OLG Frankfurt: Bevollmächtigter nach Produktsicherheitsgesetz haftet für Schutzrechtsverletzungen

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Im Produktsicherheitsgesetz gibt es die Funktion des Bevollmächtigten: § 2 Nr. 6 Produktsicherheitsgesetz (ProdSG) regelt, dass ein Bevollmächtigter eine in der Europäischen Union ansässige natürliche oder juristische Person ist, die vom Hersteller schriftlich beauftragt wurde, in seinem Namen bestimmte Aufgaben in Erfüllung der einschlägigen Harmonisierungsrechtsvorschriften der Europäischen Union oder der Anforderungen des Produktsicherheitsgesetzes wahrzunehmen.


Der Bevollmächtigte taucht in den Kennzeichnungsverpflichtungen des § 6 Produktsicherheitsgesetzes auf:


Ein Verbraucherprodukt muss mit Name und Kontaktanschrift des Herstellers gekennzeichnet sein. Wenn der Hersteller nicht in der EU ansässig ist, muss Name und Kontaktanschrift des Bevollmächtigten oder des Einführers aufgebracht werden.


Der Bevollmächtigte ist unter anderem verpflichtet, die Marktüberwachungsbehörden über mögliche Risiken von Produkten zu informieren, den Bevollmächtigten kann auch die Verpflichtung treffen, eine CE-Kennzeichnung am Produkt anzubringen. Jedenfalls ist ein Verbraucherprodukt, bei dem der Hersteller nicht seinen Sitz in der EU hat, ohne Angabe eines Bevollmächtigten nicht erlaubt. In diesem Fall ist das Produkt nicht verkehrsfähig. Bevollmächtigte werden auf Produkten häufig mit EC REP gekennzeichnet.


OLG Frankfurt: Bevollmächtigter haftet für Geschmacksmusterverletzung


Das Oberlandesgericht Frankfurt (OLG Frankfurt, Urteil vom 16.03.2023, Az.: 6 U 189/22) hat im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens einen Bevollmächtigten nach Produktsicherheitsgesetz auf Unterlassung in Anspruch genommen.


Der Beklagte  war Bevollmächtigter im Sinne des Produktsicherheitsgesetzes für ein Behältnis zur Aufbewahrung von Lebensmitteln, welches von einem chinesischen Hersteller kam. Dieses Produkt war eindeutig eine Geschmacksmusterverletzung (Design-Verletzung).


Das OLG hat aus verschiedenen Aspekten heraus eine Haftung des Bevollmächtigten angenommen.


Haftung als Teilnehmer


Ein Teilnehmer haftet auf Unterlassung, wenn er zumindest bedingt vorsätzlich den Rechtsverstoß eines anderen fördert. Er muss dabei Kenntnis von den objektiven Tatbestandsmerkmalen haben, wie aber auch das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit der Haupttat.


Die Förderung des Rechtsverstoßes sah das Gericht darin, dass der Bevollmächtigte zwar die Produkte nicht selbst importierte und hier in den Verkehr brachte. Als Bevollmächtigter förderte er jedoch den Rechtsverstoß des Herstellers.


Da das Produktsicherheitsgesetz dazu dient, dem Verbraucher davor zu schützen, mit unsicheren Produkten in Berührung zu kommen, besteht nach Ansicht des OLG die Verpflichtung des Bevollmächtigten, sich mit den einzelnen Produkten der Hersteller auseinanderzusetzen, dessen Bevollmächtigter er ist. Dazu gehört jedoch nicht, die Produkte auf mögliche Schutzrechtsverletzungen zu untersuchen.


Das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit ergab sich jedoch aus der  ausgesprochenen Abmahnung.


Zum Verhängnis wurde dem Bevollmächtigten, dass das Produkt bis zur Beantragung der einstweiligen Verfügung von dem Hersteller auch weiterhin bei Amazon angeboten wurde.


Ab Zugang der Abmahnung handelte der Bevollmächtigte zumindest bedingt vorsätzlich und im Bewusstsein der Rechtswidrigkeit.


