Meine Rechte als Selbstständiger in der Corona-Krise – Mietrecht

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Das Problem: Schließung oder Beeinträchtigung durch SARS-CoV-2-Pandemie

Aktuell haben viele Restaurantbetreiber, Einzelhändler und Freiberufler mit der Corona-Krise zu kämpfen. Durch Ansammlung- und Kontaktverbote ist die wirtschaftliche Tätigkeit eingeschränkt oder sogar vollständig untersagt worden. Die Bundes- und Landesregierungen haben Soforthilfemaßnahmen angeschoben und Unterstützung zugesichert.

Die Hilfen des Staates: 

Die Leistungen der Bundes- und Landesregierung sind jedoch eher als „Tropfen auf dem heißen Stein“ anzusehen.

  • Kredite helfen im Übrigen nicht, sondern schieben nur das Problem auf. Ob und wann die Geschäfte wieder öffnen können, ist ungewiss. Die Tilgungsleistungen und Zinsen verschieben sich in die Zeit, in die die Geschäfte voraussichtlich erst wieder langsam anlaufen, dann aber unter erschwerten Bedingungen und mit hohen Nachzahlung- und Zins- und Tilgungspflichten.
  • Die Sofortmaßnahmen und Soforthilfen von Bundes- und Landesregierung sind leider teilweise nicht für alle geeignet und gut durchdacht. Der Unternehmer und Klein-Selbstständige, der mit seinen Arbeiten in Vorleistung geht und erst ein bis zwei Monate nach seiner Leistung Rechnungen schreibt, bleibt voraussichtlich mit seinem Antrag außen vor. Aktuell gehen die Zahlungen aus den Leistungen und Rechnungen von Februar und der Zeit davor ein, der Umsatzeinbruch wird bei vielen Selbstständigen, die Dienstleistungen erbringen, erst mit Verzögerung eintreten. Da die Antragsfrist für die Soforthilfe nach aktuellem Stand der Gesetzgebung zum 30.04. ausläuft, werden die Betroffenen, die jetzt schon den Auftragseinbruch feststellen, ab Mai ohne Geld dastehen – ohne die Chance, die Soforthilfe in Anspruch zu nehmen.
  • Unabhängig davon laufen die Kosten weiter – Miete, Nebenkosten, Strom, Gas, Versicherungen, Pkw-Raten und Betriebskosten, Leasingraten und Wartungskosten für Geräte.

Lösungsansätze:

Es empfiehlt sich daher, mit den Vertragspartnern ins Gespräch zu kommen und um Stundung, besser Anpassung der vertraglichen Zahlungen zu bitten. Zuvor sollten Sie Ihre rechtliche Situation prüfen lassen, um auch mit tragfähigen Argumenten verhandeln zu können.

Einzelne Möglichkeiten zur Kostenreduzierung: 

Unbeachtet von vielen ist geblieben, dass neben den aktuell angekündigten Regelungen zum Mietrecht auch alle anderen Dauerschuldverhältnisse von den Hilfsmaßnahmen betroffen sind. In Artikel 240. Im aktuell veröffentlichten Bundesgesetzblatt Nr. 14/2020 findet sich Regelungen zu Dauerschuldverhältnissen im Allgemeinen und ergänzend zu Verbraucherkrediten, für die der Gesetzgeber in Moratorium bis zum 30.06.2020 angeordnet hat.

Personalkostenreduzierung

Die Personalkosten lassen sich teilweise durch den Antrag auf Kurzarbeitergeld abfedern.

Mietkosten

Selbst große Gesellschaften und Unternehmen kommen, wie es sich aus der aktuellen Tagespresse ergibt (Beispiel: Handelsblatt vom 27.03.2020) auf die ethisch und moralisch in dieser Zeit sicherlich sehr fragwürdige spontane Idee, die Miete ohne Absprache mit den Vermietern einfach nicht mehr zu bezahlen.

Aber eine solche Entscheidung hilft nicht wirklich weiter, sondern ist vielleicht sogar dazu geeignet, die Probleme zu verschlimmern. Dem individuellen Mieter hilft es nicht weiter, da die Forderung des Vermieters und dessen Recht auf Zahlung weiterhin besteht und mit den Verzugsfolgen zu rechnen ist. Es drohen Ansprüche aus Verzugsschaden, mindestens der Zinsanspruch bei gewerblichen Mietern in Höhe von 9 % Zinsen (§§ 286, 288 II BGB).

Der Vermieter wird zudem verärgert, fühlt sich unter Druck gesetzt und wird unter Umständen selbst in Zahlungsschwierigkeiten gebracht und wird nach der durch das Moratorium angeordneten Wartezeit nicht zögern, die außerordentliche/fristlose Kündigung des Mietverhältnisses nach den §§ 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3, 569 Abs. 3 BGB auszusprechen.

Änderung durch Art. 240, § 2 des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie?

