Mängel beim Hauskauf 2019 – ABC der Mängel, Teil 4

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Makler

Das Verhalten des Maklers muss sich der Verkäufer zurechnen lassen, wenn der Makler mit Wissen und Wollen des Verkäufers als dessen Repräsentant aufgetreten und im Rahmen der Erfüllung von Aufgaben (hier: Aufklärung über Feuchtigkeitsschäden) tätig geworden ist, die typischer Weise dem Verkäufer obliegen (BGH, Beschluss vom 22.07.2015 – V ZR 245/14).

Mangel beseitigt

Fraglich ist, ob man aufklären muss, wenn ein Mangel vorgelegen hat, der aber beseitigt wurde.

Der BGH hatte schon entschieden, dass es keine Vermutung gibt, dass ein Mangel fortwirkt.

„Anders als hinsichtlich des Fortbestands einmal entstandener Rechte besteht keine Vermutung für die Fortdauer eines einmal eingetretenen tatsächlichen Zustands mit der Wirkung einer Umkehr der Beweislast“ (vgl. dazu nur: BGH, Urteil vom 10.07.1987 – V ZR 152/86).

Selbst bei gravierenden Mängeln kann daher nur im Ausnahmefall auf eine positive Kenntnis bzw. Arglist geschlossen werden (vgl. BGH, IBR 2010, 574).

Nachfristsetzung

Hat der Verkäufer einen Mangel arglistig verschwiegen, braucht ihm der Käufer keine Frist zur Nacherfüllung zu setzen, um seinen Anspruch auf Schadensersatz oder Minderung durchsetzen zu können. Arglistiges Verhalten des Verkäufers zerstört die erforderliche Vertrauensgrundlage für eine Nacherfüllung (BGH, Beschluss vom 28.02.2007 – V ZB 154/06).

Offenbarungspflicht/Ursächlichkeit für Kaufentschluss

Richtigerweise ist die Ursächlichkeit der Arglist für den Kaufentschluss unerheblich. Anders als in § 123 Abs. 1 BGB („zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung … bestimmt“) findet die Kausalität in dem Wortlaut des § 444 BGB keine Erwähnung („kann sich der Verkäufer nicht berufen, soweit er den Mangel arglistig verschwiegen … hat“). Ein Kausalitätserfordernis wäre im Recht der Sachmängelhaftung systemwidrig.

Der Vorrang der Nacherfüllung, der sich für den Rücktritt aus § 437 Nr. 2, § 323 Abs. 1 BGB und für den Schadens- bzw. Aufwendungsersatz aus § 437 Nr. 3, § 281 Abs. 1 Satz 1, § 284 BGB ergibt, steht den von den Klägern geltend gemachten Ansprüchen nicht entgegen. Ohnehin ist nicht ersichtlich, dass der Beklagte die Baulast beseitigen könnte. 

Jedenfalls aber wäre bei einer arglistigen Täuschung die Nacherfüllung unzumutbar (Senat, Urteil vom 8. Dezember 2006 – V ZR 249/05, NJW 2007, 835 Rn. 10 ff.; BGH, Urteil vom 9. Januar 2008 – VIII ZR 210/06, NJW 2008, 1371 Rn. 19 f.).

Auch wenn ein arglistig verschwiegener Sachmangel für den Willensentschluss des Käufers nicht ursächlich war, ist dem Verkäufer die Berufung auf den vereinbarten Haftungsausschluss gemäß § 444 BGB verwehrt.

Auf eine Kausalität für den Kaufentschluss kommt es dabei nach Ansicht des BGH nicht an. Der BGH begründet diese dogmatisch interessante und umstrittene Frage wie folgt: Nach dem Wortlaut des § 444 BGB komme es – ebenso wie bei § 433 BGB und anders als bei § 123 Abs. 1 BGB – nicht auf die Kausalität für den Willensentschluss des Käufers an. 

Die Anfechtbarkeit gemäß § 123 Abs. 1 BGB schütze den freien Willensentschluss des Anfechtungsberechtigten; dagegen schütze § 444 BGB den Käufer vor einer unredlichen Freizeichnung des Verkäufers. Ferner sei ein Kausalitätserfordernis im Sachmängelrecht systemwidrig (BGH, Urteil vom 15.07.2011 – V ZR 171/10).

