Musterklage gegen die Volkswagen AG offenbart Nachteile des Verfahrens

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Den Medien war am 14.02.2020 zu entnehmen, dass der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände und die Volkswagen AG im anhängigen Musterklageverfahren vor einer Einigung standen. Für den Abbruch der Verhandlungen geben sich die Parteien gegenseitig die Schuld.

Stellt man die Begründungen beider Seiten für den Abbruch gegenüber, kommt man zu der Erkenntnis, dass VW neben Entschädigungszahlungen für die Verbraucher einen zusätzlichen Betrag von immerhin 50.000.000 EUR zahlen sollte. Mit diesem Betrag sollten vermutlich die Rechtsanwälte der Klägerin honoriert werden, damit sie die Leistungsberechtigung für jeden einzelnen Verbraucher gegenüber der VW AG darlegen und nachweisen. Dieser Nachweis ist Voraussetzung für tatsächliche Zahlungen an die Verbraucher.

Dazu sollte man wissen, dass ein Vergleich in einem Musterklageverfahren nach § 611 Abs. 2 ZPO folgende Regelungen enthalten soll:

  1. die auf die angemeldeten Verbraucher entfallenden Leistungen,
  2. den von den angemeldeten Verbrauchern zu erbringenden Nachweis der Leistungsberechtigung,
  3. die Fälligkeit der Leistungen und
  4. die Aufteilung der Kosten zwischen den Parteien.

Würde ein Vergleich mit diesem Inhalt geschlossen, wäre das Musterklageverfahren abgeschlossen.

Es könnte dann jeder in das Klageregister eingetragene Verbraucher, soweit er dem Vergleich nicht widerspricht, nun auch ohne anwaltliche Hilfe gegenüber VW aufgrund der Regelungen im Vergleich seinen Zahlungsanspruch geltend machen, den Vergleich für seinen jeweiligen Einzelfall also abwickeln.

Diese Abwicklungstätigkeit für jeden einzelnen Verbraucher durch deren Rechtsanwälte wollte die Klägerin nun offenbar, jedenfalls zunächst, direkt in den Vergleichstext mit aufnehmen. Es mag jeder selbst entscheiden, ob ein solcher Vorschlag der Klägerin nun im Sinne der geschädigten Verbraucher ist.

Und hier offenbart sich also ein Nachteil dieses Musterfeststellungsverfahrens:

Die in das Klageregister eingetragenen Verbraucher können das Handeln des klagenden Verbraucherverbandes und damit auch deren Prozessvertreter nicht beeinflussen.

Zudem wird erst die Zukunft zeigen, ob es in einem Klageverfahren, das kraft Gesetzes nur auf eine Feststellung abzielt, möglich sein wird, Zahlungsvergleiche zu schließen, welche sämtliche Konstellationen möglicher Schadensentwicklungen abbilden. Gelingt dies nicht, ist trotz eines Vergleichs im Rahmen der Musterklage mit Streitigkeiten im Rahmen der Abwicklung eines solchen Vergleichs zu rechnen.

Aus diesem Grund sollte jeder Verbraucher für den Fall, dass zukünftig noch ein Vergleich in dem Musterklageverfahren gegen VW geschlossen werden sollte, genau prüfen, ob er den nach dem Vergleichstext erforderlichen Nachweis seiner Leistungsberechtigung wirklich erbringen kann.

Wegen der nun offenbar gewordenen Schwierigkeiten der Vergleichsverhandlungen ist es natürlich jedem einzelnen Verbraucher auch erlaubt, sich direkt an VW zu wenden und über den in den Vergleichsgesprächen mit dem Bundesverband in Aussicht gestellten Vergleichsbetrag zu verhandeln.



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