Neuer Partner im Trennungsjahr

  • 8 Minuten Lesezeit

Noch nicht geschieden und schon in einer neuen Beziehung? Dann stehen Sie nicht nur vor der Herausforderung, Ihr Leben neu zu gestalten. Sie werden mit Fragen konfrontiert, die sich aus der Abwicklung Ihrer ehelichen Lebensgemeinschaft ergeben und daraus, wie sich Ihre neue Beziehung auf Ihre ehelich begründeten Rechte oder Pflichten auswirkt. Dabei geht es um Situationen wie z.B. Schwangerschaft im Trennungsjahr, Unterhalt oder Wohnvorteil. Mit der richtigen Information und einer begleitenden anwaltlichen Beratung lassen sich viele potentielle Probleme vermeiden und auftretende Probleme lösen.

Noch nicht geschieden und trotzdem neue Beziehung?

Sie sind nicht gehindert, im Trennungsjahr eine neue Beziehung einzugehen. Auch wenn Sie sich bei Ihrer Eheschließung einander zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet haben, ist kein Ehepartner verpflichtet, „dem Verlangen des anderen nach Herstellung der Gemeinschaft Folge zu leisten, wenn die Ehe gescheitert ist“ (§ 1353 Abs. II BGB). Die eheliche Gemeinschaft ist also kein einklagbares Recht. Das Recht wäre auch kaum zwangsweise vollstreckbar.

Reduziert eine neue Beziehung das Trennungsjahr?

Das Trennungsjahr hat den Zweck, dass Sie sich klar werden sollen, ob Sie die Scheidung wirklich wünschen. Leben Sie in einer neuen Beziehung, könnte daraus Ihre Erklärung abzulesen sein, dass Ihre Ehe gescheitert ist und das Trennungsjahr seinen Zweck verloren hat. Dennoch ist es so, dass eine neue Beziehung das Trennungsjahr nicht verkürzt. Möchten Sie geschieden werden, müssen Sie in der Regel unabhängig von Ihrer neuen Beziehung das Trennungsjahr absolvieren.

Besteht im Trennungsjahr Anspruch auf Familienunterhalt?

Ihre Eheschließung hat die Verpflichtung begründet, dass beide mit ihrer Arbeit und ihrem Vermögen zum Familienunterhalt beitragen (§ 1360 BGB). Trennen Sie sich, gibt es keine Familie mehr, die zu unterhalten wäre. Ihr Anspruch auf Familienunterhalt entfällt. Stattdessen haben Sie bei Bedürftigkeit ab dem Zeitpunkt Ihrer Trennung Anspruch auf Trennungsunterhalt. Daran ändert sich nichts, wenn Sie von Ihrem neuen Partner finanzielle Zuwendungen erhalten.

Unterhalt herabsetzen wegen neuem Partner im Trennungsjahr?

Im Trennungsjahr haben Sie bei Bedürftigkeit Anspruch auf Trennungsunterhalt. Brechen Sie die eheliche Treue, führt die Zuwendung zu einem neuen Partner nicht sofort dazu, dass Ihr Unterhaltsanspruch entfällt oder herabzusetzen wäre.

Ihr Unterhaltsanspruch steht jedoch auf der Kippe, wenn Sie mit dem neuen Partner in einer verfestigten Lebensgemeinschaft leben (§ 1579 Nr. 2 BGB). Damit geben Sie zu erkennen,

  • dass Sie sich endgültig aus der ehelichen Solidarität gelöst haben
  • und dass Sie nicht mehr auf die eheliche Solidarität und Unterstützung Ihres Ehepartners angewiesen sind.

Die Inanspruchnahme des unterhaltspflichtigen Ehepartners muss sich in Anbetracht aller Umstände Ihrer Lebenssituation und Ihres Verhaltens als eine unzumutbare Belastung erstellen. Zugleich kommt es darauf an, ob Sie und der neue Partner Ihre Lebensverhältnisse so aufeinander eingestellt haben, dass Sie wechselseitig füreinander einstehen, indem Sie sich gegenseitig Hilfe und Unterstützung gewähren und damit das Zusammenleben ähnlich gestalten wie Ehepartner. Verstehen Sie die Vorschrift aber nicht als Sanktion für ein vorwerfbares Fehlverhalten. Verschuldensaspekte sind unerheblich.

Eine verfestigte Lebensgemeinschaft wird in der Regel bei einer Dauer von zwei bis drei Jahren angenommen (BGH FamRZ 2012, 1498), kann aber im Einzelfall schon früher begründet sein, wenn sich eine hinreichende Verfestigung erkennen lässt. Eine solche nimmt die Rechtsprechung an, wenn Sie gemeinsam erhebliche Investitionen tätigen (BGH FamRZ 2002, 810) ein gemeinsames Kind geboren wird (BGH FamRZ 2012, 1201) oder Sie eine gemeinsame Wohnung anmieten (OLG Oldenburg NJW 2012, 2450).

