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Kontaktanzeigenportale = Prostitutionsvermittler im Sinne des Prostituiertenschutzgesetzes?

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Nach dem Inkrafttreten des ProstSchG, das u.a. eine behördliche Erlaubnis für Prostitutionsgewerbe wie Bordelle, Escort-Agenturen, Domina-Studios u.v.m. regelt, stellte sich für Betreiber von Kontaktanzeigenportalen - Websites, auf denen Prostituierte entgeltliche oder unentgeltliche Inserate schalten können, um ihre sexuellen Dienstleistungen zu bewerben - die Frage, ob sie ebenfalls eine Erlaubnis benötigen.

Vereinzelt wurde zunächst die Ansicht vertreten, dass Betreiber derartiger Portale als "Prostitutionsvermittler" im Sinne des Gesetzes anzusehen seien und deshalb eine Erlaubnis benötigen würden. Diese Ansicht wurde z.B. von der zuständigen Behörde in Hamburg vertreten, die nach eingehender Erläuterung des Geschäftsmodells jedoch ihre Meinung revidierte. In der Tat  „vermitteln“ Anzeigenportale, anders als Escort-Agenturen, keine Prostituierten. Sie stellen lediglich eine Website bereit, auf der Inserate geschaltet werden können. Kunden setzen sich direkt mit den Prostituierten in Verbindung, da Telefonnummern veröffentlicht werden. Anzeigenportale sind nicht an den erzielten Einnahmen der Prostituierten beteiligt, sondern erhalten eine fixe Vergütung für das Inserat. 

Diese Unterschiede zwischen Anzeigenportalen mit Werbemöglichkeiten für Prostituierte einerseits und Escort-Agenturen andererseits sind allerdings nach Ansicht des Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes NRW mit Sitz in Düsseldorf nicht geeignet, Kontaktanzeigenportale aus dem Adressatenkreis des ProstSchG auszuschließen. 

In der ausführlichen Mail einer Mitarbeiterin des Amts an den Betreiber eines derartigen Portals heißt es u.a.:

"Teilweise wird, wie auch von Herrn Rechtsanwalt Jüngst aus Hamburg, vertreten, dass online Werbeplattformen für Prostituierte nicht unter den Begriff der Prostitutionsvermittlung fallen. Unter Vermittlung i.S.d. § 2 Abs. 7 ProstSchG seien vielmehr die von §§ 652 ff. BGB erfassten Handlungen zu verstehen. Danach liege eine Vermittlung vor, wenn der Vermittler auf die Vertragsparteien in irgendeiner Form in Bezug auf den Vertragsabschluss mit dem Ziel, einen Vertragsabschluss herbeizuführen, einwirkt. Ob es letztlich zu einem Vertragsabschluss kommt, also die Vermittlungsleistung erfolgreich war, sei für die Beurteilung der Art der Leistung, die der Beteiligte erbringt, naturgemäß nicht relevant (Büttner, Kommentar zum ProstSchG, § 2, Rn. 99). Bezüglich der Bereitstellung von Internetplattformen gelte insofern: Erhält der Betreiber einer Plattform ein Entgelt, das ganz oder teilweise davon abhängig ist, ob sich die Parteien handelseinig sind, liegt grundsätzlich eine Vermittlungsleistung vor. Erhält der Betreiber – wie hier geplant - ein Entgelt lediglich für die „Zurverfügungstellung“ der Plattform, also sowohl kontakt- als auch vertragsunabhängig, liege regelmäßig keine Vermittlungsleistung vor (Büttner, Kommentar zum ProstSchG, § 2, Rn. 100). So kommt auch Rechtsanwalt Jüngst aus Hamburg zu dem Schluss, dass „...“ keine Prostitutionsvermittlung sei, da die Onlineplattform anders als ein Escort-Service Prostituierte nicht „gezielt“ an einzelne Kunden vermittle und keine „aktive“ Vermittlung stattfinde, da lediglich eine Website bereitgestellt werde, auf der Prostituierte und Kunden selbst tätig würden. „...“ sei ferner anders als ein Escort-Service nicht an den Einnahmen der Prostituierten beteiligt, da sie nicht eine Provision, sondern lediglich eine fixe Vergütung für das Inserat erhalte und lediglich Werbeplattform sei.

