Otto peinlich genaues Zahlungsmanagement!

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Auf die alte Kontoverbindung zu spät gezahlt kann bei Otto teuer und umständlich werden. Der folgende Fall eines Mandanten hatte mich verblüfft:

Der Mandant hatte bei der Internetplattform
Otto GmbH & Co KG (künftig "Otto") in 2021 insgesamt 3 Artikel gekauft und bezahlt.Einmal jedoch zuviel, was zu einer Rückerstattung durch dass Otto Team führte. Bei der Rechnung des zeitlich zuletzt gekauften Produktes passsierte allergings, weil der Mandant überarbeitet und unkonzentriert war folgendes: Die Zahlung wurde im Onlinebanking, verspätet und andererseits auch fehlherhaft auf eine alte Kontoverbindung von Otto bezahlt. Otto hatte aber im Rahmen der Abrechnung auf eine neue Bankverbindung hingewiesen. Kundenservice ? Einfach umbuchen? im Sinne der Kundenfreundlichkeit? So die Erwartungshaltung des Mandanten. Nein: Diesmal hatte der Mandant zuviel erwartet. Otto hatte bereits an Ratepay HQ Berlin übergeben und pünktlich erhielt der Kunde einerseits eine Mahnung von Ratepay, gegen welche er protestierte aber umsonst. Kurze Zeit später ein Inkassoschreiben von EOS Deutscher Inkassodienst. Dies, trotz Zahlung (wenn auch auf ein altes Konto, so doch eins von Otto). 

 Kosten ja klar 1, 5 Geschäftsgebühr 52,92 €, (wie beim Anwalt) und 4,80 € extra!.  Klasse Service dachte sich mein Mandant. 

Otto empfahl EOS zu bezahlen. Man könne nicht helfen. Eine Rückbuchung des auf die alte Kontoverbindung von Otto angewiesenen Betrages blieb erstmal aus.

Frage des Mandanten an mich:  Ist es für einen Gläubiger rechtlich zulässig zusätzliche Kosten zu produzieren, obwohl ja Zahlung (auf falsches Konto) erfolgt war

Bankrecht und Grundlagen: Wie zahlt man richtig?

Wie man nach deutschem Recht eine Geldschuld bezahlt, musste ich, obwohl ich ja ständig Zahlungen durch Überweisungen leiste tatsächlich erst einmal recherchieren. 

Im Gesetzt steht nichts. Statt Barzahlung geht auch Banküberweisung, wenn zwischen den Parteien vereinbart. Nach deutschem Recht kann man sich dann streiten, ob Leistung gemäß § 362 Abs. 1 BGB (Erfüllung) oder eine Leistung an Erfüllung statt im Sinne der §§ 363, 364 Abs. 1 BGB vorliegt (BGHZ 98, 24; BGH NJW 99, 210), von der Wirkung her ja egal, Hauptsache eins: gezahlt. 

Rechtlich gesehen: konkludenter Vertragsschluss über die Leistung der Geldschuld durch Banküberweisung (statt Barzahlung): durch die  Bekanntgabe der Kontoverbindung durch den Gläubiger und Anweisung des Geldbetrages auf dieses Konto. Damit wird die Vereinbarung einer Überweisung als Vertrag geschlossen. Was gilt jetzt bei mehreren Konten:

  • es kann grundsätzlich durch Überweisung auf jedes Konto mit Erfüllungswirkung bezahlt werden, mit dem der Gläubiger gegenüber dem Schuldner im Rechtsverkehr auftritt.

Hat der Gläubiger also auf einer Rechnung oder einem Mahnschreiben mehrere Konten gleichzeitig angegeben, obliegt die Auswahl dem Schuldner. So eine Rechtsmeinung die meines Erachtens überwiegend sein sollte.

Aber Otto hat ja ausdrücklich ein neues Konto angegeben und beruft sich auf AGB.

Der BGH hatte mit seinem Urteil vom 17.3.04 entschieden (VIII ZR 161/03, ZIP 04, 1354): Das mit einer der Kontoangabe stillschweigend erklärte Einverständnis mit der Erfüllung der geschuldeten Leistung auf dieses Konto gilt bei der Benennung eines anderen Kontos nicht fort. (also Kündigung oder Widerruf des urspr. konkludent geschlossenen Rahmenvertrages für Überweisungsvorgänge zwischen Otto und dem Mandanten?