Haftung als Störer


Des Weiteren sah das OLG eine mögliche Haftung als sog. Störer. Die Haftung des Störers setzt die Verletzung von Verhaltenspflichten voraus. Eine grundsätzliche Überprüfung von Produkten gibt es, vereinfacht gesagt nicht, eine Störerhaftung besteht jedoch dann, wenn Kenntnis von einer Rechtsverletzung besteht, in diesem Fall wieder die Abmahnung.


„Gemessen an diesen Maßstäben war die Antragsgegnerin (die Bevollmächtigte) verpflichtet, ihre Unterstützungshandlungen für den geschmacksmusterverletzenden Vertrieb des Produktes und Hersteller einzustellen, sei es dadurch, dass sie erfolgreich auffordert, den Vertrieb einzustellen oder notfalls durch Beendigung ihrer Stellung als Bevollmächtigte im Sinne des ProdSG.“


In der Regel wird der Bevollmächtigte keinen ernsthaften Einfluss darauf haben, ob der Hersteller endgültig das konkrete Angebot einstellt. Indem z.B. bei Amazon eine bereits vorhandene ASIN nicht mehr genutzt wird, wird dies nicht ausreichend sein.


Offene Fragen


Auf erstem Blick ist die Entscheidung des OLG Frankfurt eine gute Möglichkeit, um gegen den Vertrieb rechtsverletzender Produkte in Deutschland vorzugehen, wenn der Hersteller, wie so häufig, seinen Sitz in Asien hat. Den asiatischen Hersteller abzumahnen, macht keinen Sinn.


Es kann daher ein charmanter Weg sein, den Bevollmächtigten in Anspruch zu nehmen.


Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass nach unserem Eindruck das OLG Frankfurt letztlich auch deshalb den Bevollmächtigten zur Unterlassung verurteilt hatte, weil dieser nach Erhalt der Abmahnung nicht richtig reagiert hatte.


Auf der anderen Seite ergibt sich aus der Entscheidung des OLG Frankfurt auch eine weitreichende Haftung des Bevollmächtigten:


Es ist somit durchaus denkbar, dass ein Bevollmächtigter für Rechtsverstöße bei Schutzrechten haftet, sei es Markenrecht, Designrecht, Geschmacksmusterrecht oder Patentrecht. Ggf. könnte man  überlegen, die Haftung des Bevollmächtigten auf Wettbewerbsverstöße zu erstrecken.


Die praktische Lösung für den Bevollmächtigten, um aus einer derartigen Situation wieder herauszukommen, kann sehr einfach sein.


Ich  berate Sie, wenn Sie gegen einen Bevollmächtigten und einer Rechtsverletzung an einem Produkt vorgehen möchten oder wenn Sie als Bevollmächtigter abgemahnt wurden.



Zu mir und meiner Tätigkeit:

Ich berate als Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz in meiner Kanzlei Internetrecht-Rostock.de seit vielen Jahren Internethändler im gewerblichen Rechtsschutz, insbesondere bei Fragen von Produkt-Compliance.

Die Kanzlei Internetrecht-Rostock.de informiert auf ihrer gleichnamigen Internetseite seit mehr als 20 Jahren mit inzwischen über 3.000 Beiträgen über Themen für Online-Händler und berät eine Vielzahl von Online-Händlern bei der Absicherung ihrer Auftritte.


Ich berate Sie bundesweit auch kurzfristig telefonisch. Im Rahmen meiner Beratung erörtere ich mit Ihnen die Rechtslage und die verschiedenen Handlungsalternativen mit den jeweiligen Vor- und Nachteilen. Selbstverständlich erhalten Sie von mir auch konkrete Empfehlungen für das weitere Vorgehen.  


Wenn Sie Fragen zur Haftung eines Bevollmächtigten nach Produktsicherheitsgesetz bei Schutzrechtsverletzungen oder Wettbewerbsverstöße haben, können Sie sich über die angegebenen Kontaktdaten unkompliziert mit mir in Verbindung setzen:


  • Rufen Sie mich einfach an (Tel. 0381-260 567 30).



  • Oder lassen Sie mir über die Funktion „Nachricht senden“ eine Mitteilung zukommen.



Johannes Richard
 Rechtsanwalt
 Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz

Foto(s): Ra Richard

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