Nochmals II: Schätzungen im Steuerstrafrecht

  • 1 Minuten Lesezeit

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes darf ein Gericht im Steuerstrafverfahren die hinterzogenen Steuern schätzen, wenn feststeht, dass der Steuerpflichtige einen Besteuerungstatbestand erfüllt hat, das Ausmaß der verwirklichten Besteuerungsgrundlagen aber ungewiss ist. Auswahl und Anwendung der Schätzungsmethoden sind sehr fehleranfällig.

In einem Urteil vom 10.2.22 (1 StR 484/21) hat der Bundesgerichtshof ein Urteil des Landgerichtes Hamburg aufgehoben.

Kurzversion des Falles des LG Hamburg

Ein Steuerpflichtiger hatte eine sogenannte "Doppelverkürzung" begangen. Das bedeutet, dass er bei seinem Handelsgeschäft sowohl den Ein - als auch den Verkauf bestimmter Waren nicht erfasste.

Der nicht eingeweihte Steuerberater erstellte dann Buchhaltungen und Steuererklärungen auf der Basis der geschmälerten Besteuerungsgrundlagen.

Das Landgericht Hamburg hat im Strafprozess den steuerlichen Schaden anhand einer Warenverkehrsrechnung geschätzt und dabei die Aufzeichnungen des Betriebes des Steuerpflichtigen zugrunde gelegt.


Urteil des Bundesgerichtshofes

Der Bundesgerichtshof verweist auf seine ständige Rechtsprechung, dass Geld - und Warenverkehrsrechnungen prinzipiell taugliche Schätzungsmethoden seien.

Dabei müssten aber die Bestände am Anfang und am Ende des Schätzungszeitraumes gesichert feststehen.

Genau hier hat das Landgericht Hamburg aus Sicht des Bundesgerichtshofes einen Fehler begangen.

Wenn ein Steuerpflichtiger grundsätzlich Wareneingänge und Warenausgänge nur verkürzt aufzeichnet, um Steuern zu hinterziehen, liegt es nach allgemeiner Lebenserfahrung nahe, dass auch die Aufzeichnungen über den Anfangs - und den Endbestand nicht der Realität entsprechen.

Dies könne nur  angenommen werden, wenn genau anzugebende Tatsachen dies nahelegen.

Das bedeutet, dass im Urteilsfall die Warenverkehrsrechnung schlicht eine völlig ungeeignete Schätzungsmethode war.

Denn die Schätzung beruht gerade auf der Unsicherheit, die durch die Schätzung eigentlich beseitigt werden sollte.

Schlussfolgerung

Bei der Anwendung von Schätzungsmethoden im Besteuerungsverfahren und im Steuerstrafrecht ist stets darauf zu achten, dass und ob die Schätzungsmethode richtig angewandt wird.



Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Thilo Finke

Beiträge zum Thema