Razzia in der Reichsbürgerszene - Vorwurf Bildung terroristischer Vereinigung – welche Strafen drohen?

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Am gestrigen Mittwochmorgen, dem 07.12.2022, waren zahlreiche Beamte im Einsatz. In mehreren Bundesländern in Deutschland fand eine Razzia wegen des Vorwurfs der Zugehörigkeit zu einer Gruppierung, die einen Staatsstreich plante, statt. Zahlreiche Durchsuchungen und Festnahmen wurden durchgeführt. Einigen der Beschuldigten droht Untersuchungshaft.

Unter Ihnen auch ein ehemaliger Polizist, ehemalige und aktive Angehörige der Bundeswehr und eine Richterin am Landgericht Berlin.

Insbesondere die Vorwürfe der Bildung terroristischer Vereinigung (sowohl als Mitglied, Unterstützer als auch Rädelsführer) und der Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens stehen im Raum.

Medienberichten zufolge planten die Beschuldigten die Durchführung eines Staatsstreichs. Sie wollen durch Einsatz von militärischen Mitteln und Gewalt die verfassungsmäßige Ordnung der Bundesrepublik Deutschland beseitigen und nehmen dabei auch billigend in Kauf, dass es in diesem Prozess zu Toten käme, so der Vorwurf. Geplant waren wohl – so die Medien - unter anderem die Stürmung des Reichstagsgebäudes, die Absetzung der Bundesregierung sowie Angriffe auf die Stromversorgung.


Welche Strafe droht für die Bildung terroristischer Vereinigung?

Für die Bildung terroristischer Vereinigungen droht gem. § 129a Abs.1 StGB grundsätzlich eine Freiheitsstrafe zwischen einem und 10 Jahren.

Höher ist die Strafe allerdings bei Rädelsführern und Hintermännern. Hier droht eine Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren (§ 129a Abs.4 StGB).

Unterstützern einer terroristischen Vereinigung (iSd § 129a Abs.1,Abs.2 StGB) droht eine Freiheitsstrafe zwischen 6 Monaten und 10 Jahren (§ 129a Abs.5 StGB).

Auch das Anwerben von Mitgliedern oder Unterstützern einer solchen terroristischen Vereinigung ist strafbar. Es droht eine Freiheitsstrafe zwischen 6 Monaten und 5 Jahren (§ 129a Abs.5 StGB).


Was droht noch beim Vorwurf der Bildung terroristischer Vereinigungen?

Wird man wegen der Bildung terroristischer Vereinigungen zu eine Freiheitsstrafe von mindestens 6 Monaten verurteilt, so hat das Gericht die Möglichkeit, daneben auch noch die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, abzuerkennen. Auch die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erhalten, kann vom Gericht in diesem Fall aberkannt werden. § 129a Abs.8 StGB.


In bestimmten Fällen kann bei einer Verurteilung wegen Bildung terroristischer Vereinigungen vom Gericht außerdem Führungsaufsicht angeordnet werden (§ 129a Abs.9 StGB).


Wie die aktuellen Geschehnisse zeigen, droht im Rahmen eines Strafverfahrens den Beschuldigten gegebenenfalls Untersuchungshaft. Beim Vorwurf der Bildung terroristischer Vereinigungen (iSd § 129a Abs.1,Abs.2 StGB) sind an die Anordnung einer Untersuchungshaft zudem geringere Begründungsanforderungen gestellt, was insbesondere in der Gefährlichkeit dieser Straftat begründet liegt.


Wird nach einer Festnahme ein Beschuldigter, einem Richter vorgeführt, der über die Anordnung von Untersuchungshaft entscheiden muss, so liegt ein Fall der sogenannten Pflichtverteidigung vor. Der oder die Beschuldigte hat in diesem Fall also nicht nur ein Recht auf einen Strafverteidiger; vielmehr muss ein Verteidiger beigeordnet werden.

Man kann sich aber auch noch einen Wahlverteidiger aussuchen. Der Beschuldigte kann sich seinen Verteidiger im Rahmen des Strafverfahrens entsprechend grundsätzlich selbst aussuchen.


Hat ein Strafverfahren disziplinarrechtliche Auswirkungen für Polizisten und Soldaten?

Das ist durchaus möglich.

Zu den Beschuldigten gehören auch (ehemalige) Angehörige von Polizei und Bundeswehr. Dies ist einer der Umstände, weshalb die Gruppierung als derart gefährlich eingeordnet wird.


