Nicht jeder Verstoß gegen ein Wettbewerbsverbot rechtfertigt eine außerordentliche Kündigung

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Der BGH hatte sich mit Urteil vom 10.11.2010 (Az. VIII ZR 327/09) mit der Frage auseinanderzusetzen, ob ein geringfügiger Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot eine außerordentliche Kündigung des Handelsvertretervertrages rechtfertigen kann. Der BGH entschied dabei, dass für den konkreten Fall der geringfügige Verstoß des Versicherungsvertreters gegen das Wettbewerbsverbot keinen Grund für eine außerordentliche Kündigung darstellt.

Außerordentliche Kündigung nur bei Unzumutbarkeit der Vertragsfortführung

Zwar kann ein Handelsvertretervertrag nach §89a Abs. 1 Satz 1 HGB von jedem Vertragspartner aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden. Ein wichtiger Grund für die Kündigung eines Handelsvertretervertrages liegt nach § 314 Abs. 1 Satz 2 BGB jedoch nur vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

Verstoß gegen ein Wettbewerbsverbot als Kündigungsgrund?

Ein Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot gilt allgemein als außerordentlicher Kündigungsgrund, allerdings lässt der BGH ausdrücklich eine Berücksichtigung des Einzelfalles zu.

Unter Würdigung aller Umstände sah der BGH die vom Versicherungsvertreter begangenen Wettbewerbsverstöße in dem konkret von ihm zu beurteilenden Fall als so geringfügig an, dass durch sie das Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien bei verständiger Würdigung nicht grundlegend beschädigt werden konnte. Folglich hätte es vor einer außerordentlichen Kündigung jedenfalls einer Abmahnung seitens des Versicherers bedurft.

Als Begründung führte der BGH dabei sowohl die lange Vermittlungstätigkeit des Versicherungsvertreters als auch den Umstand an, dass der Versicherungsvertreter weder den Versicherer schädigen noch sich selbst bereichern wollte.

Nach 37 Jahren erfolgreicher und prämierter Tätigkeit hatte der Versicherer den bestehenden Handelsvertretervertrag außerordentlich gekündigt und berief sich dabei darauf, dass der Versicherungsvertreter während der Dauer des Handelsvertretervertrages ca. 10 Kfz- Versicherungsverträge an andere Versicherer vermittelt habe nachdem der Versicherer diese Versicherungsverträge selbst gegenüber den Versicherten gekündigt hatte.

Fazit

Ob ein Verstoß eines Versicherungsvertreters gegen das Wettbewerbsverbot als außerordentlicher Kündigungsgrund gelten kann, bedarf also stets der Berücksichtigung der besonderen Umstände des konkreten Einzelfalles. Dies zeigt das Urteil des BGH’s nochmals anschaulich. Für betroffene Versicherungsvertreter kann es daher durchaus empfehlenswert sein nach Erhalt einer außerordentlichen Kündigung unverzüglich einen spezialisierten Rechtsanwalt aufzusuchen und diesen mit der Prüfung der Wirksamkeit der Kündigung zu beauftragen.


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