Landwirte müssen ihren Hof nicht immer abgeben, um Rente zu bekommen

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Muss ein Landwirt zwangsläufig seinen Hof abgeben, um Rente zu bekommen?

Nein! Dies gilt zumindest in den Fällen, in denen der Landwirt keinen Hofübernehmer findet oder dies nicht zu Einkünften führen würde, mit denen er zusammen mit der Rente seinen Lebensunterhalt sicherstellen könnte. Dies entschied das Bundesverfassungsgericht am 23.05.2018 im Rahmen der Verfahren 1 BvR 97/14, 1 BvR 2392/14.

Hier sind die Hintergründe:

Worum ging es in diesem Fall der landwirtschaftlichen Altersrente konkret?

Die hier Betroffene ist Ehegattin eines landwirtschaftlichen Unternehmers. Ihr Rentenantrag wurde im Jahre 2011 abgewiesen, weil der Ehegatte das landwirtschaftliche Unternehmen noch nicht abgegeben hatte. Widerspruch und Klage gegen diese Ablehnung blieben erfolglos. Die Hofabgabe durch den Ehemann als materiell rechtliche Voraussetzung für die Altersrente der Ehefrau ist gesetz- und verfassungsgemäß. Gegen die ablehnende Nichtzulassungsbeschwerde richtet sich die Verfassungsbeschwerde.

Wann erhalte ich als Landwirt eine Regelaltersrente?

Nach § 11 Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) soweit:

1. die Altersgrenze (67 Jahre) erreicht ist;

2. die Wartezeit von 15 Jahren erfüllt ist;

3. das Unternehmen der Landwirtschaft abgeben wurde;

Besteht durch die Hofabgabepflicht eine Verletzung von Art. 103 oder Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG)?

Eine Verfassungsbeschwerde hat bzgl. der Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs nach Art. 103 GG oder Art. 2 Abs. I GG i. V. m. dem Rechtsstaatsprinzip keine Aussicht auf Erfolg.

Besteht durch die Hofabgabepflicht eine Verletzung des Eigentumsrechts gem. Art. 14 GG?

Die Pflicht zur Hofabgabe als Voraussetzung eines Rentenanspruchs nach dem ALG erweist sich als Eingriff in die grundrechtlich geschützte Eigentumsfreiheit gem. Art. 14 GG. Art. 14 GG schützt nämlich die Rentenansprüche und Rentenanwartschaften als vermögenswerte Güter. Die Voraussetzung der Unternehmensabgabe für die Regelaltersrente ist ein Eingriff in das Eigentumsrecht.

Dieser Eingriff könnte jedoch gerechtfertigt sein. Es liegen zwar vielfältige legitime Zwecke vor, wie z. B. das agrarstrukturelle Ziel der frühzeitigen Hofabgabe an Jüngere oder die wichtige Funktion für den Bodenmarkt, sowie auch die Verbesserung von Betriebsstrukturen. Allerdings ist der Eingriff trotz der rechtfertigenden Gründe teilweise nicht zumutbar. Insbesondere in Härtefällen, wo der abgabewillige Landwirt keinen Nachfolger findet oder das Unternehmen zwar abgegeben werden könnte, aber der Landwirt dadurch keine Einkünfte erzielt, die ihm zusätzlich zur Rente den Lebensunterhalt sichern.

Besteht durch die Hofabgabepflicht eine Verletzung des Gleichheitsgebots gem. Art. 3 GG?

Durch die Neuregelung des § 21 ALG zum 01.01.2016 sind nur noch wenige Landwirte von der Abgabepflicht betroffen. Die Eigentümerbefugnisse und -pflichten nach Art. 14 halten also für die einheitliche Personengruppe der Landwirte unterschiedliche Rechtsfolgen parat. Damit wird einer kleinen Gruppe von Landwirten im Vergleich zu anderen Landwirten eine unverhältnismäßige Last aufgebürdet und somit gegen das Gleichheitsgebot des Art. 3 GG verstoßen.

Was bewirkt die Neuregelung des § 21 ALG zum 01.01.2016?

Die Neuregelung hat die Hofabgabe unter Ehegatten erleichtert. Zwar erhält auch derjenige Ehegatte, der von dem anderen Ehegatten das landwirtschaftliche Unternehmen übernommen hat, weiterhin nur eine Rente, wenn er den Hof abgibt. Die entscheidende Änderung seit dem 01.01.2016 ist aber, dass eine Nichtabgabe des Unternehmens nur noch den Rentenanspruch desjenigen Ehegatten entfallen lässt, der das landwirtschaftliche Unternehmen übernommen hat. Auf die Rente des abgebenden Ehegatten hingegen hat dies keinen Einfluss.

Fazit

Aufgrund des § 21 ALG trifft die Hofabgabepflicht nur noch eine geringe Zahl von Landwirten. Es ist daher geboten, die Hofabgabepflicht insgesamt abzuschaffen, da deren Ziele schon heute nicht mehr erreicht werden können. Dies lehnt der Gesetzgeber jedoch auch nach Kenntnis der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes vom 23.05.2018 ab.

Kontaktieren Sie mich, Rechtsanwalt Markus Karpinski, Fachanwalt für Medizinrecht und Fachanwalt für Sozialrecht von der Kanzlei für Pflegerecht in Lüdinghausen unter 0 25 91 – 20 88 58 und Dortmund unter  02 31 - 22 25 568 .


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