Pauschaldotierte Unterstützungskasse und Unternehmensverkauf/ Betriebsveräußerung

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1.  Ausgangssituation

Versorgungswerke über eine pauschaldotierte Unterstützungskasse finden sich zahlreich im Mittelstand. Nicht nur in der Vergangenheit, sondern auch aktuell werden pauschaldotierte Unterstützungskassen vielfach im Mittelstand eingerichtet. Immer mehr Berater widmen sich diesem Thema. Ursächlich für den sich verstärkenden Trend ist die hohe Flexibilität in der Ausgestaltung, die Möglichkeit der Innenfinanzierung, der Möglichkeit der freien Kapitalanlage, die leichte Kombination mit Nettolohnbestandteilen, die leichte transparente Kalkulierbarkeit und das einfache Berücksichtigen individueller Anforderungen. Die Probleme der Versicherungswirtschaft forcieren diesen Trend noch zusätzlich. Haftung und Nachschüsse für Pensionskassen, Nachschüsse bei rückgedeckten Unterstützungskassen, Rückzug von Marktführern aus der Pensionskasse oder Aufgabe der Garantien sind Themen, die die Zeitungen füllen und bei den Unternehmen zum Nachdenken führen, ob diese versicherungsförmigen Durchführungswege noch geeignet sind. 

Auch in Unternehmen, die den Durchführungsweg der pauschaldotierten Unterstützungskasse gewählt haben, können sich aber im Lauf der Zeit Fragen zu Einzelheiten stellen.

Mit diesem Rechtstipp soll insbesondere die Situation dargestellt werden, wenn ein Unternehmen verkauft bzw. ein Betrieb veräußert werden soll. 


2. Fragen in Zusammenhang mit einem beabsichtigten Unternehmenskauf

Sowohl Unternehmen, die bereits ein Versorgungswerk über die pauschaldotierte Unterstützungskasse eingerichtet haben, als auch Unternehmen, die sich mit dem Gedanken einer Einrichtung beschäftigen, oder sich zur pauschaldotierten Unterstützungskasse beraten lassen, stellen sich die Fragen: 

- Wie wirkt sich die pauschaldotierte Unterstützungskasse bei einem Unternehmensverkauf aus?

- Was muss ich bei einem Unternehmensverkauf beachten?

- Welche Auswirkungen hat eine pauschaldotierte Unterstützungskasse auf den Kaufpreis?

So einfach die Fragen auch sind, so vielschichtig ist eine entsprechende Antwort.

 

3. Auswirkungen der pauschaldotierten Unterstützungskasse auf einen Unternehmensverkauf

 3.1.  Grundsätzliche Folgen für die bAV bei einem Unternehmensverkauf

Bei einem Unternehmensverkauf gehen auch die Verpflichtungen aus der betrieblichen Altersversorgung mit den Mitarbeitern auf den Erwerber über. Je nach Rechtsform und Veräußerungsstruktur sind hier allerdings Besonderheiten zu beachten, unabhängig davon, ob ein Unternehmen im Ganzen als Gesellschaft (Share Deal) oder nur einzelne Vermögensgegenstände (Asset Deal) verkauft werden. Soweit Mitarbeiter übergehen, unabhängig davon, ob nach § 613 a BGB im Rahmen eines Betriebsübergangs oder im Rahmen des Verkaufs der GmbH Anteile, gehen die Verpflichtungen gegenüber den Mitarbeitern aus der bAV kraft Gesetztes auf den Erwerber über.

Grundsätzlich prüft jeder professionelle Käufer im Rahmen eines Unternehmenserwerbs auch diese Verpflichtungen aus betrieblicher Altersversorgung. Selbst eine bAV in der Form von Direktversicherungen ist dabei nicht unproblematisch und führt bei Käufern, die sich damit auskennen, nicht selten zu Fragen und Klärungsbedarf. 

Bei der pauschaldotierten Unterstützungskasse ist es unserer Ansicht nach wichtig, bereits im Vorfeld im Hinblick auf einen möglichen Verkauf, entweder Kapitalzusagen zu vereinbaren oder bei Rentenzusagen zumindest eine Kapitaloption zu integrieren, die vom Arbeitgeber ausgeübt werden kann.

Damit beantworten sich auftretende Fragen zur Höhe der Verpflichtungen in der Regel verhältnismäßig einfach.

3.2.  Ausgeschiedene und aktive Arbeitnehmer bei einem Unternehmensverkauf

Werden bei einem Share Deal Geschäftsanteile verkauft, gehen sowohl die aktiven Anwärter bzw. Mitarbeiter als auch die bereits ausgeschiedenen Mitarbeiter auf den Erwerber über. Die Ansprüche dieser Personen bleiben im Unternehmen. Verkauft wird ja der GmbH-Anteil oder die gesamte GmbH. An den Zusagen selbst ändert sich nichts. Genauso automatisch gehen natürlich auch alle Vermögensgegenstände und Rückdeckungen auf den Erwerber über.

