Nachbearbeitungspflichten des Versicherers bei Kleinstornis

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Oftmals entsteht im Fall von Provisionsrückforderungen zwischen Versicherer und Handelsvertreter Streit, ob eine Nachbearbeitungspflicht auch bei sogenannten Kleinstornis besteht. Wenn es zu Kleinstornis kommt, stellt sich für die Beteiligten die Frage, ob es überhaupt nötig ist, den stornogefährdeten Versicherungsvertrag durch eigene Stornobekämpfungsmaßnahmen des Versicherers oder durch die Versendung einer Stornogefahrenmitteilung nachzubearbeiten.

Keine Nachbearbeitungspflicht bei Kleinstornis? 

Verschiedene Gerichte sind bereits zu dem Ergebnis gekommen, dass von einem Versicherer eine Nachbearbeitung in Form eigener Maßnahmen oder durch Versendung von Stornogefahrmitteilungen nur dann verlangt werden kann, wenn der Handelsvertreter selbst unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten vernünftigerweise eine Stornobekämpfung veranlasst hätte. Dem OLG Brandenburg beispielsweise zufolge hätte ein wirtschaftlich denkender Handelsvertreter bei geringeren Provisionsrückforderungen (sog. Kleinstornis) eine Stornobekämpfung selbst unterlassen, so dass dies auch nicht von einem Versicherer verlangt werden kann. Trotz unterlassener Nachbearbeitung und ohne Versendung einer Stornogefahrmitteilung kann dann eine berechtigte Provisionsrückforderung des Versicherers gegenüber dem Handelsvertreter bestehen (vgl. OLG Brandenburg Urteil vom 07.10.2010 – Az.: 12 U 96/09).

Besonderheiten des Einzelfalles beachten

Das es auch anders geht, zeigt jedoch eine Entscheidung des OLG Düsseldorfs. Dieses hatte sich in einer Entscheidung vom 13.01.2017 (Az.: 16 U 32/16) mit einem Fall auseinanderzusetzen, in welchem neben dem stornierten Versicherungsvertrag noch weitere Versicherungsverträge bestanden, die wiederum ein deutlich höheres Provisionsvolumen auswiesen. Der Handelsvertreter argumentierte daher, er hätte aus Sorge um die Stornierung der weiteren Versicherungsverträge auch bei einem Kleinstorni Nachbearbeitungsmaßnahmen ergriffen. Dieser Argumentation folgten die Richter.

Obwohl es sich bei dem stornierten Vertrag um einen Kleinstorni handelte, konnte sich der Handelsvertreter auf eine unterlassene Nachbearbeitung durch den Versicherer berufen. Die Umstände des Einzelfalles waren hier maßgebend.

Unsere Empfehlung 

Die Entscheidung des OLG Düsseldorf zeigt, dass die Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls von entscheidender Bedeutung ist. Macht ein Versicherer Ansprüche auf Rückzahlung unverdient gebliebener Provisionsvorschüsse geltend, ist es durchaus empfehlenswert einen im Handelsvertreterrecht spezialisierten Rechtsanwalt mit der Prüfung der erhobenen Forderung zu beauftragen.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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