LAG Hamm: Leiharbeiter erwirkt Arbeitsverhältnis zum Entleiher

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Das Problem:
Viele aufgrund von Werkverträgen bei Subunternehmen beschäftigte Arbeitnehmer werden schlechter bezahlt und arbeiten auch sonst unter schlechteren Bedingungen als ihre festangestellten Kollegen in den Einsatzbetrieben.  Der Wunsch nach Übernahme wird allerdings nur selten erfüllt. Unter Umstände ist es aber möglich vor dem Arbeitsgericht ein Arbeit
 
Der Fall:
Der Arbeitnehmer stand ab dem 05.08.2008 bei einem Reinigungsunternehmen in einem Arbeitsverhältnis. Dieses Reinigungsunternehmen hatte mit einem Bertelsmann Tochterunternehmen eine Rahmenvereinbarung über Dienstleistungstätigkeiten im Reinigungsbereich geschlossen. Der Arbeitnehmer wurde von der Reinigungsfirma im Bereich Facility-Management des Bertelsmann Tochterunternehmens, worüber keine schriftliche Vereinbarung getroffen wurde, schwerpunktmäßig mit den Tätigkeiten Wareneingang, Poststelle sowie Hausmeistertätigkeiten eingesetzt. Eine schriftliche Niederlegung des Leistungsumfangs im Bereich des Facility-Managements zwischen der Reinigungsfirma und Bertelsmanntochterunternehmens erfolgte erst im November 2010.

Dem Arbeitnehmer war ein Arbeitsplatz in einem Büro zur Verfügung gestellt, welches vollständig mit Betriebsmitteln des Bertelsmann Tochterunternehmens ausgestattet war, z. B. Computer mit Anschluss an das betriebsinterne Netzwerk. Für Botendienste nutzte der Arbeitnehmer auch Fahrzeuge des Bertelsmann Tochterunternehmens, obwohl die Reinigungsfirma am Standort eigene Fahrzeuge vorhielt. Von dem Bertelsmann Tochterunternehmen erhielt der Arbeitnehmer auch Sicherheitsschuhe und eine Windjacke, welche auch anderen Mitarbeitern des Bertelsmann Tochterunternehmens im Facility-Management überlassen wurde.

Im April 2012 hat der Arbeitnehmer gegen das Bertelsmann Tochterunternehmen Klage erhoben, um feststellen zu lassen, dass das Arbeitsverhältnis nicht zwischen ihm und der Reinigungsfirma besteht, sondern zwischen ihm und dem Bertelsmann Tochterunternehmen, weil die Reinigungsfirma Arbeitnehmerüberlassung betreibe, ohne die dafür vorgeschriebene Erlaubnis zu haben.

Die Entscheidung:
Mit Urteil vom 05.12.2012 hat das Arbeitsgericht Bielefeld der Klage stattgegeben und festgestellt, dass zwischen dem Arbeitnehmer und dem Bertelsmann Tochterunternehmen seit dem 05.08.2008 ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht. Auch die Berufung des Bertelsmann Tochterunternehmens gegen diese Entscheidung vor dem Landesarbeitsgericht blieb nunmehr ohne Erfolg

Zwischen den Parteien des Rechtsstreits ist aufgrund gesetzlicher Fiktion ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen, da der Arbeitnehmer aufgrund eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrages zwischen der Reinigungsfirma und dem Bertelsmann Tochterunternehmen und nicht aufgrund eines Werk- oder Dienstvertrages tätig geworden ist und die Reinigungsfirma die erforderliche Genehmigung für Arbeitnehmerüberlassung nicht hat. Maßgeblich für die Abgrenzung der Vertragstypen ist der Geschäftsinhalt, der sich sowohl aus den Vereinbarungen der Vertragsparteien als auch aus der praktischen Durchführung des Vertrages ergeben kann. Hier hat die Kammer festgestellt, dass die Tätigkeit des Arbeitnehmers einerseits vom Rahmenvertrag nicht umfasst war und andererseits er hinreichende Indizien vorgetragen hat, dass er in die betriebliche Organisation bei des Bertelsmann Tochterunternehmens eingegliedert war und deren Weisungen unterlag. Das Bertelsmann Tochterunternehmen war also eigentlich nicht Auftraggeber, sondern Entleiher. Deswegen ist von unerlaubter Arbeitnehmerüberlassung auszugehen.

Folge einer unerlaubten Arbeitnehmerüberlassung ist, dass nach dem Gesetz ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Leiharbeitnehmer und dem Entleiher als begründet gilt.

Das Fazit:
Gerade Leiharbeitnehmer sollten sich über ihre Rechte Informieren. Unter Umständen kann mit Hilfe des Arbeitsrechts ein Weg aus der Zeitarbeit gefunden werden oder aber jedenfalls nach dem Grundsatz equal-pay eine Entgelterhöhung erreicht werden.

Urteil, Landesarbeitsgericht Hamm, vom 24.07.2013 - 3 Sa 1749/12 -


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