Praxistipp Unfallabwicklung: Probleme mit der gegnerischen Haftpflichtversicherung

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Was tun, wenn sich die gegnerische Haftpflichtversicherung für „unzuständig“ erklärt bzw. die Schadensregulierung verweigert?

Wenn sich die gegnerische Haftpflichtversicherung für „unzuständig“ erklärt oder aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht in Anspruch genommen werden kann, bedeutet dies nicht, dass Sie als Unfallgeschädigter auf Ihrem Schaden sitzen bleiben.

Stellen Sie sich beispielsweise vor, die gegnerische Haftpflichtversicherung versagt Ihnen die begehrte Schadensregulierung unter Verweis darauf, dass das Fahrzeug des Unfallgegners bereits seit zwei Wochen nicht mehr versichert sei, weil der Vertrag gekündigt worden sei.

Selbstverständlich kann man zunächst an den Schädiger selbst herantreten und diesen zum Ersatz des Unfallschadens auffordern. In der Praxis kommt es jedoch nicht selten vor, dass die tatsächliche Durchsetzung der Schadensersatzansprüche hier an der Zahlungsfähigkeit des Schuldners scheitert.

Daher empfiehlt es sich in aller Regel, sich bei der Unfallschadensregulierung direkt an die Kfz-Haftpflichtversicherung des Gegners zu wenden.

Man könnte also in diesem beispielhaften Fall die Haftpflichtversicherung dazu auffordern, nachzuweisen, dass das Vertragsverhältnis wirklich gekündigt oder beendet worden ist.

Aber auch, wenn dem wirklich so ist und dies von der gegnerischen Versicherung nachgewiesen wird, greift hier eine Nachhaftung des Haftpflichtversicherers, die Sie als Geschädigter in Anspruch nehmen können.

Denn nach § 117 Abs.2 VVG haftet der Haftpflichtversicherer dem geschädigten Drittem gegenüber noch einen Monat über den Zeitpunkt hinaus, in dem er der Zulassungsstelle das Nichtbestehen oder die Beendigung des Haftpflichtvertrages nach § 25 FZV angezeigt hat.

Diese starre Monatsfrist gilt in jeder denkbaren Konstellation, selbst dann, wenn das Fahrzeug zwischenzeitlich bereits abgemeldet wurde.

Im Übrigen hat das OLG Frankfurt in seinem Urteil vom 26.09.2018 – 13 U 43/17 – entschieden, dass die Versicherung ebenfalls bei den sog. „Kurzkennzeichen“ der Nachhaftung nach § 117 VVG gegenüber dem Dritten unterworfen ist.

Soweit die beklagte Haftpflichtversicherung geltend machte, es sei unangemessen, für eine nur auf fünf Tage abgeschlossene Versicherung dem Versicherer eine Nachhaftung von einem Monat aufzubürden, weil dies finanziell nicht tragbar sei, hatte sie mit diesem Einwand keinen Erfolg. Das Gericht führte aus, dass es dem Versicherer obliegt, die Nachhaftung bei den Tarifen für die Kurzkennzeichen mit einzukalkulieren.

Doch auch, wenn die gegnerische Haftpflichtversicherung die Haftung nach Vertragsbeendigung zu Recht zurückweisen kann, weil die vorgenannte Monatsfrist bereits abgelaufen ist, so stehen Sie als Unfallgeschädigter nicht schutzlos da und es bieten sich andere Möglichkeiten an, Schadensersatz hinsichtlich Ihres Unfallschadens zu erreichen.

Es gibt drei regelmäßig wiederkehrende Fälle, in denen die gegnerische Haftpflichtversicherung typischerweise nicht zum Schadensersatz herangezogen werden kann und es sich somit anbietet, die dann greifende subsidiäre Haftung der Verkehrsopferhilfe in Anspruch zu nehmen.

Dies sind das Nichtbestehen einer gegnerischen Haftpflichtversicherung, die Fahrerflucht, bei der mangels Kenntnis des Unfallgegners eine Inanspruchnahme aus tatsächlichen Gründen scheitert, sowie der vorsätzlich herbeigeführte Verkehrsunfall, bei dem die Eintrittspflicht der Versicherung aus rechtlichen Gründen nach § 152 VVG nicht gegeben ist.

Allerdings ist die Haftung bei Fahrerfluchtfällen sehr begrenzt, wodurch einer missbräuchlichen Inanspruchnahme der Verkehrsopferhilfe vorgebeugt werden soll. Hier werden Sachschäden am KFZ nicht ersetzt und sonstige Sachschäden (wie z. B. Kleidung, Ladung oder Gepäck) nur, wenn diese über 500,00 Euro liegen. Ein Schmerzensgeldanspruch ist nur gegeben, wenn die Leistung wegen einer besonders schweren Verletzung zur Vermeidung einer groben Unbilligkeit erforderlich ist.

Hinsichtlich des eingangs besprochenen Falles, des Wegfallens gegnerischen Haftpflichtschutzes sowie des gleichzeitigen Ablaufs der genannten starren Monatsfrist, ist ergänzend auszuführen, dass gegebenenfalls auch eine Haftung der Zulassungsstelle in Betracht kommt.

Die Zulassungsstelle haftet, falls diese nach erfolgter Anzeige durch die Haftpflichtversicherung hinsichtlich der Beendigung des Vertragsverhältnisses (mit deren Haftpflichtversicherungsnehmer) nicht sofort alles Erforderliche veranlasst, um das bezeichnete Fahrzeug aus dem Verkehr zu ziehen.

Die Zulassungsstelle muss unverzüglich den Fahrzeugschein einziehen, zur Entstempelung der Kennzeichen auffordern und die entstempelten Kennzeichen sodann überprüfen. Andernfalls wird von der Rechtsprechung eine Haftung der Zulassungsstelle nach Amtshaftungsgrundsätzen bejaht. Diese Haftung infolge von Obliegenheitspflichtverletzungen, geht der nur subsidiären Eintrittspflicht der Verkehrsopferhilfe vor.

Zudem geht diese Haftung im Übrigen auch über die Mindestversicherungssumme nach dem Pflichtversicherungsgesetz hinaus, was bei der Verkehrsopferhilfe nicht der Fall ist.

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