Nachfolge im Handwerk - Verkauf, Verpachtung und Verschenkung des Betriebs

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1. Nachfolge ist eine Herausforderung

In vielen Tausend Handwerksbetrieben steht ein Generationswechsel an. Grund für die Nachfolge sind meistens das Alter des Inhabers (m/w/d), plötzliche Krankheit, aber auch die Verwirklichung neuer Lebenspläne.

Die wesentliche Herausforderung besteht zunächst darin, einen geeigneten Nachfolger (m/w/d) zu finden. Viele junge Handwerker nehmen Abstand davon, einen Betrieb zu übernehmen, obwohl die Verdienstaussichten für selbständige Handwerker gut sind, da sie das Risiko oder die Arbeitsbelastung scheuen. 

Im Idealfall übernimmt ein Familienmitglied oder Mitarbeiter den Betrieb. Sonst kann der Betrieb auch durch einen Existenzgründer, Wettbewerber oder Investor übernommen werden. Bestehen Schwierigkeiten, einen Nachfolger zu finden, können Nachfolgeportale (z.B. die Betriebsbörse der zuständigen Handwerkskammer, die DUB oder nexxt-change) oder ein spezialisierter Nachfolgeberater helfen.

Wichtig aus Sicht des Inhabers ist es, die Nachfolge frühzeitig anzugehen, da von der Planung bis zur erfolgreichen Durchführung in der Regel bis zu 5 Jahre vergehen können.

2. Die Altersabsicherung prüfen

Der Inhaber sollte bei der Planung der Nachfolge unbedingt genau seine Altersversorgung prüfen. Soweit die Altersabsicherung aus dem zu übergebenden Betrieb dargestellt werden soll, bestehen verschiedene Möglichkeiten, wie sich der Inhaber finanziell absichern kann:

  1. Kaufpreis:  der Inhaber erhält für den Betrieb einen Kaufpreis. Bei der Unternehmensbewertung und Kaufpreisfindung sollte sich der Inhaber durch einen sachkundigen Berater unterstützen lassen, z.B. durch seinen Steuerberater oder einen Nachfolgeberater.
  2. Rente:  der Inhaber kann sich eine feste monatliche Geldzahlung vom Nachfolger versprechen lassen, die der neue Eigentümer an den Inhaber zahlt. Die Rente kann so ausgestaltet werden, dass sie sich an die Inflation angleicht, um künftige Kaufkraftverluste zu vermeiden.
  3. Gewinnbeteiligung:  der Inhaber kann sich eine Gewinnbeteiligung an dem Betrieb einräumen lassen. Hierbei trägt der Inhaber die Chancen und Risiken der künftigen Geschäftsentwicklung des Betriebs.

Details hierzu können Sie in diesem Rechtstipp lesen.

3. Verkaufen, verpachten oder verschenken?        

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, den Betrieb auf den Nachfolger zu übertragen. In der Praxis wird ein Handwerksbetrieb in der Regel

  • verkauft, 
  • verpachtet oder 
  • verschenkt. 

Die Wahl der Gestaltung hängt zum einen von der Situation des Betriebs, den Vorstellungen des Nachfolgers sowie der finanziellen Situation der Beteiligten ab.

a. Verkauf

Wird der Betrieb an einen Mitarbeiter, Existenzgründer, Wettbewerber oder Investor übergeben, geschieht dies regelmäßig in Form eines Verkaufs. Der Käufer zahlt einen Kaufpreis an den Inhaber und dieser überträgt das Eigentum an dem Betrieb auf den Nachfolger. Bei der Kaufpreisfindung sollte sich der Inhaber durch einen kundigen Berater unterstützen lassen (z.B. Steuerberater oder Nachfolgeberater). Hierbei sind auch die steuerlichen Folgen des Verkaufs zu berücksichtigen.

Ggf. sollte der Betrieb auf den Verkauf vorbereitet werden, um einen möglichst hohen Kaufpreis zu erzielen und Haftungsrisiken auszuschließen (z.B. durch betriebliche oder rechtliche Umstrukturierungen wie einen Wechsel der Rechtsform).