Gehen allerdings im Rahmen eines sog. Asset Deals Mitarbeiter nach § 613 a BGB auf den Erwerber über, gehen auch die Zusagen und die Verpflichtungen dieser Mitarbeitern gegenüber kraft Gesetzes auf den Erwerber über. Bereits ausgeschiedene Anwärter allerdings gehen bei einem Asset Deal weder nach § 613 a BGB auf den Erwerber über noch werden sie auf den Erwerber übertragen. Sie bleiben im alten Unternehmen zurück. 

Das gleiche gilt im Fall von Rentnern. Auch diese Rentner bleiben bei einem Asset Deal im alten Unternehmen zurück und werden weder übernommen noch gehen sie automatisch über. 

Eine bestehende Rückdeckung - und sei es nur eine Direktversicherung - muss bei einem Asset Deal einzeln mit übertragen werden und im Kauf- und Übertragungsvertrag auch erwähnt werden. In der Praxis wird dies nicht selten vergessen. Keine Versicherung geht automatisch ohne Übertragung auf einen Erwerber über, allerdings nach § 613 a BGB der Mitarbeiter mit seinen Versorgungsansprüchen. 

Auch bei einer pauschaldotierten Unterstützungskasse ist zu unterscheiden:

Handelt es sich es sich um einen Share Deal, wird also der gesamte GmbH-Anteil übertragen, werden auch die Verpflichtungen, die Mitgliedschaft in der Unterstützungskasse und letztlich auch das bereits gebildete Vermögen übertragen. An einzelnen Verträgen ändert sich dabei nichts.

Anders sieht es bei einem Asset Deal aus. Hier geht der Mitarbeiter, soweit er noch aktiv tätig ist, nach § 613 a EStG automatisch auf den Erwerber über und mit ihm natürlich auch seine Ansprüche, d.h. die Verpflichtung des Veräußerers gegenüber dem Mitarbeiter. Der neue Arbeitgeber und Erwerber schuldet die Versorgungsverpflichtungen. Die Mitgliedschaft in der Unterstützungskasse und auch das entsprechende Kassenvermögen gehen nicht automatisch über. Dies müsste vertraglich geregelt werden. Hier passieren in der Praxis sehr leicht Fehler. Ausgeschiedene Anwärter bleiben bei einem derartigen Asset Deal  im Unternehmen zurück. Auch die Mitgliedschaft in der Unterstützungskasse und das entsprechende Kassenvermögen blieben im alten Unternehmen erhalten. Der bisherige Unternehmer hat die Möglichkeit, sein Restunternehmen als eine Art Rentner-Gesellschaft fortzuführen oder zu liquidieren. Bei Liquidation bietet sich für derartige Fälle eine Liquidationsdirektversicherung an, die im Falle von Kapitalzusagen unproblematisch sind.

3.3.  Auswirkungen auf den Kaufpreis 

Relevant ist auch die Frage, hat das Vorhandensein einer pauschaldotierten Unterstützungskasse eine Auswirkung auf den Kaufpreis? 

Diese Frage ist einfach zu beantworten, wenn man sich die Systematik bzw. Funktion der pauschaldotierten Unterstützungskasse ansieht anhand folgenden Beispiels:

Entweder verzichtet der Mitarbeiter im Rahmen einer Entgeltumwandlung auf die Auszahlung von 100,00 € seines Gehaltes monatlich oder der Arbeitgeber gibt dem Mitarbeiter statt einer Gehaltserhöhung 100,00 € arbeitgeberfinanzierte Zusage pro Monat. Darüber hinaus verspricht der Arbeitgeber dem Mitarbeiter  eine Verzinsung von beispielsweise 1,20 %. 

Vereinfacht ausgedrückt, das Unternehmen hat eine Verpflichtung von 100,00 € gegenüber dem Mitarbeiter und hat 100,00 € mehr auf der Bank, da es 100,00 € weniger Gehalt aufgrund der Umwandlung ausbezahlt hat. (auf Sozialversicherungsersparnisse sei hier bewusst verzichtet) Das Unternehmen ist also weder ärmer noch reicher geworden. Es hat diese 100,00 € nach wie vor. Tilgt das Unternehmen damit eine Kontokorrentverbindlichkeit, ändert sich genauso wenig. Das Unternehmen schuldet 100,00 € weniger der Bank, dafür 100,00 € mehr dem Mitarbeiter. Es ist weder ärmer noch reicher geworden. Somit kann dies auch keinen Einfluss auf einen Kaufpreis haben. 

Ob ein bestimmter Betrag von der Bank ausgeliehen oder vom Mitarbeiter einbehalten wird, ergibt bei Kapitalzusagen also im Ergebnis keinen Unterschied in Bezug auf die finanzielle Situation des Unternehmens. Die Beträge sind in beiden Fällen zu einem bestimmten, festen Zeitpunkt zurückzubezahlen. Im Falle des Mitarbeiters ist dieser Zeitpunkt im Durchschnitt sehr viel später. Das „Darlehen des Mitarbeiters“ ist zudem sicherheitenfrei und in der Regel langfristiger und zinsgünstiger, da der Zusagezins vom Unternehmen selbst festgelegt werden kann. Der Mitarbeiter hat außerdem eine Holschuld und muss die Zahlung der betrieblichen Altersversorgung selbst einfordern. 

