It's magic – wie ein Fachanwalt aus 1.200 Gramm Hasch vor Gericht 125 Gramm macht

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Spoiler: Nein, er überredet die Prozessteilnehmer nicht zur Verköstigung.

Strafprozesse sind für die Beklagten meist besonders unangenehm. Ich hingegen bin gern dabei, denn – kleines Geheimnis – das Strafrecht ist mir das Liebste meiner drei Fachanwaltschaften. Eben weil es für die Mandanten dabei um verdammt viel geht. Kommt die Staatsanwaltschaft mit einer beantragten Haftstrafe durch, wird das Leben des Angeklagten nicht mehr dasselbe sein. 

Ich kenne Menschen, die an einer Haft zerbrochen sind, ein Fehler hat sie alles gekostet, Familie, Wohnung, Beruf. Deshalb bin ich ein Freund von Bewährung oder von angemessenen Geldstrafen, bei erstmaligen, harmlosen Delikten. Mein Ehrgeiz bei Strafprozessen ist also besonders groß.

So wird ein Schuh draus!

Dazu ein Beispiel aus meiner Kanzlei: Ein Mandant wird beschuldigt, 1.200 Gramm Haschisch bestellt und dann verkauft zu haben. Das ist bereits gewerbsmäßiger Drogenhandel nach § 29 Abs. 3 BtmG, ein offizielles Verbrechen, das mit Haft nicht unter einem Jahr bestraft wird. 

Ein einfacher Handel hingegen wäre nur ein Vergehen gewesen. Da für die Staatsanwaltschaft der Fall soweit klar ist, beantragt sie gleich zwei Jahre Haft, ohne Bewährung. Bereits beim Studieren der Akte werde ich an zwei Stellen stutzig:

1.
Die Klage fußt auf einer Überwachung der Telekommunikation des Angeklagten, in mehreren Telefonaten hatte er soundsoviel „Schuhe“ bestellt. Eindeutig, dass es sich dabei um einen Code gehandelt haben muss. Aber um welchen? 

Ein Beamter hatte sich festgelegt: „Schuhe“ stünden für jeweils 100 Gramm Haschisch. Leider falsch, guter Mann, setzen, Sechs! Bei der Hausdurchsuchung war zwar Haschisch gefunden worden, jedoch bei Weitem nicht in dieser Menge. 

Und weil ich häufig auf diesem Gebiet Strafverteidiger bin, also quasi ein doppelter Fachanwalt in dem Fall, wird mir der Grund schnell klar: In Kiffer-Kreisen sind mit „Schuhen“ meist sogenannte Halbe-Viertelplatte gemeint, also ein Achtel von 100 Gramm, gleich 12,5 Gramm. Zeugen bestätigen meine Annahme dann in der Verhandlung. Heraus kommen am Ende 125 Gramm insgesamt.

2.
Der Mandant hatte drei Portionen zum Einkaufspreis weitergereicht, auch das bestätigen Zeugen. Hier ging es ihm nicht um Geld, sondern um Gemeinschaft. Er wollte einfach bisschen chillen mit den anderen. Bei vier weiteren Deals hatte er dann zwar jeweils Gewinn gemacht, jedoch innerhalb von einer Woche. Für einen gewerbsmäßigen Handel ist das entschieden zu kurz, womit auch dieser Strafbestand nichtig ist.

Fazit

Statt zwei Jahren Haft wurde mein Mandant zu einer Geldstrafe von 900 Euro für den Besitz von 125 Gramm Haschisch verurteilt. Damit kann er nun unbesorgt weiterleben. „War gut, einen Fachanwalt zu haben“, sagte er danach sichtlich erleichtert zu mir. Da hat er wohl recht.

Herzlichst,

Gerhard Rahn (Fachanwalt für Strafrecht)


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