Dem kann indes nicht gefolgt werden. Ausweislich der Gesetzesbegründung zum ProstSchG sollen vom Begriff des Prostitutionsgewerbes nachvollziehbar alle Tätigkeiten, die darauf ausgerichtet sind, aus der Prostitution anderer einen wirtschaftlichen Nutzen zu ziehen, eingeschlossen werden. Dies gilt auch für Tätigkeiten aus dem organisatorischen Umfeld und im Bereich der Anbahnung der Prostitution, wie die Vermittlung sexueller Dienstleistungen, Tätigkeiten im Bereich der Kundenakquise, Veranstaltungstätigkeiten, Fahr- und Begleitdienste sowie das Bereitstellen einer räumlichen Infrastruktur einschließlich von Nebenleistungen.

Auch entgeltliche Anzeigenportale sind daher m.E. nach als Prostitutionsvermittler anzusehen. Die Betreiber der Portale verdienen mit der Schaltung der Inserate durch die Prostituierten Geld und ziehen daraus mithin einen wirtschaftlichen Nutzen. Dass dieser von der tatsächlichen Durchführung der Dienstleistung abhängig sein muss, ergibt sich aus der Gesetzesbegründung nicht. 

Vermitteln i.S.d. ProstSchG ist auch aus weiteren Gründen nicht mit dem Begriff aus §§ 652 ff. BGB gleichzusetzen und erfordert kein Einwirken auf oder Verhandeln mit dem Interessenten. Der zugrunde liegende Sachverhalt ist in beiden Fällen nicht vergleichbar. Es handelt sich hier um die Vermittlung von Menschen, nicht von Sachen, wie die dort geregelten Mietobjekte oder Verbraucherdarlehen. Diesen Unterschied zeigt auch die in § 656 BGB selbst enthaltene Regelung über Heiratsvermittlung auf, wonach gerade, anders als bei den zuvor genannten Vermittlungsverträgen über Sachen in den §§ 652 ff. BGB, keine Verbindlichkeit begründet werden soll und damit die Vermittlung von Menschen auch nach den §§ 652 ff. BGB selbst anders zu behandelt ist, als die von Sachen. Ein Vergleich der Vermittlung von Sachen mit der von Menschen, wie ihn auch Rechtsanwalt Jüngst anstellen will, verbietet sich schon allein aufgrund der grundgesetzlich verankerten Menschenwürde nach Art. 1 GG. Es muss hier vielmehr der besondere Schutzgedanke des ProstSchG berücksichtigt werden und der Gesetzesbegründung entsprechend auch die Vertragsanbahnung, das organisatorische Umfeld sowie die Kundenakquise von der Vermittlungsdefinition miteingeschlossen werden. Ein Einwirken i.S.d. der Definition der §§ 652 ff. BGB erfordert das Vermitteln im Sinne des § 2 Abs. 7 ProstSchG daher gerade nicht.

Auch nach Auffassung der UAG Gewerbe des Bund-Länder-Ausschusses ProstSchG, sind Internetplattformen, die zum Zwecke der Vermittlung von Prostituierten und Kunden betrieben werden, als erlaubnispflichtige Prostitutionsvermittlung anzusehen, soweit ihr Betreiber einen (auch nur mittelbaren) wirtschaftlichen Nutzen aus der Vermittlung zieht (z.B. Werbung)".

Nach hier vertretener Ansicht ist es mehr als fraglich, ob andere Behörden die oben vertretene Ansicht teilen, die bloße Zurverfügungstellung der Möglichkeit einer kostenpflichtigen Schaltung von Werbeanzeigen sei eine Prostitutionsvermittlung analog einer Vermittlung durch eine Escort-Agentur. Dem Verfasser ist kein einziges Kontaktanzeigenportal in Deutschland bekannt, das über eine Erlaubnis nach dem ProstSchG verfügt oder überhaupt auch nur einen Erlaubnisantrag gestellt hat. 

Es sei an diese Stelle noch darauf hingewiesen, dass RA Jüngst keineswegs die Vermittlung von Sachen mit der Vermittlung von Menschen verglichen hat, wie in der amtlichen Mail behauptet wird. Es wurde in der Kommunikation lediglich darauf hingewiesen, dass Immobilienportale wie Immonet u.ä. nicht dadurch zum Makler werden, dass hier Werbeanzeigen für Immobilien veröffentlicht werden. Derartige Portale vermitteln nicht, sondern stellen Werberaum zur Verfügung. Ebenso stellen Anzeigenportale Werberaum zur Verfügung, sie vermitteln nicht. 

Es bleibt abzuwarten, ob die Angelegenheit einer gerichtlichen Klärung zugeführt werden wird.




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