Keine nachbarrechtliche Haftung des Bauunternehmers

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Der für einen Nachbarn tätige Bauunternehmer ist nicht Adressat nachbarrechtlicher Vorschriften. Der BGH hat mit Urteil vom 16.07.2010 zum Aktenzeichen V ZR 217/09 bestätigt, dass eine dementsprechende Haftung nicht besteht. In vorliegendem Fall hatte das beklagte Bauunternehmen auf einem Grundstück im Auftrag der Eigentümer einen Neubau errichtet. Die Eigentümerin des mit einem denkmalgeschützten Fachwerkhaus bebauten Nachbargrundstückes begehrte von diesem Schadensersatz für Bauschäden durch Risse in ihrem Haus, welche infolge der Rüttelarbeiten des Bauunternehmens entstanden seien. Nachdem die Berufungsinstanz eine verschuldensabhängige Haftung verneint hatte, da die durch die Arbeiten der Beklagten ausgelösten Erschütterungen nach den Feststellungen des Sachverständigen unter 1/5 der gegenüber besonders empfindlichen Objekten einzuhaltenden Grenzwerte nach der einschlägigen DIN gelegen hätten und daher die Schädigung des Gebäudes nicht vorhersehbar gewesen sei, hatte der BGH den Fall auf die hiergegen eingelegte Revision zu entscheiden.


Dieser hielt daran fest, dass ein – verschuldensunabhängiger - Ausgleich wesentlicher unzumutbarer Beeinträchtigungen nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB gegenüber dem Bauunternehmer, der Arbeiten für einen anderen auf einem benachbarten Grundstück ausführt, nicht anwendbar ist. Diese Regelung gewähre dem Eigentümer des beeinträchtigten Grundstücks einen Ausgleich, dessen Grundlage die störende Benutzung des Nachbargrundstückes sei. Als Teil des bürgerlich-rechtlichen Nachbarrechts diene sie dem Ausgleich der Interessen bei der Nutzung benachbarter Grundstücke. Hingegen stehe der für die Nachbar tätigte werdende Bauunternehmer außerhalb des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses und sei damit nicht Adressat der nachbarrechtlichen Vorschriften. Schuldner des Ausgleichsanspruches hiernach sei allein derjenige, der die Nutzungsart des beeinträchtigenden Grundstückes bestimme. Diese Befugnis komme dem Bauunternehmer nicht zu, der für den Nachbarn auf dessen Weisungen auf seinem Grundstück tätig werde. Vielmehr bestimme der Bauherr selbst die Bebauung des Grundstückes. Für eine Rechtsfortbildung einer verschuldensunabhängigen Haftung nach dem Veranlassungsprinzip über den nachbarrechtlichen Interessenausgleich hinaus böte § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB keine Grundlage. Zwar hätte die Eigentümerin die schädigenden Einwirkungen nach § 1004 Abs. 1 BGB auch gegenüber dem Bauunternehmen abwehren können, wenn sie die Gefahr reichtzeitig erkannt hätte und wird grundsätzlich auch ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch als Kompensation für den Ausschluss dieses Abwehranspruches zugestanden. Allerdings folge hieraus nicht zwingend eine entsprechende Anwendung des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB in jedem Fall, in welchem dem Grundstückseigentümer ein Abwehranspruch zusteht. Da der Schutzbereich des § 1004 Abs. 1 BGB wesentlich weiter ist als derjenige nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB, würde dies letzten Endes zu einer verschuldensunabhängigen Deliktshaftung führen. Hiervon hat der Gesetzgeber jedoch bewusst abgesehen.


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