Nachbarklage und Schutz vor Lärm

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In Nachbarklagen spielen immer wieder die Fragen nach der Einhaltung der Grenzwerte für Lärm eine Rolle. In der Regel werden in Nebenbestimmungen Höchstwerte bestimmt. Nicht immer müssen die dortigen Werte realistisch ermittelt worden sein, bzw. die Kontrollierbarkeit gewährleistet sein. 

Mit seiner Entscheidung vom 07.01.2022 (2 A 1229/21) hat das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen den hohen Stellenwert der Umsetzbarkeit und Kontrollierbarkeit in Bezug auf immissionsschutzrechtliche Auflagen einer Baugenehmigung bekräftigt. Auflagen dürfen nicht nur formal bestehen, sondern müssen ausreichend bestimmt und praktikabel sein.

Im zugrundeliegenden Fall wendeten sich mehrere Kläger gegen eine Baugenehmigung. Diese regelte die Errichtung einer Festhalle mit Hotel sowie Gaststätte im Außenbereich in Form einer Änderungsgenehmigung. Die Genehmigung unterlief bereits mehreren Änderungen.

Das OVG bestätigte nun die Entscheidung des vorinstanzlichen Verwaltungsgerichts gegen welche der Beigeladene einen Antrag auf Zulassung einer Berufung stellte. Das Verwaltungsgericht hatte entschieden, dass die Baugenehmigung aufzuheben sei. Begründet wurde dies mit Rechtswidrigkeit der Genehmigung sowie der Verletzung der Kläger in ihren Rechten. Zwar würden sich die Grundstücke der Kläger im Außenbereich befinden und deswegen nur den dementsprechenden Immissionsschutz genießen, doch sei der Lärmschutz dennoch überschritten. Die Baugenehmigung sei „maßgeschneidert“, da sie den notwendigen Vorgaben lediglich formal folge. Dies sei durch die zahlreichen Änderungen in den Nebenbestimmungen und deren Genehmigungen bewiesen.

Für Nebenbestimmungen einer Baugenehmigung, die sich auf den Immissionsschutz beziehen, sei notwendig, dass sie „auf eine effektive Umsetzung angelegt sei[en], sodass bei realistischer Betrachtungsweise mit ihrer Beachtung gerechnet werden könne.“  Einige der immissionsschutzrechtlichen Auflagen seien jedoch im nachbarrechtlichen Belang nicht ausreichend bestimmt und führten auch nicht zu einer „tatsächlichen bauplanerischen Konfliktbewältigung.“ Beispielweise betreffe eine der problematischen Auflagen den Aufenthalt von maximal zehn Gästen vor dem Eingang des Hotels. Dies genüge den Vorgaben des Lärmschutzes nicht, da das Verhalten der Gäste nicht vorhersehbar sei. Ab 22:00 Uhr sollen die Gäste des Biergartens sich zum „Vertreten der Beine“ nur noch innerhalb des Gartens aufhalten. Es sei wenig vorstellbar, dass sich Gäste, vor allem im Sommer, nur auf dem Gelände des Biergartens (71m²) beschränken würden. Ein Ausweichen auf die anliegenden Flächen sei lebensnaher.

Dies und die weiteren Auflagen führen dazu, dass die Baugenehmigung als „maßgeschneidert“ eingeordnet werden könne. Eine solche sei gegeben, wenn die Genehmigung durch Nebenbestimmungen „im Hinblick auf den Störgrad des Vorhabens passend gemacht werden soll.“ Durch die der Komplexität geschuldeten nicht gegebene Praktikabilität der Auflagen seien die Vorgaben nicht nachbarschützend. Auf die Frage, ob diese tatsächlich umgesetzt werden sollen, komme es nicht an. Eine maßgeschneiderte Baugenehmigung gehe daher oftmals mit einer Rechtwidrigkeit der nachbarrechtlichen Schutzvorgaben einher. Ob die Baugenehmigung maßgeschneidert sei, müsse im vorliegenden Fall allerdings nicht entschieden werden, auch wenn die 8-seitigen Nebenbestimmungen darauf hindeuteten und die Entscheidung des vorgehenden Gerichts nicht zweifelhaft sei. Denn mehrere der Auflagen der Baugenehmigung seien nicht hinreichend bestimmt bzw. nicht ausreichend effektiv umsetzbar. Dies zeige sich bereits in der unrealistischen Auflage, die den Aufenthalt der Gäste versuche einzuschränken.

Zwar berief sich der Beigeladene darauf, dass das Verwaltungsgericht seine Entscheidung der Unbestimmtheit der Auflagen auf eigene Erfahrungen basiere, doch habe er dabei missachtet, dass diese auf juristische Subsumtion gestützt sei.

Das OVG könne aus diesen Gründen keine andere Sichtweise der Baugenehmigung vertreten. Die Auflagen verstoßen gegen den Nachbarschutz, sodass die Baugenehmigung aufzuheben sei und sein Antrag auf Berufung abgelehnt wurde.

Foto(s): Janus Galka


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