Nach einem Jahr sieht es nicht anders aus. Der Arbeitgeber schuldet dem Mitarbeiter dann bereist 101,20 € incl. 1,20 % Zins. Die Frage ist jetzt, hat er mit diesen 100,00 € durch Kontokorrenttilgung oder Anlage und Investition mehr als 1,20 % verdient oder nicht? Schafft er es, den zugesagten Zins und mehr zu erwirtschaften, wird auch sein Unternehmen werthaltiger. Schafft er dies nicht, fehlt natürlich etwas Geld. Dies ist allerdings auch der Fall, wenn die durch einen Kontokorrentkredit finanzierte Investition die Kontokorrentzinsen nicht erwirtschaftet. 

Ob das Unternehmen durch die pauschaldotierte Unterstützungskasse mehr oder weniger wert wird im Laufe der Zeit, hängt also davon ab, ob es der Unternehmer schafft, mit dem Geld des Mitarbeiters oder der ersparten Gehaltsauszahlung 1,20 % Zinsen, die er zugesagt hat, zu erwirtschaften oder nicht. Diese Frage, ob dies realistisch machbar ist,  muss sich der Unternehmer allerdings bereits vorab im Rahmen der Einrichtung stellen. 

Spätestens zum Rückzahlungszeitpunkt muss der dem Mitarbeiter zugesagte Betrag, inklusive der vereinbarten Zinsen, - wie bei einem Bankdarlehen - vorhanden sein.

Werden die zugesagten bzw. einbehaltenen Beträge vom Unternehmen lückenlos angespart und wird exakt die den Mitarbeitern versprochene Verzinsung erwirtschaftet, entspricht der angesparte Gesamtbetrag zu jedem Zeitpunkt den gesamten Verpflichtungen gegenüber den Mitarbeitern. Das Unternehmen ist also aufgrund der Erteilung der Versorgungszusagen weder ärmer noch reicher geworden. Die Verpflichtungen aus der betrieblichen Altersversorgung wirken sich in diesem Fall nicht auf einen möglichen Kaufpreis aus.

Welche Beträge tatsächlich angelegt wurden und welcher Zins (egal ob durch Kontokorrentrückzahlung, Investition in Wachstum oder Investition am Kapitalmarkt) tatsächlich erwirtschaftet wird, hat also unmittelbaren Einfluss auf den Firmenwert. Ob ein Betrag angelegt wurde oder Bankschulden und Kontokorrentkredite tilgt, hat grundsätzlich keinen Einfluss. Ganz im Gegenteil - bei Rückführung von Kontokorrentkrediten ist die Zinsersparnis regelmäßig deutlich höher als der Zins, der dem Mitarbeiter zugesagt wurde.

Wird mit den einbehaltenen Entgeltbeträgen der Mitarbeiter eine höhere Verzinsung erwirtschaftet, als der Zins, der dem Mitarbeitern zugesagt wurde, erhöhen diese Überschüsse den Firmenwert. Wird mit den einbehaltenen Entgeltbeträgen der Mitarbeiter eine niedrigere Verzinsung erwirtschaftet, als den Mitarbeitern zugesagt wurde, vermindert sich der Firmenwert um den Differenzbetrag.

Allerdings darf selbst diese Situation nicht isoliert betrachtet werden: erfahrene Mitarbeiter, die durch die für sie rentable bAV der Unterstützungskasse langfristig an das Unternehmen gebunden werden, damit einhergehend eine stabile Personalsituation, Zufriedenheit der Mitarbeiter und eine leichtere Mitarbeiterakquisition, sind ebenfalls Dinge, die den Unternehmenswert positiv beeinflussen können und auch bei der Ausgestaltung der betrieblichen Altersversorgung eine Rolle spielen. Auch die Liquiditätsreserve, die sich im Laufe der Zeit aufbaut, hat einen betriebswirtschaftlichen Wert, der nie unterschätzt werden sollte und manche Überlegungen rechtfertigen kann.

 

4.     FAZIT

Die Weichen, welche Auswirkungen die bAV im Unternehmen bei einem Verkauf haben kann, werden bereits bei der Einrichtung einer pauschaldotierten Unterstützungskasse gestellt. Hier lässt sich auch bereits der Zins, der als Break-even Zins erreicht werden muss, damit die pauschaldotierte Unterstützungskasse keine negativen Auswirkungen auf den Kaufpreis hat, errechnen und ggfs. durch Modifikationen auf ein für einen Erwerber interessanten Satz gestalten lassen. Neben den Hard-facts sollten jedoch auch nie die Soft-facts für potentielle Veräußerer und Erwerber bei einer Betrachtung unberücksichtigt bleiben.

Bei einem Verkauf oder Kauf eines Unternehmens mit einer pauschaldotierten Unterstützungskasse (aber auch anderen Durchführungswegen) sollten grundsätzlich auf diesen Bereich spezialisierte Berater hinzugezogen werden.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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