Kindergeldberechtigung und im EU-Ausland lebendes Kind

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Der Bundesfinanzhof hatte vor einigen Monaten darüber zu entscheiden, welchem Elternteil das gesetzliche Kindergeld zusteht. Folgender Fall lag der Entscheidung zugrunde:

Beide Elternteile sind polnische Staatsangehörige. Die Kindesmutter lebt in Deutschland, der Kindesvater lebt in Polen. Die minderjährige Tochter der getrennt lebenden Eltern lebt im Haushalt des Vaters in Polen und besucht dort die Schule. Der Vater erhält eine Arbeitsunfähigkeitsrente, polnische Familienleistungen bezieht er nicht.

Nachdem die Kindergeldkasse zunächst auf Antrag der in Deutschland lebenden Mutter das Kindergeld festgesetzt hatte, hob sie die Festsetzung mit Bescheid auf und begründete die Aufhebung mit einem vorrangigen Anspruch des Kindesvaters. Die Klage der Kindesmutter vor dem Finanzgericht hatte zunächst Erfolg. Das von der Familienkasse geführte Revisionsverfahren führte zur Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils.

Die Richter am BFH (Bundesfinanzhof) hatten sich mit § 64 Abs. 2 EStG auseinandergesetzt und begründeten ihre Entscheidung damit, dass der Kindesvater mit Blick auf Unionsrecht vorrangig berechtigt sei. Danach sei bei mehreren Berechtigten das Kindergeld an denjenigen auszuzahlen, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen habe. Dies begründet der BFH damit, dass eine Person nach Art. 67 Satz 1 der VO Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004 Anspruch auf Familienleistungen wie Kindergeld auch für Familienangehörige (Kinder) hat, die zwar in einem anderen Mitgliedsstaat wohnen, die aber so behandelt werden, als wohnten sie im zuständigen Mitgliedsstaat (hier: Deutschland).

Aufgrund der o.g. EU-VO ist die Situation der gesamten Familie in der Weise zu berücksichtigen, als würden alle Beteiligten unter die Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedsstaates fallen und dort wohnen. Diese Fiktion führt nach Auffassung des BFH dazu, dass der Anspruch auf Kindergeld nicht dem in Deutschland wohnenden Elternteil, sondern dem im EU-Ausland lebenden Elternteil zusteht, wenn dieser das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat.

Urteil des BFH vom 21.07.2016 – V R 46/11 – FG München


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