Jameda gegen Anwalt aus Berlin vor LG München I erfolglos.

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Vor dem Landgericht München I wurden von der Jameda GmbH und der Schufa Holding AG Prozesse gegen Rechtsanwälte aufgrund von angeblichen Markenrechtsverletzungen geführt. Dies mit sehr unterschiedlichem Erfolg.

Die Prozesse wurden in den vergangenen Wochen vor den jeweils zuständigen Kammern für Handelssachen am Landgericht München I geführt. Geklagte hatten die Schufa Holding AG und auch das Ärztebewertungsportal Jameda (Jameda GmbH) aufgrund angeblicher Markenrechtsverletzungen auf den Internetseiten von Rechtsanwaltskanzleien.

Verfahren der Schufa Holding AG gegen die Nutzung der Domain „Schufa-Anwalt.de“

Gegen eine Kanzlei aus Bonn beantragte die Schufa Holding AG eine Unterlassung der Nutzung der Domain „Schufa-Anwalt.de“ und eines dazu gehörenden Logos. Zudem sollten der Anwaltskanzlei verschiedene Aussagen zur Schufa Holding AG aufgrund eines vermeintlichen Verstoßes gegen das Wettbewerbsrecht untersagt werden.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung hatte zunächst Erfolg, wurde allerdings nach der mündlichen Hauptverhandlung zum Teil wieder aufgehoben. Verboten blieb der Kanzlei aus Bonn die Nutzung der Domain und des dazu gehörenden Logos, da die hier entscheidende 17. Kammer für Handelssachen des Landgerichts München I eine unerlaubte markenrechtliche Nutzung erkannte und ein Wettbewerbsverhältnis annahm.

Nicht mehr verboten wurden allerdings folgende Aussagen, die die Kanzlei auf ihrer Webseite getätigt hatte:

  • Das System funktioniert bis heute äußerst intransparent und bisweilen auch sehr vorschnell. Daher kommt es häufig vor, dass ein unberechtigter, negativer Schufa-Eintrag entsteht.
  • Die Löschung von negativen Schufa-Einträgen gestaltet sich oft schwer.
  • Kann ich mich gegen einen negativen Schufa-Eintrag wehren? Wir setzen Ihr Recht gegenüber der Schufa bundesweit durch.
  • Haben Sie unberechtigterweise einen negativen Schufa-Score oder wollen einen Eintrag, der Ihnen aus falschen Gründen verpasst wurde, löschen, dann sollten Sie unbedingt einen erfahrenen Rechtsanwalt kontaktieren.
  • In der Berechnung der Bonität des einzelnen Falles werden von der Schufa Score Werte herausgegeben, die für einen Externen nicht nachvollziehbar sind und daher ein sehr intransparenter Punkt bei der Wiedergabe von Daten ist.

Verfahren von Jameda wegen Markennennung auf Dein-Ruf.de

In eine andere Richtung entschied die 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts München I über einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, den die Jameda GmbH gegen Rechtsanwalt Imanuel Schulz beantragt hatte. Auf seiner Internetseite www.dein-ruf.de hatte dieser das Logo von Jameda und auch das Wort Jameda verwendet. Dieses wollte die Jameda GmbH, Inhaberin des entsprechenden Ärztebewertungsportals, dem Rechtsanwalt als unzulässige markenmäßige Nutzung verbieten lassen.

Einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung erteilte das angerufene Landgericht München I allerdings eine sehr deutliche Absage und wies diesen mit Beschluss vom 06.08.2020 zurück.

Das Gericht macht in seiner Entscheidung deutlich, dass es bei dem Berliner Rechtsanwalt bereits an einer markenmäßigen Nutzung der Marke Jameda fehlen würde. Der Antragsgegner bewerbe bei dem beanstandeten Auftritt auf seiner Webseite nicht seine Anwaltsdienstleistungen mit dem dort abgebildeten Jameda-Zeichen. Er stellt auch nicht etwa eine Verbindung mit dem Bewertungsportal her, sondern genau das Gegenteil sei der Fall. Der Anwalt möchte Mandanten gewinnen, die mit bestimmten Bewertungen auf bestimmten Bewertungsportalen, u.a. bei der Antragstellerin, nicht zufrieden seien und eine Löschung herbeiführen wollten. Angesprochene Verkehrskreise für seine Anwaltsdienstleistungen seien im Hinblick auf das Ärztebewertungsportal wohl Ärzte und Einrichtungen, die ärztliche Dienstleistungen erbringen. Es sei nicht vorstellbar, so das Gericht in seinem Beschluss, dass diese bei der beanstandeten Webseite und der dortigen Nennung des Bewertungsportals unter einem ähnlichen Zeichen auf die Idee kommen könnten, das der Rechtsanwalt damit seine eigenen Rechtsanwaltsdienstleistungen bewirbt oder in irgendeiner geschäftlichen Verbindung mit dem Bewertungsportal stehen könnte. Die Herkunftsfunktion der Marke der Antragstellerin werde durch die Nennung im Zusammenhang mit Anwaltsdienstleistungen nicht beeinträchtigt, letztlich handele es sich um eine beschreibende Verwendung für die Tätigkeit bestimmter Anwaltsdienstleistungen, so das Gericht.

