Kinderpornografie - Strafverfahren - weitere Verschärfung des § 184b StGB steht bevor

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Strafrechtliche Ermittlungsverfahren wegen § 184b StGB, also dem Tatvorwurf Besitz und Verbreitung von Kinderpornografie, bzw. wegen § 184c StGB, dem Vorwurf des Besitzes und der Verbreitung von Jugendpornografie, nehmen nach Auffassung des Autors, der im Bereich des Sexualstrafrechts bundesweit verteidigt, auch innerhalb des Strafrechts eine Sonderstellung ein. In fast keinem anderen Bereich kann bereits der Vorwurf für sich genommen – wohlgemerkt unabhängig davon, ob zutreffend erhoben oder nicht – eine derart stigmatisierende Wirkung entfalten. Neben den eigentlichen strafrechtlichen Konsequenzen drohen regelmäßig auch Auswirkungen im familiären und sozialen Bereich. Absolute Diskretion ist neben Erfahrung im Umgang mit diesen Verfahren daher Grundvoraussetzung für eine effektive Strafverteidigung bei dem Tatvorwurf Kinderpornografie.

Der Autor hat bereits in zahlreichen Fachbeiträgen auf die Sonderprobleme bei der Strafverteidigung im Bereich des § 184b StGB hingewiesen. Dabei war bereits in der Vergangenheit feststellbar, dass vermeintliche Strafbarkeitslücken geschlossen wurden und die entsprechenden Strafverfahren mit Nachdruck verfolgt werden.

Zu dieser Entwicklung passt, dass nunmehr auch seitens des Gesetzgebers mit einer weiteren, deutlichen Verschärfung des Sexualstrafrechts zu rechnen ist. Insbesondere wird zu erwarten sein, dass die Strafobergrenze für den Besitz von Kinderpornografie angehoben wird. Zudem wird die Schwelle zur Strafbarkeit nach dem derzeit in Rede stehenden Gesetzesentwurf noch niedriger angesetzt, als dies bislang ohnehin der Fall war.

Nachfolgend daher einige aktuelle FAQs zur Strafverteidigung beim Tatvorwurf Kinderpornografie gem. § 184b StGB.

  1. Wie ist die Rechtsprechungsentwicklung im Bereich des § 184b StGB?

Im Rahmen der bundesweiten Strafverteidigung bei § 184b StGB, also Besitz und Verbreitung von Kinderpornografie, ist klar feststellbar, dass die Verfahren im Hinblick auf die strafrechtliche Einordnung deutlich „angezogen“ haben. So wurde etwa mit der Entscheidung des zweiten Strafsenats des BGH vom 18.01.2012 (Az. 2 StR 151/11) der Anwendungsbereich einer Strafbarkeit gem. § 184b Abs. 1, 2 StGB faktisch erweitert, indem auch die „bloße Verlinkung“ auf Internetseiten mit entsprechenden Inhalten dem Straftatbestand des § 184b StGB zugerechnet wurde. Während bislang „nur“ die Zurverfügungstellung kinderpornografischer Bild- und Videodateien in Tauschbörsen unstreitig als öffentliches Ausstellen im Sinne des § 184b Abs. 1 Nr. 2 StGB gewertet wurde, hat der Bundesgerichtshof in dieser Entscheidung klargestellt, dass für das Bereitstellen entsprechender Links nichts anderes gelten könne.

Durch aktuelles Urteil des 1. Strafsenats des BGH vom 11.02.2014 (Az. 1 StR 485/13) wurde zudem nochmals klargestellt, dass bei § 184b StGB für eine Strafbarkeit ein „vergröbernd reißerischer“ Charakter der Bilder bzw. Videos nicht erforderlich ist. Verwiesen wird in diesem Zusammenhang u. a. auf den Schutzzweck der Norm, welcher als umfassend anzusehen ist.

  1. Wie ist die Gesetzesentwicklung im Bereich des § 184b StGB?

Die Strafvorschriften in Zusammenhang mit Kinderpornografie bzw. Jugendpornografie wurden in den letzten Jahren fortlaufend verschärft. Zuletzt geschah dies im Jahr 2008. Mit dem „Gesetz zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses des Rates der Europäischen Union zur Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung von Kindern und der Kinderpornografie“ vom 31.10.2008 wurde u. a. § 184b Abs. 1 StGB novelliert. Bereits seit der Neufassung des § 184b StGB, welche am 05.11.2008 in Kraft getreten ist, fallen damit unter das Tatbestandsmerkmal etwa „sexuelle Handlungen von einem Kind“ oder auch „Posing-Fotos“. Hierbei kommt es weder darauf an, ob eine Manipulation des Körpers erfolgt, noch darauf, ob das Kind zu dieser Handlung von einem anderen bestimmt worden ist oder nicht.