Bevor der potenzielle Nachfolger Zugang zu den Daten des Betriebs erhält, sollte er eine Vertraulichkeitsvereinbarung unterzeichnen. Der Kaufvertrag sollte durch einen erfahrenen Anwalt aufgesetzt werden, um eine sichere Übertragung des Betriebs zu gewährleisten und Haftungsrisiken des Inhabers möglichst zu vermeiden. Zur Rolle der Rechtsform beim Verkauf siehe unten unter Punkt 4.

Nicht selten wird vereinbart, dass der Inhaber nach der Übergabe noch für eine gewisse Zeit als Ansprechpartner zur Verfügung steht, häufig erhält er hierfür einen Beratervertrag.

Details zum Thema Unternehmensverkauf können Sie in diesem Rechtstipp lesen.

b. Verpachtung

Im manchen Fällen es für die Beteiligten interessanter, den Betrieb nicht zu verkaufen, sondern an den Nachfolger zu verpachten, z.B. wenn die Nachfolge zunächst nur auf eine gewisse Zeit angelegt sein soll.

Hierbei verpachtet der Inhaber das Anlagevermögen an den Nachfolger, während das Umlaufvermögen häufig mitverkauft wird. Bestehende Verträge und Verbindlichkeiten werden unter Zustimmung der Vertragspartner bzw. Gläubiger auf den Nachfolger übertragen. Die Mitarbeiter gehen grundsätzlich im Wege eines sog. Betriebsübergangs gem. § 613a BGB kraft Gesetzes auf den Nachfolger über. Als Gegenleistung erhält der Inhaber einen monatlichen Pachtzins. Für die Berechnung des Pachtzinses sollte eine Unternehmensbewertung durchgeführt werden.

Der Pachtvertrag sollte durch einen erfahrenen Rechtsanwalt erstellt werden.

Details zum Thema Betriebsverpachtung können Sie in diesem Rechtstipp lesen.

c. Schenkung

Ist der Nachfolger ein Familienmitglied, wird der Betrieb meistens an dieses verschenkt. Eine Schenkung zu Lebzeiten des Inhabers ist gegenüber der Vererbung des Betriebs im Todesfall zu bevorzugen, da die Nachfolge zu Lebzeiten unter Einbeziehung aller Beteiligten rechtssicher und optimal gestaltet werden kann.

Der Schenkungsvertrag oder Übergabevertrag sollte die Übertragung des Betriebs, die Altersabsicherung des Inhabers sowie ggf. die Kompensation weichender Familienmitglieder regeln (Pflichtteilsansprüche, Pflichtteilsergänzungsansprüche, Zugewinnansprüche des Ehepartners).

Zur Absicherung des Inhabers kann ein Widerrufsvorbehalt vereinbart werden für den Fall, dass der Nachfolger den Zweck der Nachfolge erheblich verfehlt.

Damit bei der Schenkung möglichste keine Schenkung- und Erbschaftsteuer anfällt, sollten bestehende Freibeträge und die Verschonungsabschläge für Betriebsvermögen möglichst voll genutzt werden.

4. Die Rolle der Rechtsform

Die Rechtsform des Handwerksbetriebs hat einen entscheidenden Einfluss darauf, wie die Nachfolge rechtlich durchgeführt wird. Im Wesentlichen sind hierbei Einzelunternehmen (e.K.) und in Form von Gesellschaften (z.B. GmbH) organisierte Betriebe zu unterscheiden:

a. Einzelunternehmen

  • Bei einem Einzelunternehmen überträgt der Inhaber die einzelnen zum Betrieb gehörenden Vermögensgegenstände (sog. Asset Deal). 
  • Hierbei werde die Vermögensgegenstände rechtlich betrachtet einzeln auf den neuen Eigentümer übertragen, wobei die DSGVO für die Übertragung von Kundendaten strenge Anforderungen stellt. 
  • Für die Übertragung von Verträgen und Verbindlichkeiten wird grundsätzlich die Zustimmung der Vertragspartner bzw. Gläubiger benötigt. 
  • Die Mitarbeiter gehen grundsätzlich nach § 613a BGB kraft Gesetzes im Wege eines sog. Betriebsübergangs auf den neuen Eigentümer über.
  • Ggf. bietet es sich im Vorfeld der Nachfolge an, das Einzelunternehmen in eine (haftungsbeschränkte) Gesellschaft umzuwandeln, um die Nachfolge zu vereinfachen und für den Nachfolger attraktiver zu gestalten.