„Es liegt ein solcher wesentlicher Mangel auch dann vor, wenn der Käufer – wie hier – den Vertrag in Kenntnis des Mangels ebenfalls geschlossen hätte und dieser damit nicht ursächlich für seinen Kaufentschluss geworden ist. Ob ein Mangel so wesentlich ist, dass er ungefragt offenbart werden muss, kann, wie die Revision zu Recht geltend macht, nicht aus der Sicht des jeweiligen Käufers bestimmt werden.

Maßgeblich ist allein, ob ein verständiger Verkäufer damit rechnen muss, dass der verschwiegene Mangel Einfluss auf die Entscheidung des Käufers hat. Dann ist der Mangel unabhängig von seinem tatsächlichen Einfluss auf den Kaufentschluss wesentlich und der Verkäufer zur Offenbarung verpflichtet.

Die seitens des Berufungsgerichts festgestellte fehlende Ursächlichkeit des Mangels für den Kaufentschluss schließt die geltend gemachten Ansprüche nicht aus. Ob sich ein Verkäufer auf den vereinbarten Haftungsausschluss berufen kann, wenn ein arglistig verschwiegener Mangel ohne Einfluss auf den Willensentschluss seines Vertragspartners war, ist für § 444 BGB in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung höchstrichterlich allerdings noch nicht entschieden worden.“

Sichtbare Mängel/Aufklärungspflicht

Die Aufklärungspflicht des Verkäufers gegenüber dem Käufer eines Hausgrundstücks entfällt regelmäßig bei solchen Mängeln, die einer Besichtigung zugänglich oder ohne weiteres erkennbar sind. Dies gilt namentlich dann, wenn der Käufer durch ein Expertenteam (Architekt, Bankkaufmann) unterstützt wird (hier: eingeschränkte Nutz- sowie nicht gegebene Vermietbarkeit von Kellerräumen, OLG Koblenz, Urteil vom 18.11.2009 – 1 U 159/09, IMR 2010, 298; auch OLG Hamm, Urteil vom 30.01.2003 – 22 U 34/02, IBR 2003, 1062 – nur online).

Richtig ist also, dass für Mängel, die einer Besichtigung zugänglich und damit ohne weiteres erkennbar sind, keine Offenbarungspflicht besteht. Der Käufer kann insoweit eine Aufklärung nicht erwarten, weil er diese Mängel bei der im eigenen Interesse gebotenen Sorgfalt selbst wahrnehmen kann.

Nicht ohne weiteres erkennbar sind aber solche Mängel, von denen bei einer Besichtigung zwar Spuren zu erkennen sind, die aber keinen tragfähigen Rückschluss auf Art und Umfang des Mangels erlauben. In diesen Fällen muss der Verkäufer gemäß seinem Kenntnisstand aufklären und darf sein konkretes Wissen nicht zurückhalten (vgl. BGH, Urteil vom 16. März 2012 – V ZR 18/11, aaO, Rn. 22 mwN).

„Bei Mängeln, die einer Besichtigung zugänglich und damit ohne weiteres erkennbar sind, besteht dagegen keine Offenbarungspflicht“ (BGH, Urteil vom 19.02.2016 – V ZR 216/14, IMRRS 2016, 0515).

Silberfischchen

Der Erwerber einer gebrauchten, älteren Eigentumswohnung kann nicht erwarten, dass diese Wohnung völlig frei von Silberfischchen ist. Bei einer zu Wohnzwecken bestimmten Immobilie ist es nicht ungewöhnlich, dass ein Grundbestand von Silberfischchen vorhanden ist. Allein dieser begründet keinen Mangel (OLG Hamm, Urteil vom 12.06.2017 – 22 U 64/16).

Spitzboden

  1. Der ohne Baugenehmigung vorgenommene Umbau eines Speichers zu Wohnraum stellt einen Sachmangel des verkauften Hausgrundstücks dar. 
  2. Die bloße Unkenntnis des Verkäufers von der Notwendigkeit der einzuholenden Baugenehmigung begründet für sich genommen noch kein arglistiges Verschweigen i. S. d. § 463 Satz 2 BGB und berechtigt den Käufer daher nicht zu Schadensersatzforderungen. BGH, Urteil vom 26.04.1991 – V ZR 73/90

Tauben, fliegende Vögel

Fliegende Tauben vom Nachbargrundstück können eine negative Beschaffenheit des Grundstücks darstellen, wenn deren Kot oder Gefieder oder deren Gurren über das, was von wild lebenden Vögeln ausgeht, wesentlich hinausgeht und deswegen nicht mehr als normal angesehen werden kann (hier verneint) (OLG Köln, Beschluss vom 27.03.2014 – 19 U 178/13).