Tipp: Sollten Sie mit dem neuen Partner in eine Wohnung zusammenziehen und Ihre Beziehung in eine verfestigte Lebensgemeinschaft überführen wollen, kann sich empfehlen, sich genau über die rechtlichen Konsequenzen zu informieren und gegebenenfalls anwaltlich beraten zu lassen.

Risiko Bedarfsgemeinschaft

Leben Sie mit einem neuen Partner in einem Haushalt zusammen, bilden Sie zunächst eine Wohngemeinschaft, in der jeder für sich allein verantwortlich ist. Unter bestimmten Voraussetzungen kann aber eine sogenannte Bedarfsgemeinschaft entstehen. Die Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft müssen mit ihrem Einkommen und Vermögen füreinander aufkommen. Möchten Sie mit Ihrem neuen Partner also einen gemeinsamen Haushalt gründen, kann dies zu wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnissen führen, die Sie möglicherweise nicht wünschen.

Beantragen Sie dann öffentliche Leistungen, wird das Einkommen und Vermögen Ihres neuen Partners möglicherweise berücksichtigt. Eine Bedarfsgemeinschaft mit dem im gemeinsamen Haushalt lebenden Partner bilden Sie aber erst dann, wenn „nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen“. Dafür spricht eine Vermutung, wenn

  • Sie mit dem neuen Partner länger als ein Jahr oder
  • mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,
  • Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder
  • befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des Partners zu verfügen.

Leben in der Patchworkfamilie

Ziehen Sie (vielleicht auch mit Ihrem eigenen Kind) mit dem neuen Partner und dessen Kind zusammen, bilden Sie eine Patchworkfamilie. Es kann eine ungemein große Herausforderung darstellen, wenn in einer Patchworkfamilie alle Familienmitglieder versuchen, ihren gleichberechtigten Platz zu finden. Rechtlich ist es so, dass Sie sich wie fremde Personen gegenüberstehen. Aber dadurch, dass Sie in einem Haushalt zusammenleben, begründen sich Rechte und Pflichten, die sich aus dem Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme und Verantwortung füreinander ergeben. So dürfen Sie Ihren neuen Partner zu Aufgaben bevollmächtigen, die Sie alleine regeln können, z.B. das Kind aus dem Kindergarten abholen.

Gegenüber dem neuen Partner (Stiefelternteil nach der Heirat) hat Ihr Kind keinen gesetzlichen Unterhaltsanspruch, auch dann nicht, wenn Sie einander heiraten. Rechte und Pflichten gegenüber dem Kind entstehen erst, wenn Ihr neuer Partner Ihr leibliches Kind adoptiert und dadurch zum Stiefelternteil wird.

Kindesunterhalt, wenn man mit einem neuen Partner zusammenzieht?

Betreuen Sie Ihr Kind, hat das Kind Anspruch auf Kindesunterhalt. Der andere Elternteil ist barunterhaltspflichtig. Daran ändert sich nichts, wenn Sie mit einem neuen Partner zusammenleben, auch dann nicht, wenn der neue Partner Sie und das Kind finanziell unterstützt.

Betreuen Sie das Kind nicht in Ihrer Obhut, sind Sie dem Kind gegenüber unterhaltspflichtig. Ihre Unterhaltspflicht besteht fort, auch dann, wenn Sie in einer neuen Beziehung leben und den neuen Partner oder dessen Kind unterstützen. Wird in Ihrer neuen Beziehung ein gemeinsames Kind geboren, sind Sie Ihrem Kind aus Ihrer Ehe genauso unterhaltspflichtig wie dem Kind aus Ihrer neuen Beziehung. Die Unterhaltsansprüche beider Kinder stehen gleichrangig nebeneinander. Reicht Ihr Geld nicht aus, um beide Unterhaltsansprüche zu bedienen, dürfen Sie den Kindesunterhalt an beide Kinder nur anteilig zahlen.

Darf der neue Partner das kleine Sorgerecht wahrnehmen?

Leben Sie mit Ihrem Kind und dem neuen Partner zusammen, ist es praktikabel, wenn der neue Partner auch das Kind betreut. Der neue Partner hat aber rechtlich betrachtet nicht das Recht, in den alltäglichen Angelegenheiten des Kindes eine Entscheidung zu treffen. Dieses „kleine Sorgerecht“ steht nur verheirateten Partnern zu (§ 1687b BGB). Ungeachtet dessen kann der neue Partner das Kind im Rahmen einer ihm/ihr übertragenen Aufsicht beaufsichtigen und betreuen.