Die Begehung von Straftaten durch einen Soldaten kann ein Dienstvergehen darstellen und entsprechend (neben dem Strafverfahren) ein Disziplinarverfahren sowie Disziplinarmaßnahmen nach sich ziehen. Dabei ist es unschädlich, wenn die Straftat außerhalb des Dienstes begangen wurde.

Zu möglichen Disziplinarmaßnahmen gehört unter anderem die Entlassung aus dem Dienst.

Auch ehemalige Angehörige der Bundeswehr können Dienstvergehen begehen. Dies zum Beispiel dann, wenn ein ehemaliger Offizier oder Unteroffizier sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigt (vgl. § 23 Abs.2 Nr.2 Soldatengesetz).

Beim Vorwurf der Bildung einer terroristischen Vereinigung und der Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens steht dies im Raum.


Was ist eine terroristische Vereinigung?

Charakteristisch für eine terroristische Vereinigung ist, dass sie den Zweck hat, dass bestimmte Straftaten begangen werden. Gerade zu diesem Zweck wurde sie gegründet. Dies ist vom Willen der Gruppe getragen. Darin liegt ihre besondere Gefährlichkeit.


Zu diesen Straftaten gehören zum Beispiel Mord oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne des Völkerstrafgesetzbuches.

Bei bestimmten bezweckten Straftaten, wie Brandstiftungsdelikten, Zerstörung von Bauwerken, Störung öffentlicher Betriebe oder bestimmter Verstöße gegen das Waffengesetz  müssen noch weitere Voraussetzungen erfüllt sein. Bei diesen Delikten muss dann die Möglichkeit bestehen, dass durch die Art und Weise der Begehung der Straftat oder durch die Auswirkung der Straftat, zum Beispiel ein Staat erheblich geschädigt wird (§ 129a Abs.2 StGB).

Zudem muss die Straftat dann zu einem bestimmten Zweck bestimmt sein.

Dieser kann liegen in der

  • erheblichen Einschüchterung der Bevölkerung,
  • rechtswidrigen Nötigung einer Behörde oder internationalen Organisation durch die Anwendung von Gewalt oder Drohungen mit eben dieser oder
  • Beseitigung oder erheblichen Beeinträchtigung der „politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Staates oder einer internationalen Organisation“

(§ 129a Abs.2 StGB).


Allerdings droht eine Strafbarkeit wegen Bildung terroristischer Vereinigungen auch schon dann, wenn ihr Zweck „lediglich“ darin besteht, diese bestimmten (in der Norm genannten) Straftaten anzudrohen.


Eine Vereinigung liegt im Wesentlichen in einem Zusammenschluss von über 2 Personen über einen Zeitraum gewisser Dauer, wobei ein übergeordnetes Interesse verfolgt werden muss und der Zusammenschluss auf bestimmte Weise organisiert sein muss, zum Beispiel durch die Festlegung von Funktionen bzw. Rollen einzelner Mitglieder (vgl. § 129 Abs.2 StGB).


Medienberichten zufolge bestanden innerhalb der Organisation Pläne zur Gründung einer Art Rat. Dieser sollte aus diversen Ressorts bestehen. Für deren Leitung waren wohl teilweise bereits Personen ausgewählt.

Auch wird berichtet, dass bestimmte Mitglieder andere Mitglieder rekrutieren wollten und bestimmte Örtlichkeiten besucht zur Klärung einer möglichen Nutzung nach der geplanten Stürzung der Bundesregierung.

Eine Art Rollenverteilung und Struktur steht hier also im Raum.

Wie wird die Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens bestraft?

Die Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens gegen den Bund wird gem. § 83 StGB mit einer Freiheitsstrafe zwischen einem und 10 Jahren sanktioniert.

Was ist die Vorbereitung eines hochverräterisches Unternehmen?

Nicht nur Hochverrat an sich (also die tatsächliche Begehung von Hochverrat) ist mit Strafe bedroht, sondern auch bereits die Vorbereitung eines solchen.

Voraussetzung ist aber dann eine bereits hinreichende Konkretisierung dieses Plans. Vage Ideen zur Begehung von Hochverrat in unbestimmter Zukunft, sind entsprechend nicht erfasst.


Hochverrat gegen den Bund kann durch unterschiedliche Unternehmungen begangen werden.

Nämlich solche, die darauf gerichtet sind …

  • „den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen oder
  • die auf dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland beruhende verfassungsmäßige Ordnung zu ändern“ (§ 81 Abs.1 StGB)

Diese Unternehmungen müssen dann durch den Einsatz von Gewalt oder der Drohung mit dieser begangen werden.



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