Politiker Björn Höcke mit „Hitlerbart“ gezeigt – Ist das erlaubt oder strafbar?

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Einen Politiker in aller Öffentlichkeit mit Hitlerbart darstellen – noch Meinungsfreiheit oder schon strafbar? 

Kürzlich veröffentlichte die Bild Zeitung eine Werbekampagne, die den AfD Politiker Björn Höcke mit einem schwarzen Schnauzbart wie dem von Hitler zeigt. In diesem Zuge kommt die Frage auf: wie weit darf man gehen? Wann droht eine Strafe wegen Beleidigung oder gar Volksverhetzung?

Aufmalen eines Schnauzbartes als strafbare Beleidigung? – welche Strafe droht?

Wer einen anderen beleidigt wird gem. § 185 StGB grundsätzlich mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft. In bestimmten Fällen kann die Strafe allerdings höher ausfallen (Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe). Dies gilt zum Beispiel für Beleidigungen, die öffentlich begangen werden (§ 185 StGB).

Aber kann das Aufmalen eines Schnauzbartes als Beleidigung gelten? 

Erstaunlicherweise ist es nicht die erste Darstellung eines Politikers mit „Hitlerbart“ – beinahe 200 solcher Darstellungen mit Bart wurden laut Bundesregierung alleine im Jahr 2022 in Bezug auf Politiker aktenkundig verzeichnet (BT-Drucks 20/5470).

Nun erfolgte erstmalig eine derartige Veröffentlichung durch ein Medienunternehmen. 

Was genau ist eine Beleidigung?

Als Beleidigung nach § 185 StGB ist ein rechtswidriger Angriff auf die Ehre einer anderen Person durch vorsätzliche Kundgabe der Missachtung oder Nichtachtung zu qualifizieren. 

In Deutschland können sich derzeit allerdings nur natürliche Personen strafbar machen. Ein Unternehmensstrafrecht in dem Sinne, dass sich auch ein Unternehmen als solches z.B. wegen Beleidigung strafbar machen könnte, gibt es (noch) nicht.

Täter einer Beleidigung ist grundsätzlich der oder die vorsätzlich (mit Wissen und Wollen) Kundgebende.

Wer ist Kundgebender hinter dem Plakat und damit möglicher Täter einer Beleidigung?

Die technische Übertragung der Darstellung über die digitalen Werbeplakate stellt eine taugliche Form der Kundgabe dar. 

Wie bereits angedeutet kann aber nicht die BILD Zeitung als solche strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden, wohl aber diejenige Person die die technische Übertragung vorgenommen / angestoßen hat.

Die eingestandene Darstellung als Hitler ist im vorliegenden Fall auch als Kundgabe der Miss- und Nichtachtung aufzufassen. Die BILD-Chefredakteurin hat bereits im Interview selbst bestätigt, dass sie mit der Kampagne zeigen wollen, was schief läuft. Der Politiker wird als Teil des Übels betitelt. Der Punkt soll gerade nicht den Bart Charlie Chaplins sondern Hitlers darstellen. 

Die Darstellung einer Person als Hitler stellt keine bloße Distanzlosigkeit oder allgemeine Unhöflichkeit ohne abwertenden Charakter mehr dar. 

Auch handelt es sich hierbei nicht mehr um eine auf Tatsachen basierende zutreffende oder wertneutrale Bezeichnung. Eine Gleichsetzung mit einem Diktator, der eine ungeschriebene Anzahl von Menschen auf dem Gewissen hatte, ist einer Bezeichnung als Nazi oder Faschist nicht gleichzusetzen. Diese Bezeichnungen hatte die Staatsanwaltschaft Hessen den AfD Politiker betreffend bereits als „auf Tatsachen basierendes Werturteil“ klassifiziert.

Die Äußerung ist auch mit Willen dem Beleidigten sowie der Öffentlichkeit zur Kenntnis gelangt.  Vorsatz ist gegeben. 

Die Veröffentlichung der Darstellung von Höcke kann demnach eine strafbare Beleidigung darstellen.

Wichtig zu wissen ist jedoch, dass es sich bei der Beleidigung gem. § 194 StGB um ein sogenanntes Antragsdelikt handelt. Die Verfolgung setzt somit einen Strafantrag durch den Politiker selbst voraus. 

Gegen Personen des politischen Lebens gerichtete Beleidigung, üble Nachrede und Verleumdung?

Bei Personen des politischen Lebens sind meist nicht nur allgemeine Delikte anzudenken. Herr Höcke ist Fraktionsvorsitzender der AfD Thüringen und somit eine Person des politischen Lebens. 

Eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe erwartet denjenigen, der eine solche Person des politischen Lebens z.B. öffentlich beleidigt und dies aus Gründen tut, „die mit der Stellung des Beleidigten im öffentlichen Leben zusammenhängen“ (§ 188 Abs. 1 S. 1 StGB). Zudem muss diese Beleidigung geeignet sein, „sein öffentliches Wirken erheblich zu erschweren“ (§ 188 Abs. 1 S. 1 StGB). Und aus diesem Grund scheidet eine Strafbarkeit wegen gegen Personen des politischen Lebens gerichteter Beleidigung aus. Eine wesentliche Erschwerung richtet sich nach dem Inhalt der aufgestellten Behauptung und ihrer abstrakten Eignung zu negativen Auswirkungen, während andere Umstände wie die Glaubwürdigkeit des Täters, die Art der Verbreitung und die Größe des erreichten Personenkreises dabei unberücksichtigt bleiben sollen (z.B. BGH NJW 54, 649). 