b. Gesellschaften

  • Ist der Betrieb in Form einer Gesellschaft organisiert, wird es sich in vielen Fällen anbieten, dass der Inhaber die Anteile an der Gesellschaft auf den Nachfolger überträgt (sog. Share Deal). Im Einzelfall kann es z.B. unter Haftungs- oder Steuergesichtspunkten interessant sein, die Vermögensgegenstände der Gesellschaft einzeln auf den neuen Eigentümer zu übertragen. Die optimale Gestaltung sollte in jedem Einzelfall geprüft werden.
  • Bei einer Anteilsübertragung kommt es zu einer Gesamtrechtsnachfolge. Dabei übernimmt der Nachfolger den Betrieb "in Bausch und Bogen" mit sämtlichem Vermögen, allen Verbindlichkeiten und den Mitarbeitern.
  • Soweit an der Gesellschaft weitere Gesellschafter beteiligt sind, muss die Nachfolge mit diesen abgestimmt werden.

5. Die Handwerksordnung beachten

Die Handwerksordnung (HWO) bildet den Rechtsrahmen für die Ausübung von Handwerksberufen und ist auch bei der Nachfolge zu beachten.  

Grundlegend unterscheidet die HWO zwischen zulassungspflichtigen und zulassungsfreien Handwerken:

  1. Die zulassungspflichtigen Handwerke sind in Anlage A der HWO aufgezählt und umfassen die meisten Handwerksberufe wie Maler, Tischler, Maurer, Elektriker, Bäcker, Fleischer, Optiker, Friseure etc. 
  2. Die zulassungsfreien Handwerke sind dagegen in Anlage B der HWO aufgelistet, hierzu zählen bspw. Schneider, Uhrmacher, Fotografen, Kosmetiker und weitere.

Ein zulassungspflichtiges Handwerk kann gem. § 1 HWO nur durch einen in die Handwerksrolle eingetragenen Inhaber betrieben werden. Inhaber kann eine natürliche Person, aber auch eine juristische Person (insb. GmbH) oder eine Personengesellschaft (GbR, OHG, KG oder GmbH & Co. KG) sein. 

Der Inhaber eines zulassungspflichtigen Handwerks muss nach §§ 6, 7 HWO in die Handwerksrolle eingetragen sein. Voraussetzung hierfür ist grundsätzlich das Bestehen der Meisterprüfung in dem betroffenen Handwerk. Erfüllt der Inhaber diese Voraussetzung nicht persönlich, kann der Inhaber einen Betriebsleiter beschäftigen, der die Meisterprüfung bestanden hat (z.B. bei Übernahme durch ein Kind, das einen anderen Beruf erlernt hat, oder bei Verkauf an einen Investor). 

Stirbt der Inhaber können die Erben gem. § 4 HWO den zulassungspflichtigen Betrieb fortführen, ohne die Voraussetzungen für die Eintragung in die Handwerksrolle zu erfüllen, wenn sie einen geeigneten Betriebsleiter bestellen.

Ein zulassungsfreies Handwerk muss gem. § 18 HWO lediglich bei der zuständigen Handwerkskammer angezeigt werden.

6. Beratung bei der Nachfolge

Die Nachfolge im eigenen Betrieb ist für die meisten Handwerker ein einmaliger Vorgang, für den sie in der Regel keine Vorerfahrung besitzen. Da es um die Übertragung eines ihrer finanziell und emotional wertvollsten Güter geht, sollten sich Inhaber bei der Nachfolger durch einen erfahrenen Berater begleiten lassen.

Als in Nachfolgeprozessen erfahrene Rechtsanwälte besprechen wir gemeinsam mit Ihnen die besten Optionen und arbeiten die für Sie passenden Verträge aus. Melden Sie sich gerne jederzeit bei uns, wenn Sie Fragen zum Thema Nachfolge haben.


Mit besten Grüßen, RA Dr. Rainer Freudenberg, LL.M.

Foto(s): Freudenberg Law


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