Privatschriftliches Testament vs. notarielles Testament

  • 5 Minuten Lesezeit

Privatschriftliches Testament

Ein Erblasser kann jederzeit ein Testament durch eine eigenhändig geschriebene und unterschriebene Erklärung errichten. Zwingend erforderlich ist dafür nur, dass der Erblasser seinen letzten Willen insgesamt handschriftlich niederlegt. Ein Verstoß hiergegen führt zur Unwirksamkeit der Verfügung. Auch ein gemeinschaftliches Testament von Ehegatten kann in der Weise handschriftlich errichtet werden, dass die gemeinschaftlichen Verfügungen von einem Ehepartner insgesamt handschriftlich niedergelegt und von dem anderen Ehepartner mitunterschrieben werden. Demzufolge ist ein privatschriftliches Testament relativ schnell und einfach erstellt – zumindest bei einfach gestalteten Vermögens- und Familienkonstellationen. Das privatschriftliche Testament kann in die sog. amtliche Verwahrung beim Nachlassgericht abgegeben oder Zuhause an einem sicheren Ort verwahrt werden. Bei etwas komplexeren Vermögens- und Familienstrukturen, z.B. Patchwork-Familien, behinderte Kinder, Vor- und Nacherbfolge, große Vermögen mit Unternehmensanteilen, Immobilien, Wertpapieren, Auslandsvermögen etc. sollte man grundsätzlich nicht ohne vorherige anwaltliche Beratung ein privatschriftliches Testament errichten, da man dabei viel falsch machen kann.

Notarielles Testament:

Alternativ kann ein Testament auch durch mündliche Erklärung vor einem Notar oder durch Übergabe einer offenen oder verschlossenen Schrift an den Notar, mit der Erklärung, dass es sich dabei um den letzten Willen handele, errichtet werden. Die Regel dürfte jedoch die mündliche Erklärung vor dem Notar sein. Der Notar lässt dem Erblasser zu diesem Zweck selbstverständlich auch eine juristische Beratung zuteil werden. Im Gegensatz zum privatschriftlichen Testament entstehen natürlich für ein notarielles Testament Kosten, die sich an den Notargebühren nach dem GNotKG orientieren.

Vor- und Nachteile

Viele Erblasser fragen sich, nach welchen Kriterien sie beurteilen können, welche Testamentsform für sie die Richtige ist und ob es pauschal immer Sinn macht, ein notarielles Testament errichten zu lassen und vor allem auch, wann ein privatschriftliches Testament eher interessengerecht ist. Bezüglich dieser Fragen versuche ich im Folgenden etwas Licht ins Dunkel zu bringen:

Bei einem notariellen Testament erhält der Erblasser in der Regel eine juristische Beratung und in jedem Fall ein solides Produkt „von der Stange“. Der Notar wird sich jedoch in der Regel nicht monatelang mit der Erstellung eines maßgeschneiderten Testaments bei einer komplexen Erbsituation beschäftigen. Nichtsdestotrotz können Notare in der Regel aufgrund jahrelanger Erfahrung und fachlicher Expertise für die allermeisten Erbfälle ein gut beratenes Testament auf den Weg bringen. Zudem kann es bei privatschriftlichen Testamenten passieren, dass die Testierfähigkeit des Erblassers in Zweifel gezogen wird. Ein notarielles Testament bietet grundsätzlich mehr Schutz, da der Notar als neutrale Person den Zustand des Erblassers bezeugen kann. Dies bedeutet jedoch nicht, dass ein notarielles Testament in Bezug auf die Testierfähigkeit immer wirksam ist, da der Notar kein medizinischer Fachmann ist. Ein vor einem Notar errichtetes Testament wird nach dem Beurkundungsvorgang vom Notar in die so genannte besondere amtliche Verwahrung beim Nachlassgericht  gegeben.