Ja so ist es: auch der juristischen Fachliterartur zu entnehmen: Das einmal erteilte Einverständnis ist im Zweifel bis zur Vornahme der Überweisung frei widerruflich (Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 472).

was sagt der BGH:

Die Angabe (allein) einer neuen Bankverbindung ist bei verständiger Würdigung aus der Sicht des Erklärungsempfängers als konkludent erklärter Widerruf der Einverständniserklärung hinsichtlich des zuvor angegebenen Kontos auszulegen (§§ 133, 157 BGB). Die Mitteilung einer Bankverbindung in einer Rechnung lässt mangels anderer Anhaltspunkte keinen anderen Schluss zu, als dass das Einverständnis des Gläubigers mit einer Überweisung des Rechnungsbetrags sich auf die nun angegebene Bankverbindung beschränkt.

Mein Rechtsrat daher: Man könnte sich noch überlegen, ob man die AGB von Otto für überraschend und damit rechtsunwirksam erachtet, wenn Geld, dass man auf ein falsches Konto bezahlt hat nicht automatisch zurücküberwiesen wird. Oder man wendet ein, dass eine Schadensminderungspflicht besteht, wenn die Zahlung erfolgt ist und fordert wenigstens den Wegfall der Inkasso-kosten und gesteht Otto die 4,80 € an Mahnkosten zu?

Aber das ist von mir ggf. zu verbraucher – und kundenfreundlich gedacht. Also habe ich dem Mandanten eins empfohlen: zu zahlen!

Und wer weiß ggf. droht ja beim Inkassoautomatismus sogar ein Schufa Eintrag? Gegen den könnte sich der Mandant wohl wehren, da man sich schon rechtlich streiten kann ob dieses peinlich genaue Zahlungsmanagement tatsächlich dazu führt, dass der Schuldner die Inkassokosten zu tragen hat.

Aber ernsthaft: Bei der Rechtsprechung des BGH dann beim Richter zu „betteln“ um dann ggf. 50 % der Inkassokosten im Wege eines Vergleichs zu verhandeln und zu bezahlen, weil ja der Richter in jeder Lage des Verfahrens auf einen Vergleich hinzuwirken hat. Das ist eher kein Mandat, dass ich selbst haben will: Auch nicht leicht für den Richter zu urteilen. Der müsste ja ggf. eher verurteilen, weil rechtlich aus Sicht der Rechtsprechung des BGH ja rechtlich logisch konsequent?

Was ich davon halte: Ich vertrete eine andere Rechtsansicht als die herrschende und meine wer Geld bekommen hat, hat es bekommen und sollte keine weiteren Kosten produzieren dürfen, indem er Forderungen, ohne den Zahlungseingang (auf dem alten Konto zu kontrollieren) ein Inkassounternehmen beauftragt. Chancen mit dieser Meinung gerichtlich durchzudringen? Wohl ggf. eben nur 50 %. 

Im Übrigen gilt eins Zahlung auf falsches Konto, daher in der Regel keine Erfüllung sondern Schuldnerverzug. Und gem. §286 ff BGB sind dann die Rechtsverfolgungskosten auch vom Schuldner  zu zahlen, auf jeden Fall 4,80 € und wohl aus Sicht eines manchen Richters dann auch die Inkasso-Kosten: 52,92 €  (je nach Höhe der Forderung auch ggf. höher?)

Über die restlichen Inkassokosten, kann man sich meines  Erachtens, wer will, ja streiten.  

Ich habe dem Mandanten, der empfohlen zu zahlen und seine Lebenszeit nicht mit derlei Streitigkeiten sinnlos verkürzen zu lassen. Klar soll er auf die Rückzahlung der Überzahlung bei Otto drängen, ggf. auch Klagen aber sich gegen das Inkassounternehmen udn Ratepay zu wehren?

Was ich im Übrigen meine:

Ein kostenfreier Service für die Otto-Kunden, die versehentlich auf die alte Kontoverbindung bezahlt hatten, wäre es gewesen das alte Konto einfach zu löschen. Im Fall meines Mandanten wurde jetzt Rückzahlung angekündigt. 

Ich wünsche allen Verbrauchern:

  • reibungslose Online Einkäufe viel Kundenservice und dass man mit derartig rechtlich unerfreulichen Dingen nur eins:   Nichts zu tun hat!

(Ich hatte mich ausnahmsweise mit dem Fall beschäftigt und weiß jetzt auch wieder, warum ich kein Verbrauchervertrags-recht mache: Halte ich in Deutschland für eins: antiquiert)

  • Ein gesundes und erfolgreiches Neues 2022!

Gerne stehe ich auch im Neuen Jahr für Rechtsrat und rechtliche Interessenvertretung zur Verfügung! Die Kosten einer Erstberatung betragen 249,90 €. Online und ohne telefonische oder persönliche Beratung erteilen wir kostenfreie (rechtsunverbindliche) Ersteinschätzungen falls Sie uns den Sachverhalt schildern und Unterlagen als SCAN übermitteln. (kann je nach Arbeitsauslastung, dann aber auch mal dauern und ist für Fristsachen nicht geeignet!)

Foto(s): Martin Haas


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