Ob eine solche Veröffentlichung aber auch dazu geeignet ist, das öffentliche Wirken des Politikers erheblich zu erschweren ist in diesem Fall aber insofern zweifelhaft, als dass gerade bei einer solchen Aktion, die zum politischen Diskurs anregen soll, der Politiker des rechten Flügels unter Umständen von erhöhter Aufmerksamkeit auch profitieren kann.

Insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Erschwernis erheblich sein muss und damit nicht jede Erschwernis (eine Reputationseibuße droht wohl auch hier), spräche dies gegen eine Strafbarkeit wegen gegen Personen des politischen Lebens gerichteter Beleidigung nach § 188 StGB.

Strafbarkeit wegen Volksverhetzung?

Der Straftatbestand der Volksverhetzung ist recht verschachtelt aufgebaut und erfasst verschiedene Konstellationen. Erfasst sind zum Beispiel das Aufstacheln zum Hass oder zu Gewalt- oder Willkürmaßen gegen bestimmte Bevölkerungsgruppen oder das Verherrlichen, Leugnen oder Rechtfertigen von bestimmten Straftaten „unter der Herrschaft des Nationalsozialismus“ (§ 130 Abs. 3 StGB) oder der „nationalsozialistische[n] Gewalt- und Willkürherrschaft“ (§ 130 Abs. 4 StGB).

Das Strafgesetz wendet sich maßgeblich gegen die Billigung oder Verherrlichung des Nationalsozialismus. Ziel der Norm ist in erster Linie das Allgemeininteresse an einem friedlichen Zusammenleben im Staat (BGH NStZ 94, 140). 

Zwar können grundsätzlich auch politische Parteien Teile der Bevölkerung im Sinne des § 130 Abs. 1 Nr. 1 StGB sein, sodass das Aufstacheln zum Hass oder das Auffordern zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen auch gegen einen Angehörigen dieser Gruppe aufgrund seiner Zugehörigkeit in einer zur Störung des öffentlichen Friedens geeigneten Weise eine Freiheitsstrafe nach § 130 Abs. 1 Nr. 1 StGB nach sich ziehen könnte.

Unter dem Aufstacheln zum Hass wird allerdings die Einwirkung auf Sinne und Leidenschaften, aber auch auf den Intellekt, die objektiv geeignet und subjektiv im Sinne eines zielgerichteten Handelns dazu bestimmt ist, eine gesteigerte, über die bloße Ablehnung oder Verachtung hinausgehende feindselige Haltung gegen den betreffenden Bevölkerungsteil zu erzeugen oder zu steigern (so z.B. BGH, Urteil v. 20.09. 2011 – 4 StR 129/11 in BeckRS 2011, 24305 m.w.N.) verstanden. Dies ist vorliegend bereits fraglich. Die Chef Redakteurin hat mitgeteilt, dass sie der Öffentlichkeit aufzeigen wollen, was schief läuft. Es geht um politischen Diskurs und nicht die zielgerichtete Bestimmung zur Erzeugung oder Vertiefung von Hass. Im Endeffekt geht es den Zeitungen nur um eins – Aufmerksamkeit durch Schlagzeilen. 

Auch ein Angriff der Menschenwürde durch das Beschimpfen, böswillig verächtlich machen oder Verleumden einer solchen Gruppe bzw. Teile der Bevölkerung bzw. einer dieser Angehörigen einzelnen Person kann gem. § 130 Abs. 1 Nr. 2 StGB eine Freiheitsstrafe nach sich ziehen. 

Beim Aufmalen eines „Hitlerbartes“ an einen Politiker ist indes zweifelhaft, ob diese „Schwelle“ des § 130 Abs. 1 Nr. 2 StGB überschritten wurde. Diese Straftat geht nämlich weiter als eine „bloße“ Beleidung. Im Rahmen der Volksverhetzung in Gestalt des Beschimpfens nach § 130 Abs. 1 Nr. 2 StGB muss es sich um „eine nach Inhalt oder Form besonders verletzende Äußerung der Missachtung“ handeln, das Verächtlichmachen erfordert, dass „jemand als der Achtung der Staatsbürger unwert oder unwürdig hingestellt wird“ (BGH, Urteil v. 27.07.2017 – 3 StR 172/17 in BeckRS 2017, 127495 m.w.N.). Auch das zusätzliche Erfordernis des Angriffs der Menschenwürde schränkt die Strafnorm weiter ein. Darunter fällt nicht jede Verletzung der Ehre oder von Persönlichkeitsrechten, sondern ein solches Verhalten, das „den Menschen im Kern seiner Persönlichkeit trifft, indem er unter Missachtung des Gleichheitssatzes als minderwertig dargestellt und ihm das Lebensrecht in der Gemeinschaft bestritten wird“ (BGH, Urteil v. 27.07.2017 – 3 StR 172/17 in BeckRS 2017, 127495 m.w.N.).

Eine Strafbarkeit wegen Volksverhetzung gem. § 130 Abs. 1 Nr. 2 StGB ist demnach hier ebenfalls wohl zu verneinen. 

Auch stellt das Aufmalen des Bartes hier wohl keine Verherrlichung oder Billigung des Nationalsozialismus dar, sodass auch die in diesem Zusammenhang stehenden Varianten der Volksverhetzung hier nicht erfüllt sind.

Fazit: Das Aufmalen eines „Hitlerbarts“ auf einem Plakat eines Politikers muss also nicht zwangsweise eine strafbare Volksverhetzung sein.

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