Mängel beim Hauskauf 2019 – ABC der Mängel – Teil 2

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Einzelfälle

Altschäden

Fraglich ist, ob jeder alte Schaden dem Interessenten erläutert werden muss. Wie immer hängt es von der Fragestellung ab, wozu das OLG Düsseldorf Folgendes ausgeführt hatte:

1. Wer gutgläubig falsche Angaben macht, handelt nicht arglistig – es sei denn, er behauptet etwas im Wissen der fehlenden Kenntnis.

2. Auf eine rein in der Gegenwartsform formulierte Frage nach Schäden müssen Jahre zurückliegende und der eigenen Ansicht nach behobene Schäden nicht erwähnt werden.

3. Solche Schäden müssen dem Verkäufer dann auch nicht als möglicherweise immer noch oder wieder vorhandene Schäden im Gedächtnis sein, sofern sie nach Behebung jedenfalls nicht mehr merklich aufgetreten sind. OLG Düsseldorf, Urteil vom 12.03.2018 - 9 U 38/17

Behobene Mängel sind auch deshalb von Bedeutung, weil solche bei fachgerechter Reparatur – meist – nicht erläutert werden müssen. Auf das Stichwort behobene Mängel darf verwiesen werden.

Altlasten – Altlastenverdacht ist bereits ein Sachmangel und darf nicht arglistig verschwiegen werden!

Immer häufiger werden Altlasten beanstandet und es fragt sich, wann ein Verkäufer darüber aufzuklären hat. Dabei reicht es schon aus, wenn die frühere Nutzung einen solchen Altlastenverdacht begründet. Wenn dann der Verkäufer diese frühere Nutzung kannte und dieses dem Käufer nicht offenbart, handelt er auch subjektiv arglistig.

Wenn dann der Verkäufer behauptet, dass er bei Vertragsschluss angenommen habe, der Altlastenverdacht sei ausgeräumt, muss er dies anhand objektiver Umstände plausibel machen. Es trifft ihn eine sekundäre Darlegungslast (BGH, Urteil vom 21.07.2017 - V ZR 250/15).

Arglist liegt dann vor, wenn der Verkäufer die frühere Nutzung des Grundstücks kannte und es zumindest für möglich hielt, dass diese einen Altlastenverdacht begründet. Auch insoweit müssen keine konkreten – dem Verkäufer bekannten – Tatsachen hinzutreten, welche den Altlastenverdacht erhärten. Anderes gilt, wenn besondere Umstände vorliegen, aufgrund derer der Verkäufer davon ausgehen darf, eine Schadstoffbelastung bestehe trotz einer gefahrenträchtigen Nutzung nicht, beispielsweise weil eine Altlastenuntersuchung oder -sanierung erfolgreich durchgeführt wurde BGH, Urteil vom 21.07.2017 - V ZR 250/15).

Asbest BGH, Urteil vom 12.11.2010 - V ZR 181/09            

Das OLG wies die Klage ab, weil eine asbesthaltige Fassade keinen Mangel begründe (OLG Celle, IMR 2009, 104). Dieses Urteil hob der BGH auf (IMR 2009, 216)

Ein Verkäufer darf nicht erwarten, dass der Käufer Finanzierungsunterlagen auf Mängel des Kaufobjekts hin durchsieht. Es ist daher irrelevant, dass die Asbestverwendung der Baubeschreibung zu entnehmen ist. Da es sich bei der behaupteten unterbliebenen Offenbarung um eine negative Tatsache handelt, kommen dem Käufer Erleichterungen nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast zugute. Er muss lediglich die vom Verkäufer in räumlicher, zeitlicher und inhaltlicher Weise zu spezifizierende Aufklärung ausräumen.

Asbest II

Früher gebräuchliches asbesthaltiges Material stellt (nur) dann einen offenbarungspflichtigen Mangel dar, wenn das Wohnhaus vom "durchschnittlichen Käufer" nicht mehr als uneingeschränkt geeignet aufgefasst wird.

2. An einer solchen uneingeschränkten Eignung fehlt es auch dann, wenn übliche Umgestaltungs-, Renovierungs- oder Umbaumaßnahmen nicht ohne gravierende Gesundheitsgefahren vorgenommen werden können.

3. Eine rein abstrakte Gefahr durch Asbest reicht dagegen für die Mangelhaftigkeit nicht aus, etwa wenn entsprechende risikoreiche Arbeiten nur durch Fachleute erwartet werden dürfen, die um die Gesundheitsgefahr wissen.

Bekannt ist, dass von den Heizgeräten bei üblichem Gebrauch und üblicher Handhabung keine Gesundheitsgefahr ausgeht. Das aber wäre für die Qualifikation als Mangel erforderlich (BGB § 434 Abs. 1 Satz 2). Von einem Mangel des Kaufgegenstandes ist erst, aber auch ohne akute Sanierungsbedürftigkeit schon dann auszugehen, wenn die ernsthafte Gefahr besteht, dass Stoffe mit einem erheblichen gesundheitsgefährdenden Potenzial im Rahmen der üblichen Nutzung des Kaufobjekts austreten (OLG München, Urteil vom 01.12.2009 - 5 U 1743/09).