Ein im Bereich der Strafverteidigung bei § 184b StGB tätiger Strafverteidiger wird daher auch darauf hinweisen müssen, dass bereits zum jetzigen Zeitpunkt sogenannte „Posing-Bilder“ der Strafbarkeit unterfallen. Lediglich die Frage, ab wann die Grenze zum Posing überschritten ist, kann im Einzelfall problematisch sein, wobei auch diesbezüglich in der Vergangenheit bereits eine strenge und restriktive Auslegung erfolgt ist. Durch die sich nunmehr abzeichnende Gesetzesverschärfung ist auch an dieser Stelle klar erkennbar, dass der Anwendungsbereich des § 184b StGB noch weiter ausgedehnt wird.

  1. Wie kommt es zu einer Durchsuchung wegen Kinderpornografie?

Eine Durchsuchung gem. § 102 StPO erfordert, dass ein „begründeter Anfangsverdacht“ wegen eines Tatvorwurfs nach § 184b StGB vorhanden ist. Dies ist der Fall, sofern „die Wahrscheinlichkeit besteht, dass eine bestimmte Straftat bereits begangen, nicht nur straflos vorbereitet worden ist“. Es müssen daher „tatsächliche Anhaltspunkte“ vorliegen, welche diesen erheblichen Grundrechtseingriff rechtfertigen. Sofern nicht die Situation von „Gefahr in Verzug“ vorliegt, wird eine solche Durchsuchungsmaßnahme durch einen Richter angeordnet.

Daher wichtig zu wissen: Kommt es zu einer Wohnungsdurchsuchung wegen Kinderpornografie, hat – jedenfalls in aller Regel – ein Ermittlungsrichter bei einer ersten Prüfung der Sachlage bereits den „begründeten Anfangsverdacht“, welcher zuvor auch von der Staatsanwaltschaft bei Beantragung des Durchsuchungsbeschlusses angenommen wurde, bestätigt.

  1. Was geschieht mit den beschlagnahmten Speichermedien?

Die Speichermedien werden umfassend ausgewertet. Dies geschieht entweder durch spezielle Fachkommissariate der Polizei oder durch private Sachverständigengutacher, welche hierfür von der Staatsanwaltschaft beauftragt werden. Zur Auswertung wird u. a. das Programm „Perkeo“ bzw. Weiterentwicklungen hiervon verwendet.

  1. Kann eine Hauptverhandlung wegen Kinderpornografie im Sinne des § 184b StGB verhindert werden?

Der Strafverteidiger im Sexualstrafrecht weiß, dass eine öffentliche Hauptverhandlung wegen des Tatvorwurfs „Besitz und Verbreitung von Kinderpornografie gem. § 184b StGB“ regelmäßig eine zusätzliche Belastung für den Mandanten darstellt. Zu den zentralen Anliegen bei der Verteidigung im Bereich des § 184b StGB gehört es daher regelmäßig, eine solche Situation zu vermeiden. Bei seriöser Rechtsberatung verbietet sich an dieser Stelle eine generalisierende Betrachtungsweise. Die Erfahrung in der bundesweiten Strafverteidigung bei § 184b StGB zeigt allerdings, dass bei entsprechendem Nachdruck häufig ein solches Resultat erreicht werden kann. Entscheidend hierfür sind neben der gewählten Verteidigungsstrategie und Verteidigungstaktik u. a. die Anzahl sowie die Qualität der Bilder und die Frage, ob neben dem Besitz auch ein Verbreiten nachgewiesen werden kann. Denkbar kann in diesem Zusammenhang u. a. eine Regelung im Strafbefehlsverfahren bzw. eine Verfahrenseinstellung gem. § 153a StPO gegen Zahlung einer Geldauflage sein.

  1. Kann eine Vorstrafe bei § 184b StGB verhindert werden?

Auch hier gilt, dass sich eine pauschale Aussage nicht treffen lässt. Es kommt auch diesbezüglich neben der Verteidigungsstrategie auf die konkreten Umstände des Einzelfalles an. Kann eine Verfahrenserledigung gem. § 153a StPO erreicht werden, wird eine solche in der Tat nicht als Vorstrafe im polizeilichen Führungszeugnis eingetragen.

Wichtig in diesem Zusammenhang zu wissen: Die Weichen für eine effektive Strafverteidigung werden bereits im Ermittlungsverfahren gestellt. Es empfiehlt sich daher, im Nachgang zu einer Durchsuchungsmaßnahme wegen § 184b StGB fachkundige Unterstützung bei einem im Bereich des § 184b StGB qualifizierten Strafverteidiger einzuholen.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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