Kurze Freiheitsstrafe auch bei Bagatelldelikten

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Gemäß § 47 StGB verhängt das Gericht eine Freiheitsstrafe unter 6 Monaten nur, wenn besondere Umstände, die in der Tat und der Persönlichkeit des Täters liegen, die Verhängung einer Freiheitsstrafe zur Einwirkung auf den Täter oder zur Verteidigung der Rechtsordnung unerlässlich machen.


In dem vorliegenden Fall war der Angeklagte wegen Hausfriedensbruchs, Diebstahls geringwertiger Sachen sowie wegen Erschleichens geringwertiger Leistungen in 9 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt worden. Unter anderem hatte der Angeklagte in 9 Fällen in einem Zeitraum von ca. 2 ½ Monaten öffentliche Verkehrsmittel benutzt, ohne im Besitz eines gültigen Fahrscheins von jeweils 1,10 EUR gewesen zu sein. Darüber hinaus hatte er in einem Supermarkt 2 Flaschen Bier im Gesamtwert von 0,62 EUR entwendet und trotz des gegen ihn verhängten Hausverbotes denselben Supermarkt wenige Stunden später erneut betreten. Das Amtsgericht verhängte hierbei eine Gesamtfreiheitsstrafe von 10 Monaten, welchen jeweils Einsatzstrafen von 2 bzw. 3 Monaten Freiheitsstrafe zugrunde lagen, die hierbei die gesetzliche Mindeststrafe von 1 Monat überstiegen.


Nach Auffassung des zur Gewährleistung einer einheitlichen Rechtsprechung angerufenen BGH im Beschluss vom 15.11.2007 – 4 StR 400/07 – gehört die Entscheidung, unter welchen Umständen die Grenzen schuldangemessenen Strafens überschritten sind und dadurch das Übermaßverbot verletzt ist, zur Strafzumessung, und ist damit als tatrichterliche Wertung tatsächlicher Umstände eine Frage des Einzelfalls und keine Rechtsfrage.


Das zur Entscheidung über die Revision berufene OLG war daher nicht gehindert, wegen der besonderen Umstände in der Persönlichkeit des Angeklagten im vorliegenden Fall die verhängte kurze Freiheitsstrafe als unerlässlich i.S.d. § 47 Abs. 1 StGB zu erachten und die Mindeststrafe übersteigende Freiheitsstrafen zu bestätigen. Hierbei weist der BGH darauf hin, dass bereits im Jahr 1979 das Bundesverfassungsgericht die gesetzliche Regelung, wonach für den Diebstahl geringwertiger Sachen Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder Geldstrafe angedroht wird, mit dem Grundgesetz für vereinbar erklärt hat. Nach einer weiteren Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes aus dem Jahre 1994 ist die Verhängung einer kurzen Freiheitsstrafe nicht erst ab einer bestimmten Schadenshöhe noch mit dem Gebot schuldangemessenen Strafens vereinbar, wenn diese etwa in Anbetracht der vielfachen überwiegend einschlägigen Vorstrafen verhängt wird.


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