Insolvenz der AvP Deutschland GmbH – wie komme ich als Apotheker an mein Geld?

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Wenn Sie Apotheker/in sind, haben Sie sicher erfahren, dass sie AvP – eines der größten Rezeptabrechner – in ein Insolvenzverfahren begeben hat. Die AvP-Gruppe besteht aus mehreren Subunternehmen. Die AvP Service AG ist das Dachunternehmen, die weiteren Unternehmen sind Töchter dieser AG. Alle Töchter der AG haben Insolvenz angemeldet.

AvP-Insolvenz: Was bedeutet das für den Apotheker?

Mit der Insolvenz muss sich jeder Apotheker fragen, ob seine fällige Auszahlung vor der Insolvenzmasse geschützt ist. Ob dies so ist, hängt aber nicht von dem Abrechnungsverhältnis zwischen der Apotheke und AvP ab, sondern von der Vereinbarung des Rechenzentrums AvP Deutschland GmbH mit seiner Bank.

Zwar lautet §6 der AGB der AvP im Vertrag mit den Apotheken:

„Die AvP unterhält zum Ausgleich der Apotheken-Forderungen bei einem Geldinstitut ein für alle Kunden einheitliches Fremdgeldkonto. Die AvP verfügt über dieses Konto nur zu Gunsten ihrer Apotheken, zu Gunsten der Bank, nach Maßgabe der den Abrechnungskunden bereits gezahlten Abschlagszahlungen, zu Gunsten der Kostenträger und zu eigenen Gunsten in Höhe der ihr für ihre Tätigkeit zustehenden Vergütung.“

Im Zuge der Verschmelzung der Regionalgesellschaften war dieser Passus für alle Kunden vereinheitlicht worden. Dieser §6 nützt der Apotheke aber nicht!

Entscheidend ist nämlich nicht diese Formulierung im Vertrag mit der Apotheke, sondern es kommt auf die Vereinbarung des Rechenzentrums mit der Bank des Apothekers an. Nur dann, wenn zwischen diesen ein sogenanntes offenes Treuhandkonto vereinbart wurde, ist dieses grundsätzlich insolvenzgeschützt. Das bedeutet für die Apotheke: Die Apotheke kommt auch im Rahmen der Insolvenz an Ihr Geld – wenn auch nicht sofort. Wurde zwischen AvP und der Bank aber kein offenes Treuhandkonto vereinbart, müssen sich die Apotheke wie alle anderen Gläubiger der Insolvenz behandeln lassen: inwieweit diese an ihr Geld kommen, ist völlig unklar!

Achtung: Hat die Apotheke von AvP eine vorzeitige Abschlagszahlung in Anspruch genommen, steht diese Abschlagszahlung einem Darlehen der AvP an die Apotheke gleich, das mit den eingereichten Rezepten verrechnet wird. Übersteigt diese Vorauszahlung den Wert der eingereichten Rezepte, könnte der Insolvenzverwalter noch eine entsprechende Forderung gegen die Apotheke geltend machen – die Abschlagszahlung ist also in Gefahr!

Ob die Apotheke ein weiteres Mal die Forderungen aus den Rezepten an ein anderes Rechenzentrum abtreten können, hängt davon ab, ob die mit der insolventen Rezeptabrechnung vereinbarte Abtretung den durch den Bundesgerichtshof (BGH) gestellten Anforderungen genügt. Ist dies nicht der Fall, wäre die Apotheke frei, die Abtretung zu erklären. Entspricht aber die Abtretung den Anforderungen des BGH, wäre dies nur für zukünftige Rezepte möglich.

Der vorläufige Insolvenzverwalter der AvP Deutschland GmbH, Dr. Jan-Philipp Hoos erklärte, dass er keine klar ausgewiesenen Treuhandkonten mit Treuhandvermögen gefunden habe. Das bedeutet: Wenn es keine klare Trennung gab und in den allgemeinen Geschäftsbedingungen widersprüchliche Regelungen enthalten sind, hätte das Geld in der Bilanz des Unternehmens gegebenenfalls ausgewiesen werden müssen. Dann wäre allerdings offensichtlich geworden, dass das Geld nicht in der vorgesehenen Weise abgetrennt wurde. Was bedeutet das für den einzelnen Apotheker? Bei einer fehlerhaften Bilanz kommen eventuell Ansprüche der geschädigten Apotheker gegen den Wirtschaftsprüfer in Betracht, der die Bilanz testiert hat.

AvP-Insolvenz: Sicher ist nur, dass nichts sicher ist

Mit Sicherheit lässt sich derzeit nur sagen, dass nicht sicher ist, ob Sie ihr Geld erhalten, wann, und wenn ja, wie viel. Denn sollte sich herausstellen, dass keine gesonderten Treuhandkonten bestehen, dann müsste jede Apotheker als Gläubiger zu dem gegebenen Zeitpunkt ihre Forderung zur Insolvenz anmelden.

Was Sie als Apotheker/-in tun können

Wenn Ihnen als Apotheker die aktuelle AvP-Situation Liquiditätsschwierigkeiten bereitet, bietet es sich, auch wenn es schwer fallen mag, zunächst an, Ruhe zu bewahren und schrittweise vorzugehen:

  • sortieren Sie Ihre Aktenlage und
  • sichten und bewerten bestehende Verträge.
  • Danach können Sie priorisieren, welche der Lösungsschritte Sie als erstes angehen wollen.

Unsere Erfahrung aus über 35 Jahren Inkassorecht zeigt ganz deutlich, dass ein Schuldner, der schnell und direkt auf seinen Gläubiger zugeht, in der Regel die besten Chancen hat, sich zu stabilisieren und einen Engpass meistern kann, ohne existenzgefährdenden Schaden zu nehmen.

Sie sollten nicht zögern, mit Ihren Lieferanten in Kontakt zu treten und die Situation zu besprechen. Wenn die Lage es nötig macht, versuchen Sie darauf hinzuarbeiten, Vereinbarungen mit Ihren Lieferanten bzw. Großhändlern zu schließen. So vermeiden Sie Zahlungsklagen, Zwangsvollstreckungen und Zwangsvollstreckungsmaßnahmen wie z. B. eine Kontopfändung. Eine der wichtigsten Voraussetzungen, dass dies gut funktioniert, ist die oben erwähnte sortierte Aktenlage und eine der Wichtigkeit geordnete „Kontaktliste,“ die Sie nach und nach abarbeiten.

VIele unserer Mandanten konnten sich nach einer ersten Beratung auch aus sehr schwierigen Situatione alleine „heraustelefonieren.“ Natürlich unterstützen wir Sie auf Wunsch gern dabei. Falls Sie sich entschließen, uns zu mandatieren, behalten Sie immer die volle Kontrolle, welche der Lösungs-Schritte Sie an uns delegieren und welche Sie selbst ausführen.



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