Internationales Arbeitsrecht - Arbeitsvertrag, Zuständigkeit und anwendbares Recht

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Wo sich verschiedene Staaten immer stärker wirtschaftlich miteinander verflechten, nehmen auch Arbeitsverträge mit Auslandsberührung einen hohen praktischen Stellenwert ein. Durch internationale Rechtsetzung, insbesondere durch die Europäische Union, ist für das internationale Arbeitsrecht ein Rahmen geschaffen worden. So überrascht es nicht, dass in nahezu jedem arbeitsrechtlichen Sachverhalt mit Auslandsbezug die Bestimmungen der Brüssel-I- und der Rom-I-Verordnung zu beachten sind!

In diesem Rechtstipp gehen wir auf Fragen der gerichtlichen Zuständigkeit und des anwendbaren Rechts bei arbeitsrechtlichen Streitigkeiten mit internationalem Bezug ein. Daneben werden wir die wesentlichen Grundgedanken und Vorschriften des einschlägigen Rechts der Europäischen Union, die in diesem Kontext von herausragender Bedeutung sind, erläutern.   

 

1. Die wichtigsten Rechtsquellen im internationalen Arbeitsrecht  

Bestimmungen zur Zuständigkeit der Gerichte und des anwendbaren Rechts bei Arbeitsverträgen mit einem grenzüberschreitenden Element enthalten die Brüssel-I- und die Rom-I-Verordnung. Sie bezwecken den Schutz des Arbeitnehmers als die schwächere Partei im Arbeitsverhältnis!

In ihrer aktuellen Fassung regelt die Brüssel-I-Verordnung die gerichtliche Zuständigkeit, wenn - so heißt es wörtlich - „ein Individualarbeitsvertrag oder Ansprüche aus einem Individualarbeitsvertrag den Gegenstand des Verfahrens“ bilden. Dieser Bestimmung liegt ein weites Begriffsverständnis zu Grunde, denn in der Rechtsprechung besteht Einigkeit darüber, dass die Verordnung auf nahezu alle Streitigkeiten Anwendung findet, die aus einem Arbeitsvertrag entstehen können. 

Typische Konfliktpunkte im internationalen Arbeitsrecht sind beispielsweise:

  • Kündigung und Kündigungsschutz
  • Umfang der Arbeitszeit
  • Gehaltsforderungen des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber
  • Umfang von Ruhezeiten
  • Erholungsurlaub etc.

Die Rom-I-Verordnung wiederum enthält Vorschriften für die Bestimmung der einschlägigen Rechtsordnung, die auf internationale Arbeitsverträge anzuwenden ist. Dem Verordnungsgeber schwebt insoweit einerseits die Freiheit der Parteien vor, das anwendbare Recht zu wählen. Andererseits sollen Arbeitnehmer jedoch auch insoweit als typischerweise schwächere Vertragspartei geschützt werden.

 

2. Wer kann wo klagen? Gerichtliche Zuständigkeit im internationalen Recht!

Vom Schutzbild des Arbeitnehmers geleitet macht die Brüssel-I-Verordnung strenge Vorgaben, in welchem Staat Arbeitnehmer und Arbeitgeber klagen und verklagt werden können. 

Der Arbeitgeber kann den Arbeitnehmer mit Wohnsitz in einem EU-Mitgliedstaat demnach prinzipiell nur in diesem Staat, in dem er seinen Wohnsitz hat, verklagen!

Übrigens: Auch wenn Streitigkeiten aufgrund von Arbeitsverträgen weitestgehend

vor den Gerichten des Mitgliedstaates ausgetragen werden sollen, dessen Recht für den Vertrag gilt, sind die Kriterien zur Bestimmung der Zuständigkeit und der anwendbaren Rechtsordnung nicht passgenau aufeinander abgestimmt. In der Konsequenz ist es durchaus möglich, dass das nach der Brüssel-I-Verordnung zuständige Gericht ausländisches Recht anwenden muss!

Möchte der Arbeitnehmer gerichtlich gegen den Arbeitgeber vorgehen, hat er ein Wahlrecht. Er kann den Arbeitgeber an seinem Wohnort verklagen oder an dem Ort, an dem der Arbeitnehmer gewöhnlich seine Arbeit verrichtet. Sollte es einen solchen Ort nicht geben, kann er auch an dem Ort, an dem sich die Niederlassung befindet, die den Arbeitnehmer eingestellt hat, eine Klage anhängig machen!

 

3. Welches Recht findet auf den Arbeitsrechtsstreit Anwendung?

Die Rom-I-Verordnung, die die Frage des anwendbaren Rechts regelt, erlaubt den Parteien zwar die Rechtsordnung zu wählen, die ihrem Vertrag zu Grunde liegt. Der Arbeitnehmer allerdings ist durch die großzügigeren Bestimmungen des Rechts des Ortes geschützt, an dem er gewöhnlich arbeitet. Sollte es an einem gewöhnlichen Arbeitsort fehlen, kommen die Schutzbestimmungen des Staates zum Tragen, an dem der Arbeitnehmer eingestellt wurde. Sollte der Vertrag letztlich enger mit einem anderen Land verbunden sein, ist das Recht dieses Landes ausschlaggebend.

Die Verordnung gibt zugleich eine Rangordnung unter diesen Kriterien vor, um das anzuwendende Recht bei fehlender Rechtswahl zu bestimmen. Gleiches gilt übrigens, wenn die Parteien eine Rechtswahl getroffen haben, die zwingende Schutzvorschriften zu Gunsten des Arbeitnehmers umgehen würden. Auch dann hat das zwingende Recht Vorrang vor der Parteivereinbarung!

 

4. Fazit 

Die Ermittlung der gerichtlichen Zuständigkeit und die Beantwortung der Frage nach dem anwendbaren Recht, können im Einzelfall kompliziert sein! Daher empfehlt es sich bereits bei Vertragsschluss einen Rechtsanwalt hinzuzuziehen, wenn ein Arbeitsverhältnis mit Auslandsberührung in Rede steht. So können innerhalb der rechtlich zulässigen Grenzen Gerichtsstands- bzw. Rechtswahlklauseln erörtert werden.

Lässt sich ein Gerichtsverfahren nicht vermeiden, kommt es darauf an, in Richtung derjenigen Rechtsordnung zu argumentieren, die die für Sie besseren Rechtsfolgen vorsieht. Nehmen Sie jederzeit gerne Kontakt zu uns auf!


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