Potenzielle Straftatbestände im Zusammenhang mit einer Insolvenz: Eine Übersicht.

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Wenn ein Unternehmen in eine Krisensituation schlittert, können durch die Unternehmensfortführung und/oder Handlungen des Unternehmens/Unternehmers insolvenzspezifische Straftatbestände verwirklicht werden.

Durch das Sanktionieren bestimmter Handlungen in einer Krise soll vor allem der Schutz der Gläubiger und die Gleichbehandlung der Gläubiger erreicht werden.

Durch Strafandrohung soll verhindert werden, dass Vermögensgegenstände, die den Gläubigern als Haftungsmasse dienen, reduziert werden und das Wirtschaftsumfeld geschädigt wird.

Die im Raum stehenden verwirklichten potentiellen Straftatbestände in krisennahmen Zeitraum lassen sich in allgemeine Straftatbestände und insolvenzspezifische Straftatbestände unterteilen.

Allgemeine Straftatbestände im Krisenzeitraum:

1. Betrug, § 263 StGB

Der Betrugstatbestand nach § 263 StGB ist ein klassisches Strafdelikt, welches im Vorfeld einer Insolvenz regelmäßig verwirklicht wird bzw. verwirklicht werden kann.

Das Paradebeispiel ist hier das "noch Auslösen von Warenbestellungen bei Insolvenzreife" in Kenntnis dieser Umstände.

2. Untreue, § 266 StGB

Aufgrund bestehender Vermögensbetreuungspflichten sowie vertraglich gesondert begründeter Pflichtenstellungen kommt der Straftatbestand der Untreue häufig bei Unternehmensinsolvenzen vor.

Die Tathandlung besteht in einer pflichtwidrigen vermögensrelevanten Handlung, durch die der Täter die ihm obliegende Vermögensbetreuungspflicht verletzt. Exemplarisch ist hier das Vereiteln eines bevorstehenden Geschäftsabschlusses, die Unterschlagung von Vermögen sowie der Einbehalt von Vermögensteilen zur Bildung "schwarzer Kassen“ zu benennen.

3. Vorenthalten von Sozialversicherungsbeiträgen, § 266a StGB

Unternehmensinhabern und Geschäftsführern geläufig ist der Straftatbestand des § 266a StGB.

Nach § 266a Abs. 1 StGB macht sich strafbar, wer als Arbeitgeber Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung der Einzugstelle vorenthält.

Insolvenzspezifischen Delikte:

1. Bankrott und besonders schwerer Fall des Bankrotts nach den § 283 f. StGB

Die Straftatbestände des Bankrotts sind umfassend in den §§ 283 f. StGB ausgestaltet.

Die normierten Tatbestände verfolgen zwei wesentliche Ziele. Zum einen werden Handlungen verboten, die eine Schmälerung oder Gefährdung der Insolvenzmasse zur Folge haben. Geschützt werden die Gläubiger vor einer Verringerung der Haftungsmasse.

Die zweite Schutzrichtung ist das Informationsinteresse des Gläubigers über die Situation des Unternehmens.

2. Verletzung der Buchführungspflicht, § 283b StGB

Der Straftatbestand des § 283b StGB sanktioniert den Verstoß gegen handelsrechtliche Buchführungspflichten. 

Diese Taten müssen nicht im Rahmen einer wirtschaftlichen Krise begangen worden sein. Es handelt sich vielmehr um ein abstraktes Gefährdungsdelikt, durch dessen Verletzung die Krise/Insolvenz des Unternehmers/Unternehmens letztlich mitverwirklicht wird.

3. Gläubigerbegünstigung, § 283c StGB

Vermögensverschiebungen bzgl. des insolventen Unternehmens sind grundsätzlich schon von § 283
Abs. 1 Nr. 1 StGB erfasst. 

Gleichwohl hat der Gesetzgeber hier noch eine spezielle Regelung über § 283c StGB im Gesetz verankert. Bestraft wird hiernach der Schuldner, der einen Gläubiger bevorzugt und diesen so in die Lage versetzt, seine Ansprüche in einem größeren Maße zu befriedigen, als dies anderen Gläubigern vergönnt ist.

Der Unterschied zum Bankrott besteht darin, dass der Täter nicht die Verwertung der Insolvenzmasse hintertreibt, sondern nur die gleichmäßige Befriedigung aller Gläubiger.

4. Schuldnerbegünstigung, § 283d StGB

§ 283d StGB entspricht im wesentlichen dem Bankrotttatbestand nach § 283 StGB.

Täterkreis ist hier jedoch nicht der Schuldner als handelnde Person, sondern Dritte.

5. Insolvenzverschleppung, § 15a Abs. IV InsO n. F. (ehemals § 84 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG).

Der wohl "renommierteste" Straftatbestand im Zusammenhang mit einer Insolvenz ist die sog. Insolvenzverschleppung.

Geschützt werden die Gläubiger von Gesellschaften, bei denen keine natürliche Person als Vollhafter vorhanden ist.

Handelnde Täter sind primär Geschäftsführer und Vorstandsvorsitzende, die durch eine fehlende Insolvenzantragstellung den Vermögensschaden vertiefen.



Dieser Artikel stellt keine konkrete und individuelle Rechtsberatung dar, sondern gibt lediglich einen groben Erstüberblick über die geschilderte rechtliche Materie. Insbesondere sind die angeführten Straftatbetände lediglich in den Grundzügen dargestellt, um sie dem Leser verständlich darzubringen. Rechtliche Sicherheit für Ihre konkrete Fallkonstellation können Sie nur durch abgestimmte Prüfung und Beratung eines fachkundigen Rechtsanwalts erhalten. 

Gerne stehe ich Ihnen als Fachanwalt für Insolvenzrecht bei Fragen rund um das Insolvenzstrafrecht zur Verfügung.

Foto(s): Canva.de - Dr. Holger Traub

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