Wahrheitswidrige Aussagen zum Kaufobjekt können Arglist des Verkäufers begründen!

Wenn wahrheitswidrig mitgeteilt wird, dass sämtliche Arbeiten am Haus durch Fachfirmen ausgeführt worden seien und keine Sanierungsarbeiten stattgefunden hätten, kann darin eine wahrheitswidrige Aussage liegen.

Kenntnis von der Sachmangelhaftigkeit des Kaufgegenstands beim Verkäufer liegt zumindest dann vor, wenn er selbst gegenüber dem ausführenden Bauunternehmer diesbezüglich Mängelrügen in der Vergangenheit erhoben hat.

Informiert der Verkäufer den Käufer hierüber nicht, liegt ein arglistiges Verschweigen vor, weil solche Umstände für die Willensbildung eines verständigen Käufers von wesentlicher Bedeutung sind (OLG Brandenburg, Urteil vom 14.11.2013 – 5 U 6/11).

Der Verkäufer ist verpflichtet, Fragen des Käufers zum Kaufgegenstand richtig und vollständig zu beantworten, und zwar selbst dann, wenn eine Offenbarungspflicht nicht bestand (BGH, Urteil vom 16.03.2012 – V ZR 18/11, IMR 2012, 1122 – nur online).

Wohnfläche

Die Verkäuferin handelt nicht arglistig, wenn sie nicht offenlegt, dass sie das Exposé selbst nicht eingesehen oder überprüft hat, wenn sie der Maklerin gegenüber zutreffende Angaben gemacht hat, die Maklerin aber versehentlich und ohne Wissen der Verkäuferin eine falsche Flächenangabe in das Exposé aufgenommen hat.

Der Senat geht jedoch davon aus, dass die betreffenden Erklärungen ohne Rechtsbindungswillen abgegeben worden sind, sodass keine Beschaffenheitsvereinbarung zustande gekommen ist.

OLG Bremen, Urteil vom 21.11.2013 – 3 U 23/13

Überbaurente als Rechtsmangel

  1. Ragt ein auf dem verkauften Grundstück stehendes Gebäude auf das Nachbargrundstück, liegt darin ein Rechtsmangel. Einen derartigen Mangel erfasst der kaufvertragliche Gewährleistungsausschluss nicht, wenn die notarielle Urkunde insoweit nur auf Sachmängel abhebt.
  2. Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis des Käufers von dem Rechtsmangel kann in einem derartigen Fall nur angenommen werden, wenn sie sich auch auf die Rentenzahlungspflicht nach § 912 Abs. 2 BGB erstreckt.
  3. Der Beweisantrag, einen Zeugen zu einer nicht in seiner Person eingetretenen inneren Tatsache zu vernehmen (hier: Arglist des Verkäufers), ist im Allgemeinen nur erheblich, wenn schlüssig dargelegt wird, aufgrund welcher Umstände der Zeuge von der inneren Tatsache Kenntnis erlangt hat.

OLG Koblenz, Urteil vom 14.06.2007 – 5 U 37/07

Umwandlung Kellerräume in Einliegerwohnung – Baugenehmigung

Ein fachunkundiger Bauherr, der in seinem Haus ohne baurechtliche Genehmigung Kellerräume in eine „Einliegerwohnung“ umgewandelt hat, handelt beim Verkauf des Hauses nur arglistig, wenn er greifbare Anhaltspunkte dafür hat, dass die „Einliegerwohnung“ baurechtlich nicht zulässig war.

OLG Zweibrücken, Urteil vom 08.05.2008 – 4 U 74/07

Unterlassen Aufklärung

Das Unterlassen eines Hinweises des Verkäufers, dass er sich über die Ursache der sichtbaren Symptome eines Mangels (Feuchtigkeitsflecken) nicht sicher sei, stellt kein arglistiges Verschweigen eines Mangels dar. (BGH, Urteil vom 16.03.2012 – V ZR 18/11).

Verjährung

Hier gilt die 10-jährige Verjährungsfrist des § 199 Abs. 3 Nr. 2 BGB, die unabhängig von Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis mit Abnahme am 01.01.2002 zu laufen begonnen habe (KG, Urteil vom 09.10.2015 – 21 U 74/14; BGH, Beschluss vom 29.06.2016 – VII ZR 270/16 Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen).

Weitere Auskünfte erteilen wir gerne.

Joachim Germer
Rechtsanwalt u. Fachanwalt f. 
Bau- u. Architektenrecht



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