Im Trennungsjahr schwanger

Wird während des Trennungsjahres ein Kind ehelich geboren bzw. im Anschluss bevor die Scheidung rechtskräftig ist, egal ob der Ehepartner oder der neue Partner der Vater ist (§ 1592 BGB), gilt der Ehepartner als rechtlicher Vater des Kindes und somit unterhaltspflichtig.  Und zwar so lange, bis die Vaterschaft nicht erfolgreich angefochten wird. Der neue Partner kann, solange die rechtliche Vaterschaft besteht, seine leibliche Vaterschaft nicht anerkennen (§ 1594 BGB).

Der Gesetzgeber greift diese Situation aber auf. Die Vermutung, dass der Ehemann während der bestehenden Ehe rechtlicher Vater des Kindes ist, gilt nicht, wenn die Scheidung beantragt und das Kind nach Eingang des Antrags beim Familiengericht geboren wird und der leibliche Vater spätestens bis zum Ablauf eines Jahres, nachdem die Scheidung rechtskräftig geworden ist, die Vaterschaft anerkennt (§ 1599 Abs. II BGB). Die Anerkennung bedarf der Zustimmung des Ehepartners, mit dem die Mutter im Zeitpunkt der Geburt verheiratet ist.

Wohnvorteil durch den neuen Partner im Trennungsjahr

Verlangen Sie Trennungsunterhalt und wohnen mietfrei in der Wohnung des neuen Partners, müssen Sie sich den Wohnvorteil als fiktives (theoretisch erzielbares) Einkommen anrechnen lassen, aber auch nur, wenn Sie mit dem neuen Partner in einer eheähnlichen Gemeinschaft zusammenleben und einen gemeinsamen Haushalt führen (BGH FamRZ 1995, 343). Ihr dadurch begründeter Wohnvorteil reduziert Ihren Anspruch auf Trennungsunterhalt.

Darf der neue Partner in der Ehewohnung übernachten?

Leben Sie mit Ihrem Ehepartner noch in Ihrer ehelichen Wohnung, kann er darauf bestehen, dass Ihr neuer Partner nicht dort übernachtet und sich auch nicht unangemessen lange Zeit in der Wohnung aufhält. Auch kurzfristige Besuche könnten bereits problematisch sein. Grund ist, dass die Wohnung in der Trennungszeit Ihre eheliche Wohnung bleibt und jeder Ehepartner Anspruch darauf hat, dass diese Eigenschaft nicht durch die Anwesenheit einer anderen, unliebsamen Person unangemessen gestört wird. Die eheliche Wohnung ist eine persönliche Schutzzone.

Fühlt sich der Noch-Ehepartner provoziert und gedemütigt, dürfte es ihm bzw. ihr kaum zuzumuten sein, auch einen gelegentlichen Besuch des Liebhabers oder der Liebhaberin akzeptieren zu müssen. Allein der Umstand, dass der Liebhaber sich in der Ehewohnung aufhält, dürfte bereits die Grenzen dessen überschreiten, was zuzumuten ist.

Er oder sie hätte zivilrechtlich einen Unterlassungsanspruch (§§ 1004, 823 BGB). Dieser Unterlassungsanspruch besteht sowohl gegenüber dem Ehepartner sowie gegenüber dem neuen Partner. Da es sich bei der Wohnung um Ihre Ehewohnung geht, handelt es sich um eine sogenannte Familiensache (§ 111 FamFG). Ein gerichtlicher Beschluss wäre notfalls zwangsweise vollstreckbar (§ 890 ZPO). Handelt der Liebhaber dem gerichtlichen Gebot zuwider, könnten der Ehepartner bei Gericht beantragen, ein Ordnungsgeld festzusetzen. Für den Fall, dass dieses nicht gezahlt wird, könnte sogar Ordnungshaft angeordnet werden.

Fazit

Absolvieren Sie gerade das Trennungsjahr, vollziehen Sie möglicherweise eine Gratwanderung zwischen Ihren auch im Trennungsjahr bestehenden ehelichen Rechten und Pflichten und Ihrem Wunsch, eine Beziehung mit einem neuen Partner oder einer neuen Partnerin gestalten zu wollen. Sie sollten vermeiden, Ihrem Noch-Ehepartner Ansätze zu liefern, aus denen sich für Ihre Person Nachteile ergeben. Lassen Sie sich daher frühzeitig anwaltlich beraten, um alle wichtigen Fragen zu klären.

Foto(s): iurFRIEND

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Oliver Worms

Beiträge zum Thema