Planfeststellung – Planfeststellungsverfahren – Vorarbeiten

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Darf ein Vorhabenträger eigentlich Ihr Grundstück betreten? Selbst wenn das Verfahren noch gar nicht durch den Erlass eines Planfeststellungsbeschlusses beendet wurde und damit offen ist, ob das Vorhaben genehmigt wird?

Ja, ein Vorhabenträger oder von ihm Beauftragte dürfen unter bestimmten Voraussetzungen Ihr Grundstück betreten, um sogenannte Vorarbeiten durchzuführen. Die Voraussetzungen sind in den jeweiligen Fachgesetzen geregelt. Im Falle des Ausbaus einer Leitung ist die Grundlage in § 44 EnWG (Energiewirtschaftsgesetz) zu finden. Im Falle des Ausbaus einer Eisenbahntrasse wird der Vorhabenträger durch § 17 AEG (Allgemeines Eisenbahngesetz) dazu ermächtigt. Auch in anderen Fachgesetzen finden sich entsprechende Vorschriften.

§ 17 AEG lautet folgendermaßen: 

(1) Eigentümer und sonstige Nutzungsberechtigte haben zur Vorbereitung der Planung und der Baudurchführung eines Vorhabens oder von Unterhaltungsmaßnahmen notwendige Vermessungen, Boden- und Grundwasseruntersuchungen einschließlich der vorübergehenden Anbringung von Markierungszeichen und sonstige Vorarbeiten durch den Träger des Vorhabens oder von ihm Beauftragte zu dulden. Arbeits-, Betriebs- oder Geschäftsräume dürfen zu diesem Zweck während der jeweiligen Arbeits-, Geschäfts- oder Aufenthaltszeiten nur in Anwesenheit des Eigentümers oder sonstigen Nutzungsberechtigten oder eines Beauftragten, Wohnungen nur mit Zustimmung des Wohnungsinhabers betreten werden.

(2) Die Absicht, solche Arbeiten auszuführen, ist dem Eigentümer oder sonstigen Nutzungsberechtigten mindestens zwei Wochen vorher unmittelbar oder durch ortsübliche Bekanntmachung in den Gemeinden, in denen die Vorarbeiten durchzuführen sind, bekanntzugeben.

(3) Entstehen durch eine Maßnahme nach Absatz 1 einem Eigentümer oder sonstigen Nutzungsberechtigten unmittelbare Vermögensnachteile, so hat der Träger des Vorhabens eine angemessene Entschädigung in Geld zu leisten. Kommt eine Einigung über die Geldentschädigung nicht zustande, so setzt die nach Landesrecht zuständige Behörde auf Antrag des Trägers des Vorhabens oder des Berechtigten die Entschädigung fest. Vor der Entscheidung sind die Beteiligten zu hören.


Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 AEG haben Eigentümer und sonstige Nutzungsberechtigte zur Vorbereitung der Planung und der Baudurchführung eines Vorhabens notwendige Vermessungen, Boden- und Grundwasseruntersuchungen einschließlich der vorübergehenden Anbringung von Markierungszeichen und sonstige Vorarbeiten durch den Träger des Vorhabens oder von ihm Beauftragte zu dulden. Diese Duldungspflicht besteht nur, soweit die genannten Arbeiten zur Vorbereitung der Planung und zur Baudurchführung notwendig sind.

Vorarbeiten zur Vorbereitung der Planung dienen in der Regel dazu, die Planfeststellungsunterlagen zu erstellen. Handelt es sich hingegen um Vorarbeiten zur Vorbereitung der Baudurchführung dürften in der Regel die Planfeststellungsunterlagen bereits fertig gestellt sein, ggf. liegt sogar schon ein Planfeststellungsbeschluss vor.   

Die Abgrenzung der zulässigen Vorarbeiten ist mitunter schwierig. So sind z.B. solche Maßnahmen, die bereits einen Teil der Ausführung des Vorhabens selbst darstellen, jedenfalls keine Vorarbeiten mehr, die Sie als Grundstückseigentümer zu dulden hätten. Vorarbeiten i.S.d. § 17 AEG müssen also vorrangig solche Maßnahmen darstellen, die noch nicht das Vorhaben verwirklichen bzw. die Errichtung des Vorhabens betreffen.


Was sind Vorarbeiten?

Als Vorarbeiten i.S.d. § 17 AEG einzustufen sind also Maßnahmen, die der Aufklärung und damit dazu dienen, die Art und den Umfang der späteren Baumaßnahmen zur Vorhabendurchführung zu ermitteln: die Ungewissheiten des Planungsverfahrens sollen aufgeklärt werden. So dienen z.B. Baugrunduntersuchungen dazu, den Aufbau des Bodens, seine Tragfähigkeit und weitere baurelevante Eigenschaften zu ermitteln. Diese Baugrunduntersuchungen bilden dann eine wichtige Grundlage für die Planung z.B. von Böschungen oder einer Schallschutzwand. Selbst wenn über den Verlauf der Eisenbahntrasse bereits vorhabenträgerseitig abschließend entschieden ist, können dennoch Vorarbeiten nach § 17 Abs. 1 AEG durchgeführt werden. Denn auch nach Einleitung des Planfeststellungsverfahrens kann es noch nötig sein, Untersuchungen anzustellen, um Details der Vorhabendurchführung zu sondieren.


Zeitpunkt von Vorarbeiten

Vorarbeiten können demnach bereits vor Einleitung eines Planfeststellungsverfahrens, nach Einleitung und damit während eines Planfeststellungsverfahrens und auch noch nach der Beendigung eines Planfeststellungsverfahrens durchgeführt werden. Maßgeblich ist allein, dass diese Vorarbeiten zur Vorbereitung der Planung und zur Baudurchführung notwendig sind.


Information der Eigentümer

§ 17 Abs. 2 AEG regelt, dass die Absicht, Vorarbeiten durchzuführen, Ihnen als Eigentümer oder sonstigem Nutzungsberechtigen mindestens zwei Wochen vorher unmittelbar oder durch ortsübliche Bekanntmachung in den Gemeinden, in denen die Vorarbeiten durchzuführen sind, bekanntzugeben ist. Häufig ist eine Vielzahl von Grundstückseigentümern bzw. sonstigen Nutzungsberechtigten zu informieren, sodass in der Regel von der öffentlichen Bekanntmachung Gebrauch gemacht wird. 

Es ist nicht erforderlich, dass Sie der Durchführung von Vorarbeiten auf Ihrem Grundstück zustimmen. Auch wenn Sie Bedenken gegen das Vorhaben an sich haben, können Sie den beabsichtigten Vorarbeiten nicht widersprechen. Denn durch § 17 Abs. 1 AEG wird eine zivilrechtliche Duldungspflicht begründet: Sie haben die Vorarbeiten auf Ihrem Grundstück zu dulden – wenn es sich denn tatsächlich um Vorarbeiten handelt und diese rechtzeitig angekündigt wurden.


Finanzielle Entschädigung

Wenn Ihnen durch die Vorarbeiten unmittelbare Vermögensnachteile entstanden sind, steht Ihnen nach § 17 Abs. 3 Satz 1 AEG eine angemessene Entschädigung in Geld zu.


Bei Fragen rund um das Thema Planfeststellung stehe ich Ihnen sehr gerne zur Verfügung!


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