn sie sind ja an der Tat beteiligt.


Komplizierter wird die Frage, wenn die Beifahrer sich nicht selbst strafbar gemacht haben, also nicht Teilnehmer an der Straftat der Teilnahme an verbotenen Kraftfahrzeugen der Autofahrer waren. In einige Gefährdungen seiner körperlichen Unversehrtheit kann man grundsätzlich (unter unter bestimmten Bedingungen) einwilligen, sodass derjenige, der die Verletzung oder die Gefahr herbeiführt straflos bleiben kann. Bei illegalen Autorennen funktioniert das nicht. Das liegt daran, dass die Strafbewehrung der Durchführung, Ausrichtung oder Teilnahme an verbotenen Kraftfahrzeugrennen nicht nur die Rechtsgüter einer einzelnen Person (z.B. die körperliche Unversehrtheit) schützt, sondern auch die Allgemeinheit. Die meisten Straßenverkehrsdelikte gefährden (auch) die Allgemeinheit. Diese Gefahr kann nicht durch die Einwilligung einer einzelnen Person ausgeglichen werden.

Im Fall verbotener Kraftfahrzeugrennen besteht allerdings die Besonderheit in der Systematik des Gesetzes. In § 315d Abs.1 StGB wird keine Verletzung oder auch nur Gefährdung von Rechtsgütern einer einzelnen Person zur Begründung einer Strafbarkeit vorausgesetzt. Strafbar macht man sich allein durch die Ausrichtung, Durchführung oder Teilnahme an einem nicht erlaubten Kraftfahrzeugrennen. Die konkrete Gefährdung z.B. anderer Personen führt zu einer höheren Strafandrohung, die in § 315d Abs.2 StGB separat angeordnet ist. Diese systematische Trennung kann dafür sprechen, dass im Falle einer Einwilligung in die konkrete Gefährdung z.B. der körperlichen Unversehrtheit durch den Beifahrer dies dazu führt, dass der Fahrer zwar wegen Teilnahme an einem Kraftfahrzeugrennen nach § 315d Abs.1 Nr.2 StGB bestraft wird, nicht aber nach § 315d Abs.2 StGB (der einen höheren Strafrahmen anordnet).

Kann man sich wegen eines verbotenen Kraftfahrzeugrennens auch strafbar machen, wenn man alleine unterwegs ist?

Ja. Nach § 315d Abs.1 Nr.3 StGB ist auch der sogenannte Soloraser bzw. das sogenannte Einzelrennen strafbar. Voraussetzung ist ein grob verkehrswidriges und rücksichtsloses Fahren mit einer nicht angepassten Geschwindigkeit. Zusätzlich muss der Fahrer dies gerade tun, um die höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen. Eine nicht angepasste Geschwindigkeit kann zum Einen beim Überschreiten von Geschwindigkeitsbegrenzungen vorliegen, aber auch aus den vorliegenden Verhältnissen, wie zum Beispiel das Wetter oder die persönlichen Fähigkeiten des Fahrers (vgl. z.B. LG Aachen, Beschluss v. 11.02.2021 – 60 Qs 1/21 in openJur 2021, 5691).


Grobe Verkehrswidrigkeit meint das Verletzten der Vorschriften des Straßenverkehrs in besonderem Maße. Diese besondere Schwere kann sich aus der Intensität ergeben, aber auch aus der Dauer.

Im Rahmen eines Autorennens ist in jedem Fall eine gewisse Dauerhaftigkeit und die Zurücklegung einer gewissen Strecke erforderlich, sodass ein nur sehr kurzes schnelles Anfahren nicht genügt (vgl. z.B. LG Aachen, Beschluss v. 11.02.2021 – 60 Qs 1/21 in openJur 2021, 5691).


Rücksichtlos fährt derjenige, der aus eigensüchtigen Motiven seine eigenen Interessen über seine Pflichten gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern stellt oder derart gleichgültig eingestellt ist, dass er sein Verhalten nicht in Frage stellt (vgl. z.B. LG Aachen, Beschluss v. 11.02.2021 – 60 Qs 1/21 in openJur 2021, 5691).

Ist es auch strafbar, wenn man schon kurz vor Start des illegalen Autorennens von der Polizei gestoppt wird?

Medienberichten zufolge wurden in München die Autos erst gestoppt, nachdem bereits eine gewisse Strecke zurückgelegt wurde. Aber was wäre, wenn sie bereits kurz vor Start des Autorennens, zum Beispiel an einer Ampel, die als Startsignal dienen soll, gefasst worden wären?

Eine Strafbarkeit entfällt dann dennoch in den meisten Fällen nicht. Das liegt daran, dass bereits der Versuch der Teilnahme an einem verbotenen Kraftfahrzeugrennen strafbar ist. Voraussetzung ist hierfür, dass der Täter bereits endgültig zur Begehung der Tat entschlossen ist und hierzu auch bereits unmittelbar angesetzt hat. Die genaue Festlegung des Moments des unmittelbaren Ansetzens hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab und kann entsprechend im Einzelfall teilweise kompliziert sein. Beim Stehen an der Ampel und Abwarten, dass diese grün wird, ist wohl aber bereits von einem unmittelbaren Ansetzen zur Teilnahme an einem verbotenen Kraftfahrzeugrennen auszugehen.

Verliere ich meinen Führerschein bei einem Strafverfahren wegen eines illegalen Autorennens?

Die Medien berichteten darüber, dass die Führerscheine der Fahrer eingezogen wurden.

Bei Straßenverkehrsdelikten im Allgemeinen, die Teilnahme an verbotenen Kraftfahrzeugrennen stellt hierbei keine Ausnahme dar, droht im Rahmen des Strafverfahrens die Beschlagnahme des Führerscheins und die spätere Entziehung der Fahrerlaubnis. In bestimmten Fällen kann ein Fahrverbot verhängt werden.

Besonders hart trifft dies Personen, die beruflich auf ihren Führerschein bzw. ihre Fahrerlaubnis angewiesen sind. Medienberichten zufolge ist einer der beiden Beteiligten Transportfahrer.


Diese Maßnahme, die sich möglicherweise unmittelbar auf die Ausübung des Berufes auswirkt, spricht – neben den gegebenenfalls nicht unempfindlichen Strafen – dafür, sich beim Vorwurf der Teilnahme an einem verbotenen Kraftfahrzeugrennen an einen Anwalt für Strafrecht zu wenden. Dieser weiß, worauf zu achten ist und kann nach Analyse der Ermittlungsakten eine gerade für den konkreten Fall geeignete Verteidigungsstrategie erarbeiten.

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