Kündigung wegen Arbeitszeitbetrug – Ihre Kanzlei im Arbeitsrecht klärt auf!

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Arbeitszeitbetrug ist eine ernste Angelegenheit. Dem Arbeitgeber können immense wirtschaftliche Schäden entstehen, die auf unentdeckte Störungen des Betriebsablaufs zurückzuführen sind. Wird der Vorwurf gegenüber Arbeitnehmern erhoben, folgen in der Regel Abmahnungen, ordentliche oder sogar firstlose Kündigungen. Dieser Rechtstipp nimmt den Arbeitszeitbetrug genauer unter die Lupe und gibt einen Überblick über die geltende Rechtslage.

1. Die vertraglich geschuldete Arbeitszeit

Regelungen über die geschuldete Arbeitsleistung sind in Arbeits- oder einschlägigen Tarifverträgen enthalten. Der gesetzliche Rahmen wird unter anderem durch das Arbeitszeitgesetz abgesteckt. Das Weisungsrecht des Arbeitgebers konkretisiert schließlich den Beginn und das Ende der Arbeitszeit.

Vor diesem Hintergrund ist bereits erkennbar, dass der Arbeitnehmer grundsätzlich nur ein geringes Mitspracherecht bei der Wahl und Lage der Arbeitszeit hat. Ausnahmen stellen selbstverständlich Gleitzeitmodelle und Vereinbarungen über flexible Arbeitszeiten dar. In diesem Zusammenhang ist dem Arbeitnehmer eine gewisse Flexibilität eingeräumt. Diese erlaubt es ihm, innerhalb gewisser Grenzen selbst zu entscheiden, wann er arbeitet. 

2. Arbeitszeitverstoß und Arbeitszeitbetrug

Jedes Verhalten des Arbeitnehmers, das in Widerspruch zu den Arbeitszeitvorgaben des Arbeitgebers steht, stellt grundsätzlich einen Arbeitszeitverstoß dar. Hiervon abzugrenzen ist der Arbeitszeitbetrug, dem ein Täuschungsmoment innewohnt. 

In vielen Unternehmen werden elektronische Zeiterfassungssysteme oder Stundenzettel eingesetzt, um die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers und deren zeitlichen Umfang zu dokumentieren. Greift der Beschäftigte in diese Zeiterfassung in der Weise ein, dass bewusst falsche Angaben über die geleistete Arbeitszeit gemacht werden, liegt ein Arbeitszeitbetrug nahe. Dem Arbeitgeber können nämlich erhebliche Schäden drohen, die dadurch entstehen, dass der Mitarbeiter seine Arbeitsleistung nicht, wie vereinbart, erbringt. Bleibt der Arbeitszeitbetrug über einen längeren Zeitraum unentdeckt und zahlt der Arbeitgeber den Lohn für eine Arbeitsleistung, die nie erbracht wurde, können sich schnell beachtliche Summen anhäufen. 

Ein Arbeitszeitverstoß ist auch dann gegeben, wenn der Angestellte über einen längeren Zeitraum hinweg immer zu spät zur Arbeit kommt. Auch hier können dem Arbeitgeber wirtschaftliche Schäden entstehen, wenn der Betriebsablauf durch das ständige Zu-Spät-Kommen erheblich beeinträchtigt wird. 

3. Kündigung wegen Arbeitszeitbetrug

Steht eine Kündigung wegen Arbeitszeitbetrugs im Raum, müssen sämtliche Einzelfallumstände berücksichtigt werden, um deren Rechtmäßigkeit zu beurteilen. Systematisch handelt es sich hierbei um eine verhaltensbedingte Kündigung, sodass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer prinzipiell vorher abmahnen muss. Der Arbeitszeitbetrug ist jedoch ein so schwerwiegender Vorwurf, dass eine Abmahnung im Einzelfall entbehrlich sein kann. Selbst eine fristlose Kündigung kann angemessen sein. 

Auch das Bundesarbeitsgericht hatte sich bereits mit der Frage zu beschäftigen, ob der Arbeitszeitbetrug einen Kündigungsgrund darstellen kann. Hierbei vertritt das höchste deutsche Arbeitsgericht eine klare Linie und führte aus:

„Der vorsätzliche Verstoß eines Arbeitnehmers gegen seine Verpflichtung, die abgeleistete, vom Arbeitgeber nur schwer zu kontrollierende Arbeitszeit korrekt zu dokumentieren, ist an sich geeignet, einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung i.S.v. § 626 Abs. 1 BGB darzustellen. Dies gilt für einen vorsätzlichen Missbrauch einer Stempeluhr ebenso wie für das wissentliche und vorsätzlich falsche Ausstellen entsprechender Formulare. Dabei kommt es nicht entscheidend auf die strafrechtliche Würdigung an, sondern auf den mit der Pflichtverletzung verbundenen schweren Vertrauensbruch.” (BAG v. 9.6.2011 – 2 AZR 381/10).

Fehlt es an stichfesten Tatsachen, die den Arbeitszeitbetrug nachweisen könnten, kann der Arbeitgeber immer noch eine Verdachtskündigung aussprechen. Denn auch in einer solchen Situation kann das Vertrauen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer dauerhaft zerstört sein. 

4. Fazit zur Kündigung wegen Arbeitszeitbetrugs

Wie so oft bei der rechtlichen Würdigung eines Einzelfalles sind auch bei der Kündigung wegen Arbeitszeitbetrugs die Gesamtumstände entscheidend. Dabei dreht sich die Frage der Rechtmäßigkeit neben den formalen Voraussetzungen einer Kündigung vor allem auch um die Bewertung des arbeitsvertraglichen Pflichtverstoßes. Hierbei ist der Blick auf den Schaden zu wenden, der dem Arbeitgeber aufgrund des Arbeitszeitverstoßes entstanden ist. Zu ermitteln ist außerdem, ob der Vertragsverstoß des Beschäftigten dazu geführt hat, dass das Vertrauensverhältnis zum Arbeitgeber dauerhaft zerstört ist. In einem solchen Fall wird eine zukünftige Zusammenarbeit regelmäßig ausscheiden. 

Kommt der Arbeitnehmer regelmäßig zu spät, steht zwar noch nicht der Vorwurf des schwerwiegenden Arbeitszeitbetrugs im Raum, allerdings muss der Beschäftigte sich auf eine Abmahnung gefasst machen. Wurde der Arbeitnehmer erst einmal abgemahnt, ist eine verhaltensbedingte Kündigung in naher Zukunft nicht auszuschließen. Aber: Die Gründe, die nach Ansicht des Arbeitgebers eine Kündigung rechtfertigen, müssen von ihm auch bewiesen werden. Heutzutage, wo die Arbeitszeiterfassung häufig auf Vertrauensbasis erfolgt, ist der Arbeitszeitbetrug nur schwer nachzuweisen. So bleibt oftmals nur Raum für eine Verdachtskündigung, die strengen Anforderungen unterliegt. 

Unabhängig davon, welche Maßnahme des Arbeitgebers im Raum steht, sollten Sie als Arbeitnehmer frühzeitig einen Rechtsanwalt im Arbeitsrecht kontaktieren. So können Sie die Erfolgsaussichten einer Kündigungsschutzklage erörtern und die richtigen Schritte in die Wege leiten. Selbst wenn der Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdet ist, lassen sich je nach Einzelfall hohe Abfindungssummen erstreiten. Nehmen Sie jederzeit gerne Kontakt zu uns auf, wenn Sie Probleme mit Ihrem Arbeitgeber im Zusammenhang mit der Arbeitszeit haben. Wir beraten Sie kompetent und zielführend. 


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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