Reichweite des Haftungsausschlusses bei Grundstückskaufvertrag

  • 2 Minuten Lesezeit

Wird in einem notariellen Grundstückskaufvertrag ein Haftungsausschluss für Sachmängel vereinbart, so bildet der gemäß § 311b Abs. 1 S.1 BGB notariell zu beurkundende Entwurf des Kaufvertrages eine Zäsur. Die Parteien können nicht davon ausgehen, dass im Vorfeld des Vertrages erteilte Informationen zum Inhalt der vertraglichen Verpflichtungen werden, wenn die geschuldete Beschaffenheit im Kaufvertrag selbst nicht erwähnt wird. Maßgeblich ist deshalb, was in der notariellen Urkunde vereinbart wird. Ein hierin enthaltener uneingeschränkter Haftungsausschluss umfasst daher auch die Eigenschaften, die der Käufer nach § 434 Abs. 1 S.2 und 3 BGB erwarten könnte und damit auch die nach öffentlichen Äußerungen des Verkäufers zu erwartenden Eigenschaften eines Grundstückes oder Gebäudes.


Im vorliegenden Fall hatten die Beklagten dem Kläger mit notariellem Kaufvertrag ein mit einem Wohnhaus bebautes Grundstück verkauft. Das Gebäude war im Jahr 1999/2000 unter Einbeziehung einer vor 1999 errichteten Rückwand einer ehemaligen Scheune in die Außenwand erbaut worden. Das Objekt wurde in einem Internetportal beworben und beschrieben als „massives Architektenhaus, 1999/2000 errichtet, bis 2005 ausgebaut.“ Der Kläger verlangte sodann wegen der integrierten Altbausubstanz Schadenersatz in Höhe von 18.000,00 EUR. Nach Auffassung des BGH, Urteil vom 22.04.2016 – V ZR 23/15 –, war bereits zweifelhaft, ob wegen des abweichenden Baujahrs von den Angaben in dem Internetportal überhaupt ein Sachmangel vorlag. Ob das Haus durch das ältere Bauteil derart geprägt wurde, dass es den Charakter verliert, in dem erwarteten Baujahr erstellt worden zu sein, war mangels entsprechender Feststellungen über den Grad der Altersabweichung sowie Art, Größe und Bedeutung des Bauteils nicht abschließend zu beurteilen. Auch genügt es für den subjektiven Tatbestand einer den Haftungsausschluss seinerseits ausschließenden Arglist nicht, wenn die Beklagten wussten, dass die in den Neubau integrierte Wand vor 1999 errichtet worden war und sie lediglich nicht die Schlussfolgerung einer hieraus resultierenden Offenbarungspflicht gegenüber dem Käufer gezogen hatten. Erforderlich ist vielmehr die Kenntnis der den Mangel begründenden Umstände zumindest in der Form des Eventualvorsatzes, d.h., wenn sie neben der Kenntnis der Einbeziehung des älteren Bauteils gewusst oder für möglich gehalten haben, dass dadurch ein durchschnittlicher Käufer die Angabe eines Baujahres von 1999/2000 für unzutreffend hält. Gleiches gilt für eine bauphysikalische Nachteiligkeit der Integration aufgrund der unterschiedlichen Materialien von Neubau und Altwand.


Weitere Informationen auch zu anderen Themen finden Sie unter „www.dr-s-v-berndt.de“


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwältin Dr. Sabine Veronika Berndt

Beiträge zum Thema