Auch hilft die aktuelle Rechtsänderung vom 27.März 2020 (BGBl. Nr. 14 vom 27.03.2020) dem Inhaber des stillgelegten oder beeinträchtigten Betriebs nicht wirklich weiter. Zwar hat die Bundesregierung beschlossen, dass wegen Mietschulden aus dem Zeitraum zwischen dem 1. April 2020 und dem 30. Juni 2020 Vermieter das Mietverhältnis nicht kündigen dürfen, sofern die Mietschulden auf den Auswirkungen der Covid-19-Pandemie beruhen. Die Verpflichtung der Mieter zur fristgerechten Zahlung der Miete bleibt aber grundsätzlich bestehen. Auch treten weiterhin die Folgen des Verzugs ein, der Mieter macht sich, wie oben ausgeführt, schadensersatzpflichtig und muss gegebenenfalls unmittelbar nach dem 30.06.2020 mit der außerordentlichen, fristlosen Kündigung und der Räumung rechnen. Denn die aktuellen neuen Regelungen gelten nur bis zum 30. Juni 2020.

Alternativlösungen und Vorschlag:

Fraglich ist daher, ob es nicht andere Möglichkeiten gibt, Anpassungen für die Zeit der Pandemie vorzunehmen – und ob man hierauf auch einen Rechtsanspruch hat.

Prüfung des Rechts und der Möglichkeit zur Anpassung des Mietvertrages:

Hierzu lohnt es sich, in den Mietvertrag zu schauen. Wenn Ihr Mietvertrag eine Nutzung des Objekts ausdrücklich vorschreibt und vorgibt und die behördliche Anordnung beispielsweise die Nutzung des Restaurants untersagt, ist Ihnen der Betrieb Ihres Unternehmens im rechtlichen Sinn „unmöglich“ geworden, dies entspricht der Regelung in den §§ 275, 326 Abs. 1 BGB. In einem solchen Fall haben Sie – je nach der gesamten Vertragssituation – das Recht, die Miete auszusetzen.

In allen anderen Fällen ist daran zu denken, dass beide Vertragsparteien zum Vertragsschluss eine solche aktuelle Situation nicht bedacht haben. Hierzu hat der Gesetzgeber aufgrund eines bereits seit Jahrzehnten bestehenden gerichtlich anerkannten Rechtsinstituts „Wegfall der Geschäftsgrundlage“ bereits zum 01.01.2003 die Vorschrift des § 313 IV BGB geschaffen, die die Vertragsparteien zur Anpassung des Vertrages zwingt, wenn sich – so der Gesetzestext – Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert haben und die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten. Die hierzu ergangene Rechtsprechung ist mit dem Anpassungsrecht bisher sehr zurückhaltend umgegangen, da zum einen viele Verträge insbesondere mit gewerblichen Mietern hierzu konkrete Vereinbarungen vorsehen, andererseits aber immer auch Einzelfälle beurteilt werden mussten, die oft Fälle betrafen, in denen das unternehmerische Risiko der eingetretenen Veränderungen mehr dem Risikobereich des Unternehmens als dem des Vermieters zugeordnet werden mussten. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs trägt bei der Gewerberaummiete grundsätzlich der Mieter das Verwendungsrisiko bezüglich der Mietsache (Senatsurteile vom 29. September 1999 – XII ZR 313/98 – NZM 2000, 36, 40; vom 16. Februar 2000 – XII ZR 279/97 – NJW 2000, 1714, 1716; vom 19. Juli 2000 – XII ZR 176/98 – NJW-RR 2000, 1535, 1536; vom 26. Mai 2004 – XII ZR 149/02 – NJW-RR 2004, 1236 und vom 21. September 2005 – XII ZR 66/03 – NJW 2006, 899, 901). Dazu gehört vor allem das Risiko, mit dem Mietobjekt Gewinne erzielen zu können. Erfüllt sich die Gewinnerwartung des Mieters nicht, so verwirklicht sich damit ein typisches Risiko des gewerblichen Mieters. In der aktuellen Situation gibt es aber viele Argumente und Gesichtspunkte, die die Verhältnisse anders erscheinen lassen. Von daher sollten Sie als Betroffener Ihr Anpassungsrecht für Ihren speziellen Fall prüfen lassen und in Verhandlungen treten, bevor Sie einseitig eine konfrontative Situation schaffen, die im Ergebnis nur schaden kann.

Prüfung und Sichtung der Geschäftsversicherungsunterlagen

Insbesondere bei langjährig besehenden Betrieben lohnt sich ein Blick in die Versicherungsunterlagen. Denn die meisten Versicherungsunternehmen und deren Vertreter und Vermittler haben bei dem Abschluss der Versicherungsverträge in den Geschäftsversicherungen auch eine Betriebsunterbrechungsregelung vorgesehen, die Leistungen für den Fall einer Schließung aufgrund von außen einwirkender Ereignissen vorsehen. Die Versicherungsverträge sind in dieser Hinsicht aber sehr unterschiedlich und komplex und individuell und sollten sorgfältig geprüft werden. Eine solche Deckung kann auch Ihren (Klein-) Betrieb vielleicht vor allen weiteren Folgen der Krise retten. 

Wenn Sie mit Ihrem Betrieb rechtlichen Rat, Hilfe oder Unterstützung benötigen, sprechen Sie uns einfach an. Wir sind auch jetzt, in der Krise, für Sie da und helfen Ihnen weiter.

Gerne kümmern wir uns auch um alle Fragen rund um die benannten Vertragsverhältnisse, ebenso unterstützen wir Sie gerne bei Ihren Anträgen auf Förderung und Soforthilfe.



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