Arglistiges Verschweigen

Eine Haftung kommt in Betracht, wenn der Kläger beweist, dass Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen haben (§ 444 BGB). Richtig ist, dass ein arglistiges Verschweigen im Sinne von § 444 BGB eine Aufklärungspflicht des Verkäufers über einen Sachmangel voraussetzt, und dass der Verkäufer Umstände, die für den Kaufentschluss des Käufers erheblich sind, von sich aus nur offenbaren muss, wenn er sie selbst kennt oder sie zumindest für möglich hält (vgl. Senat, Urteil vom 15. Juni 2012 - V ZR 198/11, BGHZ 193, 326 Rn. 10).

Dieses ist genau zu prüfen, weil ein solches arglistiges Verschweigen eben dann ausscheiden kann, wenn der Mangel für den Käufer erkennbar ist, oder der Verkäufer den Mangel nicht wahrgenommen hat.

"Arglistig handelt nur derjenige, der bewusst einen offenbarungspflichtigen Mangel verschweigt. Ein solches Bewusstsein fehlt, wenn der Mangel von seinem Verursacher nicht als solcher wahrgenommen wird" (KG, Urteil vom 09.10.2015 - 21 U 74/14, IBR 2016, 692).

1. Aufklärungspflicht Mängel

Eine Aufklärungspflicht besteht über besonders wichtige Umstände, die für die Willensbildung des Käufers offensichtlich von ausschlaggebender Bedeutung sind. (OLG Brandenburg, Beschluss vom 07.09.2016 - 4 U 171/10)

Selbst bei gravierenden Mängeln kann daher nur im Ausnahmefall auf eine positive Kenntnis bzw. Arglist geschlossen werden (vgl. BGH, IBR 2010, 574).

Aufklärung – Beweislast

Behauptet der Verkäufer, den Käufer vor Vertragsschluss über einen offenbarungspflichtigen Umstand aufgeklärt zu haben, muss der Käufer beweisen, dass die Aufklärung nicht erfolgt ist. Das gilt auch dann, wenn der Verkäufer behauptet, einen durch vorheriges aktives Tun beim Käufer hervorgerufenen Irrtum durch spätere Aufklärung beseitigt zu haben (Bestätigung von Senat, Urteil vom 22.10.1976 - V ZR 247/75, LM § 123 BGB Nr. 47).

BGH, Urteil vom 27.06.2014 - V ZR 55/13

Baugenehmigung

Eine fehlende Baugenehmigung stellt regelmäßig einen Sachmangel des veräußerten Wohnungseigentums dar (BGH, IBR 2003, 1074 - nur online). Allerdings kommt es für die Frage des Sachmangels auf die Genehmigungsbedürftigkeit ausnahmsweise dann nicht an, wenn die Behörde bereits bei Gefahrübergang als dem auch bei Arglist nach § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB maßgeblichen Zeitpunkt eine rechtsverbindliche Entscheidung dazu getroffen hat, ob der nach dem Kaufvertrag vorausgesetzten Nutzung öffentlich-rechtliche Hindernisse entgegenstehen. Gewährleistet eine solche Entscheidung dem Käufer Bestandsschutz, scheidet ein Sachmangel aus. Liegt bei Gefahrübergang eine Nutzungsuntersagung vor, ist das Kaufobjekt ohne weiteres mit einem Sachmangel behaftet. Da die Nutzungsuntersagungsverfügung erst nach Gefahrübergang ergangen ist, hängt die Annahme eines Sachmangels davon ab, ob die vom Verkäufer vorgenommenen baulichen Veränderungen im Zeitpunkt des Gefahrübergangs genehmigungsbedürftig gewesen sind (BGH, Urteil vom 12.04.2013 - V ZR 266/11).

Baurechtswidrig

Das Fehlen einer notwendigen Baugenehmigung stellt grundsätzlich einen Fehler im Sinne von § 459 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. dar. Dies gilt unabhängig von der Frage, ob die Einrichtung genehmigungsfähig ist, weil die Baubehörde die Nutzung bis zur Erteilung der Genehmigung untersagen kann (OLG Hamm, Urteil vom 21.02.2008 - 22 U 145/07).

Baulast

Sachmangel i. S. d. § 434 I S. 2 BGB: Auch wenn ein arglistig verschwiegener Sachmangel für den Willensentschluss des Käufers nicht ursächlich war, ist dem Verkäufer die Berufung auf den vereinbarten Haftungsausschluss gemäß § 444 BGB verwehrt.

BGH, Urteil vom 15.07.2011 - V ZR 171/10

„Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs besteht auch bei Vertragsverhandlungen, in denen die Parteien entgegengesetzte Interessen verfolgen, für jeden Vertragspartner die Pflicht, den anderen Teil über solche Umstände aufzuklären, die den Vertragszweck des anderen vereiteln können und daher für den Entschluss eines verständigen Käufers von wesentlicher Bedeutung sind, sofern eine Mitteilung nach der Verkehrsauffassung erwartet werden kann. Für den Kauf eines Hausgrundstücks hat der Senat eine Pflicht zur Offenbarung verborgener wesentlicher Mängel angenommen (vgl. nur Senat, Urteil vom 8. Dezember 1989 - V ZR 246/87, BGHZ 109, 327, 330; Urteil vom 23. März 1990 - V ZR 233/88, NJW-RR 1990, 847, 848 jeweils mwN).“

Weiter geht es mit Teil 3 und weiteren Einzelheiten.



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