Bei einem notariellen Testament fallen Notargebühren an, die sich nach dem Nachlasswert richten. Die Notargebühr fällt bei einem gemeinschaftlichen Ehegattentestament doppelt an. Im Gegenzug ist jedoch in vielen Fällen bei Eintritt des Erbfalles für die Erben keine Beantragung eines Erbscheins beim Nachlassgericht mehr erforderlich. Ein Erbschein ist ein amtliches Zeugnis über die Erbfolge und weist den Erben als berechtigten Rechtsnachfolger des Erblassers aus.  Für den Erbschein fällt dieselbe Gebühr an, wie für die Erstellung eines notariellen Testaments. Zudem fällt bei der Beantragung eines Erbscheins noch eine zusätzliche Gebühr an für die notwendige eidesstattliche Versicherung. Diese Gebühren kann der Erbe sich bei Vorlage eines notariellen Testaments häufig sparen.

Allerdings gilt das nicht, sofern Erbstreitigkeiten bei Immobilienvermögen vorherrschen oder Auslandsvermögen im Spiel ist. Bei Erbstreitigkeiten bezüglich Immobilien kann es z.B. passieren, dass das Grundbuchamt dennoch einen Erbschein verlangt; außerdem ist ein Erbschein häufig bei Auslandsvermögen erforderlich. Banken dagegen akzeptieren in der Regel ein notarielles Testament.

Zu berücksichtigen ist bezüglich eines notariellen Testaments, dass nach der Errichtung bei jeder Anpassung erneut eine weitere Notargebühr anfällt.

Je vermögender der Testator ist, desto wahrscheinlicher ist es erfahrungsgemäß, dass eine mehrmalige Überarbeitung und Änderung des Testaments erforderlich wird. Bei einem notariellen Testament würde jede Änderung Gebühren auslösen, so dass dieses häufig gerade nicht günstiger wird als ein Erbschein – dieser käme in vielen Fällen noch zusätzlich dazu.

Der erhoffte Vorteil des notariellen Testaments stellt sich dann nicht ein, wenn dieses zu Hemmungen des Testators führt, das Testament an neue Gegebenheiten anzupassen – entweder wegen der Kosten oder wegen dem größeren Aufwand als beim privatschriftlichen Testament. Wobei zu erwähnen ist, dass auch ein notarielles Testament ohne Weiteres z.B. durch ein später privatschriftliches Testament aufgehoben werden kann. Meist ist jedoch das Ziel nicht die Aufhebung, sondern die Änderung und dafür fällt eben jedes Mal eine neue Gebühr an.

Aus diesem Grund ist ein privatschriftliches Testament flexibler, man kann dieses öfters ändern. Denn der Nachlasswert und/oder die eigene familiäre Situation können sich zwischen Testamentserrichtung und Todeszeitpunkt mehrmals verändern.

Aber auch das privatschriftliche Testament kann Nachteile haben. Das Erbrecht ist unübersichtlich, persönliche Vorstellungen und eventuell (rechtliche) Fehlvorstellungen des Testierenden können zu Unklarheiten, schwierigen Auslegungsfragen oder sogar zu gar nicht gewollten Rechtsfolgen führen. Grundsätzlich muss deshalb davon abgeraten werden, komplizierte Testamente ohne anwaltliche oder notarielle Hilfe privat zu verfassen.

Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass ein Testament nach dem Tode des Erblassers gefälscht, nicht aufgefunden oder gar vernichtet wird; um dem vorzubeugen kann allerdings gemäß § 2248 BGB auch ein privatschriftliches Testament auf Verlangen des Erblassers in besondere amtliche Verwahrung des Nachlassgerichts genommen werden. Beim notariell beurkundeten Testament prüft der Notar die Identität des Testierenden, so dass Streitigkeiten über die Echtheit des Testaments ausgeschlossen sind.

 

FAZIT:

Im Ergebnis kann die Frage nicht pauschal beantwortet werden, welche Testamentsform interessengerechter ist oder mehr Vorteile bietet. Wie so oft kommt es auf die individuelle Situation des Testators an. Es gibt wie oben dargelegt gute Gründe für eine notarielle Beurkundung. In vielen Fällen ist das notarielle Testament jedoch auch nicht hilfreich, verursacht aber (zusätzliche) Kosten.

Ich berate Sie gerne zur richtigen erbrechtlichen Gestaltung für Sie und Ihre Familie!


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwältin Maria Anwari LL.M.

Beiträge zum Thema