Auch ein Ausnutzen oder Beeinträchtigen der Unterscheidungskraft der Marke Jameda konnte das Landgericht München I nicht erkennen. Der Antragsgegner lehne sich weder im Sinne eines positiven Imagetransfers von dem Ärztebewertungsportal aus seine eigene Rechtsdienstleistung an, noch wolle er die Marke der Antragstellerin verwässern, so das Gericht weiter. Die Marke oder das Unternehmenskennzeichen des Bewertungsportals werde durch die bloße Nennung und Abbildung nicht beeinträchtigt, da nicht das Bewertungsportal angegriffen werde, sondern nur eventuell dort hinterlegter Inhalt anderer Nutzer.

Verfahren der Schufa Holding AG wegen Markennennung auf Advoadvice.de

Ein ähnliches Verfahren führte die Schufa Holding AG vor dem Landgericht München I gegen die Kanzlei AdvoAdvice Rechtsanwälte Tintemann Klevenhagen mbB aus Berlin. Hier hatte die Schufa Holding AG beantragt, es der Antragsgegnerin unter Anordnung eines vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr den Begriff „Schufa“ zu verwenden, wenn dies geschieht, wie es auf einer Landingpage der Antragsgegnerin erfolgt war.

Die 4. Kammer für Handelssachen beim Landgericht München I erließ hier die beantrage einstweilige Verfügung allerdings nicht, sondern beraumte einen Termin zur mündlichen Hauptverhandlung an. In diesem Termin am 27.07.2020 machte die Vorsitzende Richterin deutlich, dass der Antrag der Schufa Holding AG auf Unterlassung der Markennutzung bei ihr wohl in der I. Instanz keinen Erfolg haben werde und begründete dies damit, dass es bereits an einem Wettbewerbsverhältnis zwischen der Antragstellerin als Auskunftei und der Antragsgegnerin als Rechtsanwaltskanzlei fehlen würde.

Die Parteien des Rechtsstreits konnten sich dann im Vergleichswege zur Vermeidung weiterer Rechtstreitigkeiten auf einen Vergleich verständigen und zwar dahingehenden, dass die Kanzlei AdvoAdvice sich dazu verpflichtete, die bisherige Nutzung der Landingpage zu unterlassen. Ausgenommen hiervon wurde allerdings die Landingpage der Kanzlei AdvoAdvice in einer nunmehr überarbeiteten Version, in der die Marke der Antragstellerin weniger häufig genannt wird.

Bewertung der Verfahren durch AdvoAdvice

Die vorgenannten Verfahren zeigen, dass sich große und bekannte Unternehmen vor den Gerichten mit dem Mittel des Markenrechts gegen Rechtsanwälte wehren, um die Verwendung bestimmter Begriffe, die geschützte Marken darstellen, auf deren Internetseiten zu verbieten.

Diesem Vorgehen der Unternehmen hat das Landgericht München I in Sachen Jameda eine sehr deutliche Absage erteilt. Ob diese auch in einer weiteren Instanz bestand hat, muss ggf. abgewartet werden.

In eine ähnliche Richtung ging auch der Hinweis der 4. Kammer für Handelssachen, die einen Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Verfügung wahrscheinlich an einem fehlenden Wettbewerbsverhältnis hätte scheitern lassen.

Deutlich wird, dass keine markenmäßige Nutzung einer geschützten Marke vorliegt, wenn Rechtsanwälte ihre Gegner konkret benennen, um im Internet ihre Hilfe und Beratung als Rechtsanwälte anzubieten.

Die Grenzen sind hier aber eng und fließend, wie die Entscheidung des Landgerichts München I in Sachen „Schufa-Anwalt.de“ zeigt. Hier wurden nämlich eine markenmäßige Nutzung und ein Wettbewerbsverhältnis, wenn auch mit fragwürdiger Begründung, durch das Gericht angenommen.

Es bleibt somit abzuwarten, ob Rechtsanwälte in Zukunft mit weiteren Abmahnungen und Gerichtsverfahren wegen markenmäßiger Nutzung fremder geschützter Marken befasst werden und wie die Gerichte sich mit dem Streitstoff weiterhin auseinandersetzen werden. Ganz einfach dürfte es für die Markeninhaber jedenfalls nicht sein, einem Rechtsanwalt, der die Gegenseite vertritt, die Werbung im Internet mit einer geschützten Marke wie z.B. Jameda oder Schufa zu verbieten.

Foto(s): Pixabay

Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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